Umsatzsteuerliche Regelungen im Umgang mit ausländischen Geschäftspartnern
Praxisinformationen für Unternehmen
Lesedauer: 6 Minuten
Beziehen inländische Unternehmer von ausländischen Unternehmern Waren oder Dienstleistungen und liegt der Ort der Lieferung oder sonstigen Leistung nach dem österreichischen Umsatzsteuergesetz im Inland, kommt das österreichische Umsatzsteuergesetz zur Anwendung. Ist der Leistungsort hingegen im Ausland, sind die jeweiligen ausländischen Rechtsvorschriften zu beachten.
Wer ist ein ausländischer Unternehmer?
Ausländischer Unternehmer ist, wer in Österreich weder Wohnsitz (Sitz), seinen gewöhnlichen Aufenthalt, noch eine Betriebsstätte hat, wobei unter einer Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung verstanden wird, die der Ausübung eines Betriebes dient. Insbesondere sind dies die Stätte an der sich die Geschäftsleitung befindet, Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen und Bauausführungen, deren Dauer sechs Monate übersteigt.
Ausländische Unternehmer sind in Österreich je nach Art der Lieferung, bzw. Leistung mit unterschiedlichen Besteuerungssystemen konfrontiert, wobei in einem ersten Schritt immer abzuklären ist, ob der Ort der Lieferung, bzw. Leistung in Österreich liegt und dadurch das österreichische Umsatzsteuergesetz zur Anwendung kommt. Im zweiten Schritt ist abzuklären, ob der Empfänger ein Unternehmer oder eine Privatperson ist.
Achtung: Die Kleinunternehmerregelung kann dzt. nur von Unternehmern in Anspruch genommen werden, die im Inland ihr Unternehmen betreiben! Ab 1.1.2025 soll die Kleinunternehmerregelung auch auf nicht in Österreich ansässige Unternehmer ausgeweitet werden.
1. Warenlieferung in Österreich
Wann liegt der Ort der Lieferung in Österreich?
Laut § 3 Abs (7) UStG liegt der Ort der Lieferung in Österreich, wenn sich die Ware zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht in Österreich befindet. Das ist bei körperlicher Übergabe der Ort, an dem der Gegenstand der Lieferung dem Abnehmer oder in dessen Auftrag einem Dritten übergeben wird.
a) Empfänger ist Unternehmer
Führt ein ausländisches Unternehmen in Österreich eine Lieferung aus und ist der Empfänger ein Unternehmer oder eine juristische Person öffentlichen Rechts, sollte das sogenannte Abzugsverfahren angewendet werden.
Auswirkungen des Abzugsverfahrens auf den ausländischen Lieferanten
Der ausländische Unternehmer muss über die Lieferung eine Rechnung mit österreichischer Umsatzsteuer legen, sofern nicht im Einzelfall eine Steuerbefreiung gilt. Dazu muss sich der ausländische Unternehmer beim Finanzamt Österreich Dienststelle Graz-Stadt für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen. (s. 3. Exkurs: Registrierung ausländischer Unternehmer in Österreich)
Auswirkungen des Abzugsverfahrens auf den österreichischen Empfänger
Der österreichische Empfänger muss die Umsatzsteuer einbehalten und im Namen und auf Rechnung des ausländischen Unternehmers auf dessen Steuerkonto beim Finanzamt Österreich Dienststelle Graz- Stadt einzahlen. Vorsteuerabzugsberechtigte Empfänger dürfen die an das Finanzamt Österreich überwiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen.
Achtung: Wird das Abzugsverfahren nicht beachtet, haftet der Empfänger für den hierdurch entstandenen Steuerausfall. Die Abfuhrverpflichtung gilt auch dann, wenn der ausländische Unternehmer unrichtigerweise für den Inlandsumsatz keine Umsatzsteuer verrechnet (Details auf der Infoseite zur Haftung für die Umsatzsteuer meines ausländischen Lieferanten).
Beispiel:
Ein italienischer Unternehmer IT verkauft an einen österreichischen Unternehmer Ö2 Waren und bezieht diese Ware seinerseits von einem österreichischen Lieferanten Ö1. Ö1 lässt die Waren direkt zu Ö2 bringen.
Lösung:
Wenn IT in Österreich weder Wohnsitz (Sitz), seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Betriebsstätte hat und eine im Inland steuerpflichtige Lieferung ausgeführt hat, muss sich IT beim Finanzamt Österreich Dienststelle Graz-Stadt für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen und die Rechnung an Ö2 mit österreichischer Umsatzsteuer ausstellen. Ö2 muss im Namen und für Rechnung von IT die Umsatzsteuer an das Finanzamt Österreich Dienststelle Graz-Stadt abführen. Ist die Rechnung ohne Umsatzsteuer ausgestellt, sollte bei IT die Korrektur der Rechnung verlangt werden, da ein etwaiger Vorsteuerabzug an eine ordnungsgemäße Rechnung geknüpft ist.
Wann kommt das Abzugsverfahren noch zur Anwendung?
Das Abzugsverfahren kommt auch beim Road Pricing, bei Reihengeschäften, wenn die ruhende Lieferung in Österreich liegt, beim Kauf auf Probe, oder beim Kauf von Ausstellungsstücken auf einer Messe zur Anwendung.
b) Empfänger ist eine Privatperson
Jede Warenlieferung eines ausländischen Unternehmens an Letztverbraucher in einem anderen Mitgliedsstaat der EU ist am Bestimmungsort steuerpflichtig. Daher sind auch alle Lieferungen von ausländischen Unternehmen an Letztverbraucher in Österreich mit österreichischer Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen (siehe Infoseite zum Versandhandel). Die in anderen Mitgliedsstaaten der EU zu entrichtende Umsatzsteuer auf Versandhandelsumsätze kann über den EU-One-Stop-Shop (EU-OSS) in nur einem Mitgliedsstaat erklärt und abgeführt werden. Für Kleinstunternehmer mit innergemeinschaftlichen Versandhandelsumsätzen in der Höhe von maximal 10.000 EUR gibt es eine Ausnahme.
2. Leistung in Österreich
Ort der Leistung
Informationen zur Bestimmung des Leistungsortes finden Sie auf unseren Infoseiten Dienstleistungen an ausländische Unternehmer - B2B-Leistungen und Dienstleistungen an ausländische Privatkunden - B2C-Leistungen.
a) Empfänger ist Unternehmer
Wenn der Empfänger einer Leistung, die in Österreich steuerbar ist, ein Unternehmer ist, kommt das sog. Reverse Charge System (RCS) zur Anwendung, was bedeutet, dass die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht.
Auswirkungen des RCS auf den leistenden Unternehmer
Der ausländische Unternehmer verrechnet keine Umsatzsteuer und bringt auf der Rechnung die UID-Nummer des Leistungsempfängers und einen Hinweis an, dass die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger geschuldet wird (zB "Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger gem. § 19 UStG – Reverse Charge“).
Auswirkungen des RCS auf den Leistungsempfänger
Der Leistungsempfänger muss die auf die Reverse Charge-Leistung entfallende Umsatzsteuer mit dem jeweils gültigen Steuersatz selbst berechnen und in der Umsatzsteuervoranmeldung eintragen (im Allgemeinen bei der Kennzahl 057). Bei Vorsteuerabzugsberechtigten ist die Vorsteuer bei der korrespondierenden Kz 066 einzutragen.
Die Rechnungsbeträge für die Reverse Charge-Leistungen müssen getrennt nach Steuersätzen aufgezeichnet werden (eigene Konten).
Achtung: Leistungsempfänger sollten unbedingt darauf achten, dass in der Rechnung keine Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Eine entgegen den gesetzlichen Bestimmungen ausgewiesene Umsatzsteuer darf nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Beispiel:
Das deutsche Unternehmen D repariert für einen österreichischen Kunden eine Maschine in Wien.
Variante a): Die Reparatur erfolgt für ein Handelsunternehmen.
Variante b): Die Reparatur erfolgt für eine Bank.
Lösung:
Sowohl bei der Variante a) als auch bei der Variante b) kommt das RCS zur Anwendung. D darf keine Umsatzsteuer verrechnen. Die Bank kann im Gegensatz zum Handelsunternehmen die übergegangene Steuerschuld nicht als Vorsteuer geltend machen. Sie hat daher die selbstberechnete Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Wann kommt das RCS noch zur Anwendung?
Das RCS findet außerdem beispielsweise bei der Lieferung von Gas, Elektrizität, Wärme, etc., der Lieferung bestimmter Metallwaren, Laptops, etc., im Sekundärrohstoffbereich, bei der Übertragung von Treibhausgasemissionszertifikaten und bei Bauleistungen Anwendung. Weitere Details dazu finden Sie auf unseren Infoseiten Reverse Charge – Umkehr der Steuerschuld, Reverse Charge im Sekundärrohstoffbereich und Übergang der Umsatzsteuerschuld bei Bauleistungen.
b) Empfänger ist eine Privatperson
Erbringt ein ausländischer Unternehmer in Österreich eine Dienstleistung an Letztverbraucher kommt die Regelbesteuerung zur Anwendung. Regelbesteuerung bedeutet für den ausländischen Unternehmer, dass er sich beim Finanzamt Österreich Dienststelle Graz–Stadt für Umsatzsteuerzwecke registrieren lassen muss und für die Bezahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt selbst verantwortlich ist (siehe auch Exkurs: Registrierung ausländischer Unternehmer in Österreich).
Handelt es sich um kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche oder unterhaltende Dienstleistungen, Personenbeförderungsleistungen oder den Verkauf von Apps oder anderen digitalen Produkten per Download, kann die österreichische Umsatzsteuer vom ausländischen Unternehmer über den in seinem Land registrierten EU-OSS erklärt und abgeliefert werden. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass das Unternehmen weder seinen Sitz, noch eine Betriebsstätte in Österreich hat
3. Exkurs: Registrierung ausländischer Unternehmer in Österreich
Zuständig für die Registrierung von ausländischen Unternehmern in Österreich ist das Finanzamt Österreich Dienststelle Graz-Stadt, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 14-18, 8010 Graz, T 050/233 333, F 050/233 5938001
Antrag auf Vergabe einer Steuernummer und einer UID-Nummer
Besteht Registrierungspflicht, hat der ausländische Unternehmer eine Steuernummer und gegebenenfalls eine Umsatzsteueridentifikationsnummer zu beantragen. Der Antrag für die Vergabe einer Steuernummer kann formlos gestellt werden. Dem Antrag sind beizulegen:
- Ausgefüllter Fragebogen (Verf 19): mit diesem wird gleichzeitig sowohl die Vergabe einer Steuernummer als auch einer UID Nummer beantragt
- Unterschriftenprobenblatt bei Kapitalgesellschaften im Original (Verf 26)
- Kopie des Handelsregisterauszuges und/oder Gesellschaftsvertrages bei Kapitalgesellschaften
- Nachweis der ausländischen Finanzverwaltung über die Erfassung als Unternehmer im Original (Formular U 70)
Fiskalvertreter
In jenen Fällen, in denen der Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet weder Wohnsitz, noch Sitz oder Betriebsstätte hat und auch kein entsprechendes Amtshilfeabkommen vorliegt, ist die Bestellung eines Fiskalvertreters im Sinne des § 27 Abs (7) UStG, der auch Zustellungsbevollmächtigter sein muss, erforderlich.
Melde- und Erklärungspflichten
Registrierungspflichtige Unternehmer müssen grundsätzlich bis zum 15. des zweit- folgenden Monates nach Ende des Voranmeldungszeitraumes (meist Kalendermonat) eine Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) elektronisch an das Finanzamt übermitteln und die Umsatzsteuer einzahlen. In bestimmten Fällen bestehen Ausnahmen von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung von UVAs bzw. von der Pflicht zur Abgabe überhaupt.
Darüber hinaus ist bis 30.4. des Folgejahres eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben, bei elektronischer Übermittlung bis 30.6.
Details zur UVA und zur Umsatzsteuerjahreserklärung, die auch für ausländische Unternehmer gelten, finden Sie auf unseren Infoseiten zur Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) und Umsatzsteuerjahreserklärung.
Achtung: Führt ein ausländischer Unternehmer in Österreich nur RC-Umsätze aus, besteht keine Registrierungspflicht.
Stand: 01.06.2024