Liebhaberei im Steuerrecht
Tätigkeiten, die mittel- bis langfristig keinen Gewinn erwarten lassen
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Tätigkeiten, die mittel- bis langfristig keinen Gewinn erwarten lassen, fallen unter den Begriff „Liebhaberei“ und sind für die Einkommensteuer unbeachtlich. Das heißt Verluste, dürfen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. Wenn ausnahmsweise doch ein Gewinn erzielt wird, ist dieser nicht steuerpflichtig.
Auch umsatzsteuerlich sind diese Betätigungen der Privatsphäre zuzurechnen, d.h. die Einnahmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer und Vorsteuern sind nicht abzugsfähig.
Wenn ein Steuerpflichtiger nachhaltig Verluste erzielt, prüft das Finanzamt zunächst, ob überhaupt die Absicht und die Möglichkeit bestehen, mit dieser Tätigkeit einen Gesamtgewinn zu erzielen. Dabei wird grundsätzlich unterschieden zwischen:
- Tätigkeiten, die durch die objektiv nachvollziehbare Absicht veranlasst sind, einen Gesamtgewinn zu erzielen und bei denen von vornherein vermutet wird, dass eine Einkunftsquelle vorliegt, wie z.B.: Gewerbebetriebe
- Tätigkeiten, für welche die Vermutung gilt, dass es sich um Liebhaberei handelt.
- Sonderfall „große Vermietung“: Darunter fällt die Vermietung von mindestens drei Wohneinheiten, sofern kein Wohnungseigentum oder eine ähnliche rechtliche Stellung besteht. Wichtigstes Beispiel ist die Vermietung von Miethäusern.
Als Beurteilungseinheit wird der Betrieb oder Teilbetrieb, im Falle der Vermietung das Miethaus oder die einzelne Eigentumswohnung herangezogen.
1. Tätigkeiten mit Annahme einer Einkunftsquelle
Die Gewinnerzielungsabsicht wird nach folgenden objektiven Kriterien geprüft:
- Ausmaß und Entwicklung der Verluste
- Relation der Verluste zu den Gewinnen
- Ursachen der Verluste im Verhältnis zu Vergleichsbetrieben
- marktgerechtes Verhalten in Bezug auf die angebotenen Leistungen und die Preisgestaltung
- Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage (z.B. Marketingmaßnahmen)
Hinweis: Ob innerhalb eines absehbaren Zeitraums tatsächlich ein Gesamtgewinn erzielt wurde, ist dann unerheblich, wenn auftretende Verluste durch unvorhersehbare Ereignisse („Unwägbarkeiten“) verursacht wurden und die Kriterienprüfung eine Gewinnerzielungsabsicht ergibt.
Beispiel:
Der Gastronomiebetrieb von A liegt an einer Hauptverkehrsstraße. Durch den Bau einer Autobahn sinkt die Besucherfrequenz. Trotz einer längeren Verlustphase kann der Betrieb des A nicht als Liebhaberei beurteilt werden, wenn er sich marktgerecht verhält und z.B. versucht, andere Besuchergruppen anzusprechen.
Einstellung und Übertragung des Betriebes
Wird die Tätigkeit als wirtschaftliche Reaktion auf gewöhnliche Risken und unvorhergesehene Ereignisse („Unwägbarkeiten“) vorzeitig eingestellt, hat dies keine Auswirkungen auf die Beurteilung als Einkunftsquelle. Nur wenn private Motive ausschlaggebend sind, ist von Liebhaberei auszugehen. Die gleichen Regeln gelten für die Schenkung oder den Verkauf des Betriebes. Grundsätzlich erfolgt die Beurteilung für den Verkäufer und den Käufer gesondert.
Anlaufphase
Innerhalb eines Anlaufzeitraumes von drei Kalenderjahren, beginnend mit dem Jahr der Betriebseröffnung, liegt jedenfalls eine Einkunftsquelle vor (Ausnahme: es steht von vornherein fest, dass die Betätigung vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird).
Die Anlaufphase beginnt mit dem erstmaligen Entstehen von Aufwendungen. Sie verlängert sich um die Vorbereitungsphase bis zu einem Zeitraum von insgesamt max. 5 Kalenderjahren. Der Anlaufzeitraum läuft bei Übertragung des Betriebes weiter, wenn die Betätigung vom Erwerber in gleicher Form fortgesetzt wird.
Steuerliche Konsequenzen
Ertragsteuerlich liegt für jenes Kalenderjahr, in welchem die Betätigung erstmals als Liebhaberei zu beurteilen ist, frühestens mit Ablauf der Anlaufphase, eine Betriebsaufgabe vor, ohne dass sich eine Rückwirkung auf vergangene Zeiträume ergibt. Siehe dazu auch unsere Broschüre Betriebsverkauf und -aufgabe.
Hinweis: Umsatzsteuerlich gibt es bei Betätigungen mit Annahme einer Einkunftsquelle keine Liebhaberei.
2. Betätigungen mit Liebhabereivermutung
Darunter fallen:
- Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich besonders für eine Nutzung für private Zwecke eignen: z.B. Pferdezucht, Vermietung von Sportflugzeugen, Yachten
- Tätigkeiten aufgrund einer privaten Neigung: z.B. als Hobbymaler, Schriftsteller, Privatgeschäftsvermittlung
- Vermietung von Ein- und Zweifamilienhäusern, Eigentumswohnungen, Bungalows etc. („kleine Vermietung“)
Treten bei diesen Tätigkeiten Verluste auf, ist von Beginn an Liebhaberei anzunehmen und zwar sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Umsatzsteuer.
Eine Einkunftsquelle kann nur angenommen werden, wenn mittels Prognoserechnung nachgewiesen wird, dass in einem absehbaren Zeitraum ein Gesamtgewinn zu erwarten ist. Für betriebliche Tätigkeiten gibt es dafür keine starre Zeitvorgabe, der Zeitraum muss in vernünftiger Relation zum Mitteleinsatz stehen.
Nur bei der „kleinen Vermietung“ ist der Zeitraum mit 20 Jahren ab Beginn der Vermietung bzw. maximal 23 Jahre ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (stichtagsbezogen) vorgegeben. Im Rahmen des Konjunkturpakets 2024 („Wohnraum und Bauoffensive“) wurde dieser Zeitraum um 5 Jahre verlängert, d.h. wenn der absehbare Zeitraum nach dem 31.12 2023 beginnt, verlängert sich dieser bei der kleinen Vermietung auf 25 bzw. max. 28 Jahre.
Berechnung des Gesamtgewinnes bzw. des Gesamtüberschusses
Der Gesamtgewinn bzw. -überschuss errechnet sich aus der Summe der seit Beginn der Tätigkeit bereits erzielten und noch zu erwartenden steuerlichen Ergebnisse (plus Übergangsgewinn und Veräußerungsgewinn bei betrieblichen Tätigkeiten). Die steuerlichen Ergebnisse sind zu adaptieren, siehe dazu unter „3. Die große Vermietung“.
Beispiel:
A hat im Jänner 2016 eine Eigentumswohnung gekauft, die er nach Abschluss der Renovierungsarbeiten ab April 2016 vermietet. Da er den Kauf teilweise fremdfinanziert hat, fielen in den Jahren 2016-2018 Verluste an, die A steuermindernd geltend gemacht hat.
Im Jahr 2019 erkundigt sich das Finanzamt bei A, ob Liebhaberei vorliegt. Eine Einkunftsquelle wird nur dann anerkannt, wenn A eine Prognoserechnung vorlegt, welche für den Zeitraum Jänner 2016 bis maximal April 2036 einen Gesamtüberschuss ergibt.
Zu „Überschreiten der Prognosewerte“ siehe Punkt 3 - die große Vermietung.
Änderung der Bewirtschaftung
Darunter versteht man eine grundlegende Änderung des wirtschaftlichen Engagements, durch welche die Betätigung ertragsfähig wird. Diese spielt vor allem im Bereich der kleinen Vermietung eine große Rolle. Ein häufiges Beispiel ist die von den ursprünglichen Plänen abweichende außerordentliche Tilgung von Fremdkapital. Eine Änderung der Bewirtschaftung bewirkt die Beendigung der bisherigen Tätigkeit, ab diesem Zeitpunkt ist neuerlich zu beurteilen, ob Liebhaberei vorliegt.
Beispiel:
A vermietet ab Jänner 2015 eine Eigentumswohnung, die er 2015 gekauft und zur Gänze fremdfinanziert hat. Aufgrund einer Prognoserechnung ergibt sich, dass bis zum Jahr 2034 kein Gesamtüberschuss erzielt werden kann. Die Vermietung ist daher Liebhaberei.
Im Jänner 2020 erbt A Barmittel, welche er zur Abdeckung des Kredites verwendet. Mit dem Jahr 2020 beginnt ein neuer Prognosezeitraum. Kann für den Zeitraum bis zum Jahr 2039 ein Gesamtüberschuss prognostiziert werden, liegt ab 2020eine steuerpflichtige Einkunftsquelle vor. An der Beurteilung der Jahre 2015-2019 ändert sich nichts.
Die Einstellung der Vermietung und die Übertragung des vermieteten Objektes haben auf eine frühere Beurteilung keine Auswirkung, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist. Es ist nicht erforderlich, dass es sich beim Auslöser für die Einstellung oder Übertragung um ein unvorhergesehenes Ereignis gehandelt hat.
3. Die „große“ Vermietung
Hier wird geprüft, ob innerhalb eines Zeitraumes von 25 Jahren ab Beginn der Vermietung, maximal innerhalb von 28 Jahren (stichtagsbezogen) ab dem ersten Anfallen von Aufwendungen, ein Gesamtüberschuss zu erwarten ist. Im Rahmen des Konjunkturpakets 2024 („Wohnraum und Bauoffensive“) wurde dieser Zeitraum um 5 Jahre verlängert, d.h. wenn der absehbare Zeitraum nach dem 31.12. 2023 beginnt, verlängert sich dieser bei der großen Vermietung auf 30 bzw. max. 33 Jahre. Nur wenn dies zutrifft, liegt keine Liebhaberei vor.
Hinweis: Für die Berechnung des Gesamtüberschusses sind gesetzlich beschränkte Mietzinse durch marktübliche und steuerliche Sonderabschreibungen durch „normale“ Abschreibungen zu ersetzen.
Ergibt die Prognoserechnung keinen Gesamtüberschuss, ist ertragsteuerlich von Beginn an Liebhaberei anzunehmen. Umsatzsteuerlich gibt es bei der großen Vermietung keine Liebhaberei.
Werden die Prognosewerte unterschritten, weil unvorhersehbare Ereignisse eingetreten sind, auf die der Vermieter marktkonform reagiert, liegt keine Liebhaberei vor. Wird ein Gesamtüberschuss durch freiwillige Maßnahmen verhindert (z.B. durch nicht notwendige Instandsetzungsmaßnahmen), ist die Betätigung von Beginn an Liebhaberei.
Die vorzeitige Beendigung der Vermietung hat keine Auswirkungen auf die steuerliche Beurteilung, soweit sie durch gewöhnliche Risiken und unvorhersehbare Ereignisse verursacht wurde, wie z.B. den Verkauf des Gebäudes aufgrund überraschender Verschlechterung der finanziellen Situation des Vermieters. Erfolgt die Beendigung durch freiwilliges, vom Plan abweichendes Verhalten, spricht dies jedoch für Liebhaberei.
4. Verfahrensrechtliche Aspekte bei der Liebhaberei
Da für die Liebhabereibeurteilung ein längerer Zeitraum heranzuziehen ist, stellt sich für die Abgabenbehörde das Problem, rechtskräftige Steuerbescheide korrigieren zu müssen.
Im Rahmen der Wiederaufnahme des Verfahrens dürfen neue Bescheide nur erlassen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht wurden und die einen anderen Inhalt des Bescheides herbeigeführt hätten.
Hinweis: Die gegenüber dem ursprünglichen Bescheid geänderte rechtliche Beurteilung als Liebhaberei ist für sich kein Wiederaufnahmegrund.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist nur innerhalb der Verjährungsfrist zulässig. Diese beträgt für die Einkommen- und Umsatzsteuer 5 Jahre und für hinterzogene Abgaben 10 Jahre.
Um diese Probleme zu vermeiden, werden häufig vorläufige Bescheide erlassen. Dies ist bei der „großen“ Vermietung, sowie bei Betätigungen mit Liebhabereivermutung zulässig, wenn z.B. Ungewissheit darüber besteht, ob Liebhaberei vorliegt, weil künftige Entwicklungen noch nicht bekannt sind. Ist die Ungewissheit beseitigt, kann der vorläufige Bescheid in jede Richtung abgeändert oder in der ursprünglichen Form als endgültig erklärt werden.
Beispiel:
A macht ab 2011 Verluste aus der Vermietung einer Eigentumswohnung in seinen Einkommensteuererklärungen geltend. Das Finanzamt hat erklärungsgemäß endgültig im jeweiligen Folgejahr veranlagt und nie nach einer Prognoserechnung gefragt.
Im Jahr 2020 stellt die Betriebsprüfung fest, dass die Vermietung der Eigentumswohnung Liebhaberei darstellt. Die Jahre 2011 - 2012 sind bereits verjährt, der Verlust kann nicht mehr storniert werden. Wäre die Veranlagung vorläufig erfolgt, wäre die Verjährung für sämtliche Jahre noch nicht eingetreten.
Rückwirkendes Ereignis
Seit Dezember 2003 besteht die Möglichkeit, rechtskräftige Bescheide abzuändern, wenn ein Ereignis Auswirkungen auf den Steueranspruch vergangener Jahre hat. Ein Beispiel wäre die Schenkung einer vermieteten Eigentumswohnung an einen nahen Angehörigen vor Ablauf des Beobachtungszeitraums, wodurch die Vermietung von Beginn an zur Liebhaberei werden kann.
Achtung: Die Verjährung beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eingetreten ist.
Stand: 01.03.2024