Doppelbesteuerungsabkommen mit der Republik Litauen - Überblick
Die wichtigsten Bestimmungen
Lesedauer: 6 Minuten
Nachstehende Ausführungen geben einen kurzen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens, das am 9. Dezember 2005 im BGBl. III Nr. 209/2005 veröffentlicht wurde, am 17. November 2005 in Kraft tritt, und ab 1.1. 2006 anwendbar ist.
Persönlicher Anwendungsbereich (Art 1, 3 und 4)
Das Abkommen gilt für Personen – natürliche Personen, Gesellschaften (juristische Personen) und alle anderen Personenvereinigungen, die in einem oder in beiden Vertragsstaaten ansässig sind.
Der Begriff „Ansässigkeit“ bedeutet in Bezug auf natürliche Personen, dass für die Steuerpflicht ausschlaggebend ist, wo die Person ihren Wohnsitz, ihren ständigen Aufenthalt, den Ort ihrer Geschäftsleitung oder ein ähnliches Merkmal hat.
Falls eine Person in beiden Vertragsstaaten ihren Wohnsitz hat, dann ist die natürliche Person dort ansässig, wo sie ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen hat. Kann der Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht bestimmt werden, so gilt die Person dort als ansässig, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Liegt der gewöhnliche Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so ist die Staatsangehörigkeit ausschlaggebend. Ist die Person Staatsangehöriger keiner oder beider Staaten, muss die Ansässigkeit im Rahmen eines Verständigungsverfahrens geklärt werden.
Die Ansässigkeit einer anderen als der natürlichen Person (juristische Person, Personengesellschaft) ist, falls sie in beiden Staaten liegt, durch gegenseitiges Einvernehmen der zuständigen Behörden zu bestimmen, um zu klären, wie das Abkommen auf jene Person anzuwenden ist.
Hinweis: Ansässigkeit liegt in einem Vertragsstaat nicht vor, wenn die Person in dem betreffenden Staat nur mit Einkünften aus Quellen dieses Staates oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.
Unter das Abkommen fallende Steuern (Art 2)
Das Abkommen gilt für Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, einschließlich der Steuern vom Gewinn aus der Veräußerung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen, sowie der Steuern vom Vermögenszuwachs.
In Österreich betrifft das zurzeit insbesondere die Einkommen- und die Körperschaftsteuer.
Achtung: Das Abkommen gilt auch für Steuern, die erst nach der Unterzeichnung des Abkommens eingeführt wurden, wenn sie gleicher oder ähnlicher Natur sind.
Verteilung der wichtigsten Besteuerungsrechte
Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (Art 6)
Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in dem Staat besteuert, in dem das Vermögen liegt (Belegenheitsstaat).
Der Ausdruck „unbewegliches Vermögen“ umfasst das Zubehör, lebendes und totes Inventar von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Rechte und Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen, sowie Rechte auf veränderliche oder feste Vergütungen für die Ausbeutung oder das Recht auf Ausbeutung von Mineralvorkommen, Quellen und anderen Bodenschätzen.
Unter diese Zuteilungsregel fällt Privatvermögen, Vermögen, das zu einem Unternehmen gehört, und auch jenes unbewegliche Vermögen, das der Ausübung einer selbständigen Arbeit dient. Betroffen ist die unmittelbare Nutzung, die Vermietung oder Verpachtung und jede andere Art der Nutzung.
Sind mit dem Eigentum an Aktien oder sonstigen Gesellschaftsanteilen Nutzungsrechte an unbeweglichem Vermögen verbunden, das der Gesellschaft gehört, so dürfen die Einkünfte aus der Verwertung eines solchen Rechtes in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem das unbewegliche Vermögen liegt.
Unternehmensgewinne (Art 7)
Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates sind im Sitzstaat des Unternehmens zu besteuern.
Beachte: Falls im anderen Vertragsstaat eine Betriebstätte existiert, werden die Gewinne, die der Betriebstätte zuzurechnen sind, dort besteuert, wo die Betriebstätte liegt.
Die Betriebstätte ist eine feste Geschäftseinrichtung, durch die die Tätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Dazu zählen insbesonders der Ort der Leitung, die Zweigniederlassung, die Geschäftsstelle, eine Fabrikationsstätte, eine Werkstätte, ein Bergwerk, ein Öl- oder Gasvorkommen, ein Steinbruch oder eine andere Stätte der Ausbeutung von Bodenschätzen.
Eine Bauausführung oder Montage oder eine damit in Zusammenhang stehende Überwachungstätigkeit gilt, entsprechend diesem Abkommen, dann als Betriebstätte, wenn ihre Dauer neun Monate überschreitet.
Feste Einrichtungen, die bloße Hilfsfunktionen haben, gelten nicht als Betriebsstätte (z.B. bloße Schauräume, Auslieferungslager).
Zu detaillierten Erläuterungen des wichtigen Begriffes der Betriebstätte siehe Infoseite zur Betriebsstätte im Internationalen Steuerrecht.
Dividenden (Art.10)
Dividenden werden in jenem Staat besteuert, in dem die empfangende Person ansässig ist. Zusätzlich dürfen die Dividenden aber auch im Quellenstaat unter folgenden Bedingungen besteuert werden:
- mit 5% des Bruttobetrags der Dividenden, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (keine Personengesellschaft) ist, die eine unmittelbare Beteiligung von 25% hält (Schachteldividende)
- mit 15% des Bruttobetrags der Dividende in allen anderen Fällen (Portfoliodividende)
Da Litauen inzwischen EU-Mitglied ist (seit 1.5.2004), ist im bilateralen Verhältnis die Mutter-Tochter-Richtlinie anwendbar, die Schachteldividenden mit einem Beteiligungsverhältnis von mindestens 10% von der Besteuerung ausnimmt.
Zu den allgemeinen Erläuterungen bezüglich Dividenden siehe Infoseite Quellensteuern im internationalen Steuerrecht.
Zinsen (Art 11)
Zinsen werden grundsätzlich in dem Staat besteuert, in dem die empfangende Person ansässig ist.
Eine Besteuerung an der Quelle ist in diesem Abkommen mit 10 % vom Bruttobetrag der Zinsen vorgesehen, soweit Nutzungsberechtigter der Zinsen eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person ist.
Eine Befreiung von der Quellensteuer ist vorgesehen, wenn:
- Empfänger und Nutzungsberechtigter die Regierung eines der beiden Vertragsstaaten, seine Gebietskörperschaften, die Zentralbank oder eine Finanzinstitution, die zur Gänze im Eigentum des Staates steht, ist;
- Zinsen aus Darlehen bezogen werden, für die diese Regierung bürgt;
- Der Empfänger und Nutzungsberechtigte ein im anderen Staat ansässiges Unternehmen ist, das Zinsen für ein Darlehen bezieht, das an ein im Quellenstaat ansässiges Unternehmen für folgende Transaktionen gewährt wurde:
- für den Verkauf von Waren;
- für den Verkauf von gewerblichen, kaufmännischen oder wissenschaftlichen Ausrüstungen auf Kredit;
- Ausnahme: die Gewährung des Darlehens bzw. die Verkäufe erfolgen zwischen verbundenen Unternehmen
Zu den allgemeinen Erläuterungen bezüglich Zinsen siehe Infoseite Quellensteuern im internationalen Steuerrecht.
Lizenzgebühren (Art 12)
Lizenzgebühren dürfen grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat des Lizenzgebührenempfängers besteuert werden.
Soweit der Nutzungsberechtigte eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, dürfen die Lizenzgebühren auch im Quellenstaat nachfolgenden Regeln besteuert werden:
- mit 5% vom Bruttobetrag, wenn die Lizenzgebühren für die Benutzung gewerblicher,kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen gezahlt werden;
- mit 10% vom Bruttobetrag in allen anderen Fällen;
Unter den Begriff „Lizenzgebühren“ im Sinne dieses Abkommens fallen auch Zahlungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen, bzw. für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen.
Zu den allgemeinen Erläuterungen bezüglich Lizenzgebühren siehe Infoseite Quellensteuern im internationalen Steuerrecht.
Gewinne aus der Veräußerung von Vermögen (Art 13)
Das Besteuerungsrecht wird bei Veräußerung von Vermögen wie folgt zugeteilt:
- Unbewegliches Vermögen dem Lagestaat;
- Bewegliches Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebstätte ist, dem Betriebstättenstaat;
- Seeschiffe oder Luftfahrzeuge, die im internationalen Verkehr betrieben werden, und bewegliches Vermögen, das deren Betrieb dient, dem Vertragsstaat, in dem sich die ordentliche Geschäftsleitung des Unternehmens befindet;
- Sonstiges Vermögen im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers;
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art 14)
Eine Person, die Einkünfte aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit bezieht, wird dort besteuert, wo sie ansässig ist. Falls eine feste Einrichtung zur Ausübung der Tätigkeit zur Verfügung steht, dann dürfen die Einkünfte, die dieser zurechenbar sind, in dem Staat besteuert werden, wo die feste Einrichtung liegt.
Falls sich die Person in dem anderen Staat länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, aufhält, wird unterstellt, dass eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Das Besteuerungsrecht hat in dem Fall der andere Staat.
Einkünfte aus unselbständiger Arbeit (Art 15)
Das Besteuerungsrecht an den Einkünften aus unselbständiger Arbeit wird grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen, es sei denn die Tätigkeit wird im anderen Staat (Tätigkeitsstaat) ausgeübt. In diesem Fall wird das Besteuerungsrecht dem Tätigkeitsstaat zugewiesen.
Dem Ansässigkeitsstaat bleibt in Fällen vorübergehender Auslandstätigkeit das alleinige Besteuerungsrecht wenn:
- der Arbeitnehmer sich nicht länger als 183 Tage innerhalb von 12 Monaten, beginnend oder endend in einem Steuerjahr, aufhält und die
- Vergütungen von oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist und die
- Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat, getragen werden;
Achtung: Bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung gilt die 183-Tage-Regelung nicht. Weitergehende Informationen dazu finden Sie auf der Infoseite Steuerliche Besonderheiten bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung.
Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Art 24)
Dieses Abkommen sieht zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus österreichischer Sicht in folgenden Fällen die Anrechnungsmethode vor: für die Quellensteuer bei Dividenden (Art 10), Zinsen (Art 11), und Lizenzgebühren (Art 12).
Das Abkommen sieht weiters eine Regelung vor, die bestimmt, dass Österreich Einkünfte, die entsprechend den Bestimmungen dieses Abkommens in Litauen zu besteuern sind, aber nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens in Litauen nicht besteuert werden, in Österreich zur Besteuerung herangezogen werden dürfen.
Schachteldividenden (Beteiligung von mindestens 10%) werden in Österreich von der Besteuerung ausgenommen.
Bei allen anderen Einkünften wird die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt angewandt.
Zu den allgemeinen Erläuterungen betreffend Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung siehe z.B. unsere Infoseite Konsequenzen grenzüberschreitender unternehmerischer Tätigkeit.
Stand: 01.01.2025