Brexit: Auswirkungen auf Bahn-, Luft- und Straßenverkehr
Das neue Handels- und Kooperationsabkommen/Kapitel Verkehr
Lesedauer: 3 Minuten
Straßengüterverkehr
Das Abkommen gilt für die Beförderung von Gütern auf der Straße zu gewerblichen Zwecken zwischen, durch und in den Territorien der Vertragsparteien unbeschadet der Anwendung der CEMT-Regeln.
Güterverkehrsunternehmen, die in der EU niedergelassen sind, dürfen weiterhin gewerbliche Beförderungen in das vereinigte Königreich (VK) durchführen. Ebenso dürfen Unternehmen aus dem VK Gütertransporte in die EU durchführen. Auch der Transit durch das jeweils andere Gebiet ist zulässig. Unternehmen benötigen dafür eine Lizenz bzw. die Gemeinschaftslizenz. Ausnahmen von der Lizenzpflicht gibt es unter anderem für den Werkverkehr sowie Kleintransporteure (unter 3,5 Tonnen höchstzulässigem Gesamtgewicht bzw. ab 21.2.2022 unter 2,5 Tonnen). Die Fahrzeuge müssen mit einem Kontrollgerät ausgerüstet sein und den technischen und Sicherheitsvorschriften entsprechen. Fahrer benötigen eine Bescheinigung der fachlichen Eignung (in der EU C-95 bzw. D-95). Sie müssen sich an die Regelungen zu Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten sowie Pausen halten.
Kabotage ist in beschränktem Ausmaß erlaubt: Im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung dürfen Güterbeförderungsunternehmen auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei maximal zwei (Kabotage-) Beförderungen innerhalb von sieben Tagen durchführen. Dabei gilt die Einschränkung, dass VK-Güterbeförderungsunternehmen nur eine dieser Fahrten in einem Mitgliedstaat durchführen können (=Kabotage-Beförderung), die andere Fahrt hingegen darf nur von einem Mitgliedstaat zu einem anderen durchgeführt werden (=sogenannte „Cross-Trade-Operation“).
Straßenpersonenverkehr
Im Linienverkehr und im spezialisierten Linienverkehr (wie beispielweise bei Betriebsbussen oder Schüler- und Studententransporten) dürfen weiterhin Beförderungen von dem, nach dem sowie durch das Gebiet der anderen Vertragsparteien durchgeführt werden. Kabotage (Beförderungen innerhalb des Gebiets der anderen Vertragsparteien) ist jedoch nicht zulässig. Die Regelungen entsprechen inhaltlich dem Linienverkehrs-Protokoll zum Interbus-Abkommen, das 2021 in Kraft treten wird. Bereits jetzt gelten insbesondere Sozialbestimmungen, Steuer- und Zollbestimmungen, Anforderungen an die Personenverkehrsunternehmer und Technische Normen für Omnibusse des Interbus-Übereinkommens. Beförderungen im Gelegenheitsverkehr unterliegen ebenfalls den Regelungen des Interbus-Abkommens, dem das VK am 1. Januar 2021 beigetreten ist. Dieses legt fest, dass auch im Gelegenheitsverkehr Kabotage (Beförderungen innerhalb des Gebiets der anderen Vertragsparteien) nicht zulässig ist.
Weiters müssen die im jeweiligen Gebiet geltenden Straßenverkehrsregeln eingehalten werden.
Für die Durchführung von Linienverkehren und Sonderformen des Linienverkehrs ist eine Genehmigung erforderlich, die im Mitgliedstaat beantragt werden kann, in dem sich der Ausgangspunkt oder das Ziel befindet. Die Genehmigung sowie die Betreiberlizenz sind im Fahrzeug mitzuführen.
Luftfahrt
Im Abschnitt zum Luftverkehr finden sich ausführliche Definitionen für alle Begriffe von „Luftfahrtunternehmen“ bis „Nutzungsentgelte“. Die Vertragsparteien räumen sich gegenseitig grundsätzlich umfassende Verkehrsrechte ein, nämlich die erste bis vierte Freiheit der Luft. Damit werden Überflug, technische Zwischenlandungen sowie Bringen und Holen von Passagieren und Fracht im direkten Transport erlaubt. Außerdem wird den Mitgliedstaaten und dem Vereinigten Königreich die Möglichkeit eingeräumt, sich im Rahmen von bilateralen Abkommen gegenseitig für reine Frachtflüge die fünfte Freiheit zuzugestehen, d.h. aus Sicht des EU-Mitgliedstaates die Beförderung von Fracht zwischen dem VK und einem Drittland als Teil eines Dienstes mit Ausgangs- oder Zielort im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates. Dezidiert ausgeschlossen wird die Einräumung des Rechts auf Kabotage innerhalb des VK bzw. eines Mitgliedstaates oder des Unionsgebietes sowie der fünften Freiheit für die Beförderung von Passagieren. Die Verkehrsrechte der vier Freiheiten können im Rahmen von Blocked-Space- oder Code-Sharing-Vereinbarungen eingeräumt werden. Festgelegt werden außerdem Bedingungen für Betriebsgenehmigungen wie Ownership and Control sowie Verweigerung, Entzug, Aussetzung und Begrenzung dieser Genehmigungen.
In den folgenden Artikeln finden sich ähnlich wie in den üblichen horizontalen Luftverkehrsabkommen der EU umfassende Bestimmungen zu u.a. Nichtdiskriminierung, kommerziellem Betrieb (wie Bodenabfertigung und Leasing), Abgaben, Zoll, Flugsicherung und Konsumentenschutz. Explizit geregelt wird, dass alle früheren Abkommen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und dem VK durch dieses Kapitel ersetzt werden und dass nur ausdrücklich in diesem Kapitel festgehaltene Verkehrsrechte eingeräumt werden dürfen. Das Kapitel kann jederzeit von einer der beiden Parteien mittels Notifizierung auf diplomatischem Weg widerrufen werden – am ersten Tag des neunten Monats nach der Notifizierung würde es dann außer Kraft treten.
Im Abschnitt zur Luftfahrtsicherheit finden sich ebenfalls umfassende Definitionen und es wird festgehalten, in welchen neun Bereichen wie beispielsweise Lufttüchtigkeits- und anderen Zeugnissen die EU und das VK zusammenarbeiten können. Das genaue Ausmaß der Kooperation wird ebenso wie Bedingungen und Methoden für die gegenseitige Anerkennung und den Umsetzungsprozess in Anhängen zu den jeweiligen Bereichen geregelt. Außerdem finden sich in diesem Kapitel ausführliche Bestimmungen zu u.a. Schutz- und Zwangsmaßnahmen, Vertraulichkeit und Datenschutz. Dieses Kapitel ersetzt alle bilateralen Luftfahrtsicherheitsabkommen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten und dem VK; bezüglich seines Widerrufs gilt die gleiche Regelung wie weiter oben angeführt.
Stand: 19.03.2021