Stand der Technik im Betriebsanlagen-Genehmigungsverfahren
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Das Thema der Berücksichtigung des Standes der Technik im Betriebsanlagen-Genehmigungsverfahren erweist sich als vielschichtig. Insbesondere ist der Rechtsbegriff „Stand der Technik“ dynamisch zu verstehen, weil er technologischen Entwicklungen unterworfen ist. Darüber hinaus nimmt im Genehmigungsverfahren die Gewerbeordnung vielfach Bezug auf die schutzwürdigen Interessen nach § 74 Abs 2 GewO 1994 und beschränkt damit den anwendbaren Stand der Technik für das Verfahren.
Die allgemeine Vorschreibung des Standes der Technik – z.B. ganzer Normen oder Regelblätter - ist somit nicht im Sinne des Gewerbeverfahrens. Es ist vielmehr auf die im § 77 Abs 1 GewO 1994 vorgegebene Einschränkung hinsichtlich der Schutzgüter nach § 74 Abs 2 GewO 1994 (z.B. Leben und Gesundheit der Kunden) Rücksicht zu nehmen. Dabei ist auf den konkreten Einzelfall – also auf die tatsächlichen Gegebenheiten – abzustellen. Es ist somit die Vorschreibung des Standes der Technik nur in Bezug auf die in § 74 Abs 2 GewO 1994 geschützten Interessen möglich.[1] Ausnahmen von dieser Einschränkung bilden § 77 Abs 3 für die Luftreinhaltung und der Abs 4 für die Abfallwirtschaft, da hier die Einhaltung des Standes der Technik konkret gefordert wird. Diese Grundsätze sind auch bei Änderungen von genehmigten Betriebsanlagen zu beachten.
Konkret bedeutet dies daher, dass z.B. das Heranziehen von Teilen der OIB-Richtlinien als Stand der Technik im Betriebsanlagenverfahren nur zulässig ist, wenn man sich zuvor Gedanken über die stark divergierenden Schutzziele der NÖ Bauordnung bzw. der Gewerbeordnung gemacht hat. Beispielsweise kann angeführt werden, dass In den Erläuterungen zur OIB Richtline 3 eine Richtschnur für die Anzahl der Kundentoiletten enthalten ist. Die Anzahl der Kundentoiletten in einem Gastgewerbebetrieb stellt jedoch kein Schutzziel der Gewerbeordnung 1994 dar. Diese Vorgabe ist daher nur in einem etwaigen Bauverfahren zu berücksichtigen, nicht aber im Betriebsanlagenverfahren.
Die Gewerbeordnung 1994 stellt bei den Genehmigungskriterien des § 77 weiters auf die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen ab. Damit sind nicht alle denkbaren „Störfälle“ im Betriebsanlagenverfahren zu berücksichtigen, sondern jene welche auf Grund einer unzureichenden Technologie, regelmäßig und vorhersehbar sind.
Im Downloadbereich findet sich zu diesem Thema eine Präsentation von Herrn Hofrat Ing. Mag. Leopold Schalhas, Leiter der Abteilung Anlagenrecht, Amt der NÖ Landesregierung. Der Vortrag wurde im Rahmen einer Veranstaltung am 12.05.2023 in der Wirtschaftskammer Niederösterreich gehalten.
[1] Wendl, Zulässige und unzulässige Auflagen, in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage³ (2008), Rz 334.