Verkehrsunternehmensregister und Risikoeinstufungssystem

Wissenswertes im Überblick

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Im Jahr 2009 wurde auf EU-Ebene das sogenannte „Straßenverkehrspaket“ verabschiedet. Als Teil des Pakets musste jeder Mitgliedstaat ein elektronisches Register aller Kraftverkehrsunternehmen einrichten und ein System zur Risikoeinstufung etablieren.

Zur Erreichung beider Zwecke schuf Österreich das sogenannte Verkehrsunternehmensregister (VUR). Es ging im Februar 2014 in Betrieb und besteht aus zwei Datenbanken, nämlich der

  • Verkehrsunternehmensdatenbank (VUR-VDB) zur Erfassung von Verkehrsunternehmen und der
  • Kontrolldatenbank zur Administration des Risikoeinstufungssystems (VUR-KDB).

1. Verkehrsunternehmensdatenbank

Bei dieser Datenbank handelt es sich um ein elektronisches Register österreichischer Kraftverkehrsunternehmen. Vergleichbare Datenbanken gibt es in jedem EU-Mitgliedstaat, wobei diese schrittweise miteinander vernetzt werden.

Welche Unternehmen findet man in dieser Datenbank?

In der Verkehrsunternehmensdatenbank werden folgende Unternehmen gelistet:

  • konzessionierte Güterbeförderungsunternehmen mit Kfz über 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht (hzG)
  • im grenzüberschreitenden Verkehr tätige Güterbeförderungsunternehmen mit Kfz über 2,5 t bis inkl. 3,5 t hzG
  • konzessionierte Personenbeförderungsunternehmen (Kraftfahrlinien- und Gelegenheitsverkehr), die mit Omnibussen einschließlich des Fahrers mehr als neun Personen befördern

Hinweis: In der Verkehrsunternehmensdatenbank (Punkt 1.) sind Unternehmen nicht erfasst, die ausschließlich Fahrten im Werkverkehr tätigen! Im Gegensatz dazu gilt das Risikoeinstufungssystem (Punkt 2.) aber sehr wohl für Unternehmen mit Werkverkehr, sodass Einträge in der Kontrolldatenbank möglich sind.


Welche Daten werden eingetragen?

Das Register soll folgende Informationen zum jeweiligen Verkehrsunternehmen enthalten:

  1. Name und Rechtsform des Unternehmens
  2. Anschrift der Niederlassung
  3. Namen der Verkehrsleiter, die zur Erfüllung der Voraussetzungen hinsichtlich Zuverlässigkeit und fachlicher Eignung benannt wurden, oder gegebenenfalls Name eines rechtlichen Vertreters
  4. Art der Konzession, Anzahl der Kfz, für die die Konzession erteilt wurde, und gegebenenfalls laufende Nummer der Gemeinschaftslizenz und der beglaubigten Kopien
  5. Anzahl, Kategorie und Art bestimmter schwerwiegender Verstöße, die in den vorangehenden zwei Jahren zu einer rechtskräftigen Verurteilung oder einer Bestrafung geführt haben
    Hinweis
    : Es handelt sich hier um Verfehlungen, die die Zuverlässigkeit in Frage stellen. Eingetragen werden beispielsweise schwerwiegende Verstöße gegen Vorschriften über die Güter- bzw. Personenbeförderung (insbesondere Lenk- und Ruhezeiten, Gewichte und Abmessungen der Kfz sowie Sicherheit im Straßenverkehr und der Kfz, Kabotage und Entsendung).
  6. Namen der Personen, die für ungeeignet erklärt wurden, die Verkehrstätigkeiten eines Unternehmens zu leiten, solange die Zuverlässigkeit der betreffenden Person nicht wiederhergestellt ist
  7. amtliche Kennzeichen der Fahrzeuge
  8. Anzahl der am 31. Dezember des Vorjahres im Unternehmen beschäftigten Personen
  9. Risikoeinstufung des Unternehmens
  10. bei natürlichen Personen das Geburtsdatum
  11. Nummer, Ausstellungsdatum und Ausstellungsland der Bescheinigung der fachlichen Eignung des Verkehrsleiters
  12. soweit vorhanden, die Firmenbuchnummer des Verkehrsunternehmens 

Hinweis: Die unter a. bis d. angeführten Daten sind öffentlich zugänglich. Eine Abfrage ist im VUR – Verkehrsunternehmensregister möglich.

2. Kontrolldatenbank und Risikoeinstufungssystem

Die Kontrolldatenbank dient der Umsetzung des unionsrechtlich vorgeschriebenen Risikoeinstufungssystems. Unter Risikoeinstufung versteht man eine Kategorisierung von Verkehrsunternehmen auf Basis der dem jeweiligen Unternehmen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zuzurechnenden Verstöße.

Die behördliche Risikoeinstufung zielt darauf ab, Unternehmen mit hohem Risiko im Wege von Kontrollen auf dem Betriebsgelände durch die Arbeitsinspektion strenger und häufiger zu überprüfen. Zudem kann die Behörde die Risikoeinstufung auch zur Auswahl von Fahrzeugen für die Kontrolle technischer Mängel heranziehen. Das heißt Unternehmen mit hoher Risikoeinstufung müssen damit rechnen, dass Fahrzeuge auch öfter im Hinblick auf technische Mängel kontrolliert werden.

Hinweis: Das zuständige Ministerium hat klargestellt, dass die Risikoeinstufung eines Unternehmens in der Kontrolldatenbank ausschließlich für die Kontrolle und Überprüfung des Unternehmens heranzuziehen ist (wie erwähnt sind Unternehmen mit hoher Risikoeinstufung strenger und häufiger zu prüfen) und nicht auch für die Prüfung der Zuverlässigkeit des Unternehmers oder Verkehrsleiters in der Verkehrsunternehmensdatenbank.


Welche Unternehmen betrifft das Risikoeinstufungssystem und die Kontrolldatenbank?

Dem Risikoeinstufungssystem unterliegen alle Unternehmen, die für den Einsatz ihres Fahrzeuges ein digitales/analoges Kontrollgerät (Fahrtenschreiber, Tachograph) verwenden müssen. Betroffen sind daher grundsätzlich inländische Unternehmen, die leer oder beladen auf öffentlichen Straßen

  • Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger zur Güterbeförderung, deren hzG 3,5 t übersteigt, sowie
  • Fahrzeuge, die für die Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers bestimmt sind,

einsetzen. 

Hinweis: Ab 1. Juli 2026 müssen auch Fahrzeuge zur Güterbeförderung, deren hzG einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 2,5 t übersteigt, mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sein, wenn sie für grenzüberschreitende Transporte eingesetzt werden. Das heißt, ab 1. Juli 2026 sind diese Fahrzeuge laut BMK ebenfalls von Relevanz für das Risikoeinstufungssystem.

Hinweis: Bei Kontrolldatenbank und Risikoeinstufungssystem (Punkt 2.) besteht für den Werkverkehr keine Ausnahme! Das Risikoeinstufungssystem gilt gleichermaßen, denn Voraussetzung ist allein die Kontrollgerätpflicht.


Was wird eingetragen?

In der Kontrolldatenbank werden die bei Straßenkontrollen festgestellte Lenkerverstöße eingetragen. Die Eintragung erfolgt beim betreffenden Unternehmen durch die zuständige Behörde nach Rechtskraft des Verwaltungsstrafbescheides (z.B. nach Bezahlung der Geldstrafe oder Ablauf der Rechtsmittelfrist). Um die Zuordnung und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, sind in der Datenbank auch Angaben zum Lenker, der den Verstoß oder die Verstöße begangen hat, zu vermerken.

Weiters werden auch Betriebskontrollen durch die Arbeitsinspektion einbezogen. In diesem Fall sind vor Ort festgestellte Übertretungen der EU-Sozialvorschriften (Lenk- und Ruhezeiten, Fahrtenschreiber), die anschließend auf Basis des Arbeitszeitgesetzes (AZG) oder des Arbeitsruhegesetzes (ARG) rechtskräftig bestraft wurden, zu berücksichtigen (außer solchen, die aufgrund der Bestrafung des Lenkers bereits dem Unternehmen zugerechnet und berücksichtigt worden sind).

Eingetragen werden im Übrigen auch jene Kontrollen, im Zuge derer kein Verstoß festgestellt wurde. Sogenannte Positivkontrollen sind bei der Risikoeinstufung im Sinne einer Entlastung des Unternehmens zu berücksichtigen.

Wie funktioniert die Risikoeinstufung und welche Verstöße sind relevant?

Abhängig vom Schweregrad werden die jeweiligen Verstöße in folgende Kategorien gegliedert:

MSI

(Most Serious Infringement)

VSI

(Very Serious Infringement)

SI

(Serious Infringement)

MI

(Minor Infringement)

schwerster Verstoß sehr schwerwiegender Verstoß schwerwiegender Verstoß geringfügiger Verstoß

Bei technischen Mängeln oder Ladungssicherungsmängeln ergibt sich die Mängeleinstufung aus dem Gutachten bzw. Prüfbericht über die technische Unterwegskontrolle (geringer, erheblicher, gefährlicher Mangel).

Je nach Schwere der Verstöße werden diese mit Punkten gewichtet, wobei die Punktezahl für eine Einzelkontrolle anhand der folgenden Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Arten von Verstößen berechnet wird:

  • MI = 1 (z.B. Lenkzeit um 5 Minuten überzogen)
  • SI = 10 (z.B. Aufzeichnung ohne Symbole der Länder, in denen die tägliche Arbeitszeit begann und endete)
  • VSI = 30 (z.B. Fahrtenschreiber funktioniert nicht ordnungsgemäß)
  • MSI = 90 (z.B. Manipulation des Fahrtenschreibers)

Die Risikoeinstufung eines Unternehmens wird laufend und tagesaktuell automatisiert ermittelt.

Die Ermittlung erfolgt auf Basis der Anzahl und Schwere der in der Kontrolldatenbank eingetragenen rechtskräftigen Verstöße der letzten zwei Jahre unter Berücksichtigung der Anzahl der durchgeführten Kontrollen (einschließlich der Positivkontrollen, die jeweils mit 0 Punkten gewertet werden). Sowohl Kontrollen auf der Straße als auch Kontrollen am Unternehmensgelände fließen in die Berechnung mit ein. Zudem wird die Anzahl der bei einer Kontrolle überprüften Fahrzeuge berücksichtigt. Weiters wird die Endpunktezahl einer Einzelkontrolle mit dem Faktor 0,9 multipliziert, wenn bei einer Betriebskontrolle festgestellt wurde, dass die gesamte Flotte mit dem intelligenten Fahrtenschreiber ausgerüstet ist.

Am Ende wird ein Risikowert errechnet, welcher wiederum die Risikoeinstufung des Betriebes bildet. Der Wert veranschaulicht, ob es sich um ein Unternehmen mit geringem Risiko (grüne Einstufung, 0–100 Punkte), mittlerem Risiko (gelbe Einstufung, 101–200 Punkte) oder hohem Risiko (rote Einstufung, 201 oder mehr Punkte) handelt. Eine graue Einstufung bedeutet, dass das Unternehmen bislang nicht kontrolliert wurde. 

Hinweis: Seit 23. Juli 2023 gilt unionsweit die gleiche Formel zur Risikoeinstufung. Unterschiedliche nationale Berechnungsmethoden in den EU-Mitgliedstaaten gehören damit der Vergangenheit an. Eintragungen im bisherigen Risikoeinstufungssystem wurden nicht in das neue System übernommen, sodass mit der Anwendung der neuen einheitlichen Formel die Risikoeinstufung für sämtliche Unternehmen neu begann und daher alle Unternehmen mit einer Risikoeinstufung von Null starteten.


In der Kontrolldatenbank werden Verstöße auf Basis folgender Rechtsakte vermerkt:

  • Verordnung (EG) Nr. 561/206 (Lenk- und Ruhezeiten)
  • Verordnung (EU) Nr. 165/2014 (digitales/analoges Kontrollgerät (Fahrtenschreiber, Tachograph))
  • Richtlinie 2002/15/EG (Lenkerarbeitszeit)
  • Richtlinie 96/53/EG (Gewicht und Abmessungen)
  • Richtlinie 2014/45/EU (regelmäßige technische Überwachung − § 57a-Plakette – „Pickerl“)
  • Richtlinie 2014/47/EU (technische Unterwegskontrolle)
  • Richtlinie 92/6/EWG (Geschwindigkeitsbegrenzer)
  • Richtlinie 2003/59/EG (Grundqualifikation und Weiterbildung)
  • Richtlinie 2006/126/EG (Führerschein)
  • Richtlinie 2008/68/EG (Beförderung von Gefahrgut auf der Straße)
  • Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 (Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs)
  • Verordnung (EG) Nr. 1073/2009 (Zugang zum Personenkraftverkehrsmarkt)
  • Verordnung (EG) Nr. 1/2005 (Tiertransporte)
  • Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I − auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht)
  • Richtlinie (EU) 2020/1057 (Entsendung von Arbeitnehmern im Kraftverkehr)
  • Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR)

Wer kann die Daten einsehen und wie erhält man Auskunft über die Einstufung?

Ausschließlich die zuständigen Behörden und die Arbeitsinspektion haben Zugriff auf die Daten des Risikoeinstufungssystems; erstere zum Zweck der Dateneingabe und der Auswahl von Fahrzeugen zur technischen Unterwegskontrolle, zweitere zum Zweck der Steuerung der Kontrollhäufigkeit sowie Kontrolle der Einhaltung von AZG und ARG.

Unternehmen haben Anspruch auf Auskunft. Sie erhalten von der Behörde auf Anfrage Informationen zu ihrer Risikoeinstufung. Die Abfrage ist auch über das Unternehmensservice Portal (USP) möglich (siehe Erlass des Bundesministeriums). Ein Rechtsmittel/-behelf gegen die Einstufung ist nicht vorgesehen.

Hinweis: Laut Erlass des Bundesministeriums soll ab Herbst 2023 die automatische Verständigung des Unternehmens eingeführt werden. Das heißt, die Unternehmen sollen bei Änderung ihres Risikowertes per E-Mail (an die in den Kontaktdaten des USP genutzte Adresse) benachrichtigt werden.

Das Risikoeinstufungssystem soll EU-weit vernetzt und für ausländische Kontrollorgane in allen Mitgliedstaaten einsehbar sein.

Rechtsgrundlagen

  • Artikel 16 Verordnung (EG) Nr. 1071/2009, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2020/1055
  • Artikel 9 Richtlinie 2006/22/EG
  • Verordnung (EU) Nr. 2016/403 der Kommission, geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2022/694 der Kommission
  • Durchführungsverordnung (EU) 2022/695 der Kommission
  • § 24a Güterbeförderungsgesetz (GütbefG)
  • § 4a Kraftfahrliniengesetz (KflG)
  • § 18a Gelegenheitsverkehrs-Gesetz (GelverkG)
  • §§ 103c und 134 Absatz 1b Kraftfahrgesetz (KFG) 
  • § 60a Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung 1967 (KDV)

Achtung: Teilweise sind die nationalen Rechtsvorschriften (noch) nicht an die aktuelle EU-Rechtslage angepasst. 

Stand: 01.08.2024

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