FAQs zu Vorschriften zum Umgang mit Giften
Häufige Fragen zu den Regelungen mit Stoffen und Gemischen
Lesedauer: 19 Minuten
Das Chemikalienrecht enthält strenge Regelungen für den Umgang mit Stoffen und Gemischen, die eine hohe akute Toxizität oder eine spezifische Zielorgantoxizität bei einmaliger Exposition besitzen. Welche Einstufungen das genau betrifft, klärt die Frage: Woran erkennt man Gifte?. Die betroffenen Stoffe und Gemische werden im Chemikaliengesetz und auf dieser Seite als Gifte bezeichnet.
Die Seite fasst die wichtigsten Vorschriften für den Umgang mit Giften zusammen. Der Schwerpunkt liegt auf den Bestimmungen für Unternehmen bzw. berufliche Verwender.
Das Symbol ⇒ zeigt jeweils an, wo Sie die Regelungen im Originaltext nachlesen können. Links zu den Vorschriften finden Sie am Ende der Seite.
Allgemeine Fragen zu Giften
Stoffe oder Gemische mit folgenden Einstufungen bzw. Kennzeichnungen nach der CLP-Verordnung sind Gifte gemäß § 35 ChemG 1996:
Gefahrensymbol | GHS06 | GHS06 | GHS08 |
---|---|---|---|
Klassifizierung | akut toxisch Kategorie 1 oder 2 | akut toxisch Kategorie 3 | spezifische Zielorgantoxizität (einmalige Exposition) Kategorie 1 |
Gefahrenhinweise (Kürzel) | H300, H310, H330 | H301, H311, H331 | H370 |
Gefahrenhinweise (Volltext) | Lebensgefahr bei Verschlucken. Lebensgefahr bei Hautkontakt. Lebensgefahr bei Einatmen. | Giftig bei Verschlucken. Giftig bei Hautkontakt. Giftig bei Einatmen. | Schädigt die Organe.
|
* Die Gefahrenpiktogramme nach dem Chemikalienrecht sind weltweit gleich und können über die Homepage der UNECE heruntergeladen werden.
Hinweis:
Das Symbol „Gesundheitsgefahr“ (GHS08) ist nach der CLP-Verordnung nicht nur für spezifische Zielorgantoxizität Kat. 1 zu verwenden, sondern auch für andere gefährliche Eigenschaften. Die speziellen Vorschriften für Gifte sind nur anzuwenden, wenn die Kennzeichnung das Symbol GHS08 zusammen mit dem Gefahrenhinweis H370 enthält!
Die giftrechtlichen Bestimmungen des ChemG 1996 gelten auch für Biozidprodukte.
Sie gelten jedoch z.B. nicht für:
- Arzneimittel
- Kosmetische Mittel
- Medizinprodukte
- Pflanzenschutzmittel
- Heizöle
- Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren (z.B. Benzin, Diesel)
Giftige Kraftstoffe zum Betrieb von Modellflugzeugen, Modellautos etc. (z.B. Methanol) sind von den Regelungen über die Abgabe und den Erwerb von Giften (§§ 41 bis 45 ChemG 1996) ausgenommen. Eigenberechtigte, volljährige Personen sind jedenfalls zum Bezug dieser Kraftstoffe berechtigt. Bei minderjährigen Personen muss der Erziehungsberechtigte in einer schriftlichen Bestätigung dem Bezug der Gifte zustimmen.
⇒ ChemG 1996 § 5 Abs. 3 bis 5
Für gefährliche Gemische, die in einem EU Mitgliedstaat erstmals in Verkehr gebracht werden, sind der dort zuständigen Stelle bestimmte Informationen zu melden. Das ist die s.g. PCN-Meldung, wobei PCN für Pioson Centre Notification steht. Dabei handelt es sich um solche Informationen, die im Vergiftungsfall bei der Notbeauskunftung helfen sollen. In Österreich wurde insbesondere die Vergiftungsinformationszentrale (VIZ) als solche Stelle benannt.
Für die Übermittlung der Daten wurde ein EU-einheitliches Portal und das s.g. PCN-Format geschaffen. Parallel dazu müssen Gemische mit dem eindeutigen Rezepturidentifikator (UFI) gekennzeichnet werden. Da diese Meldung relativ neu ist, gelten bis 1.1.2025 noch Übergangsfristen. Details zur PCN-Meldung (PDF).
⇒ ChemG 1996 § 54, CLP-VO Art. 45 und CLP-VO Anhang VIII
Abgabe von Giften
- Gewerbetreibende mit entsprechender Gewerbeberechtigung (Arzneimittelherstellung und -großhandel, Giftherstellung und -großhandel, Drogisten)
- Apotheken
⇒ ChemG 1996 § 41 Abs. 2
Nur an Erwerbsberechtigte oder an von diesen ermächtigte Personen. Der Abgeber muss sich vergewissern, dass der Erwerber zum Giftbezug berechtigt ist. Grundsätzlich muss der Erwerber seine Berechtigung nachweisen. Im Zweifel kann sich der Abgeber, z.B. durch Anfrage bei Bezirkshauptmannschaft/Magistrat, über das Vorliegen einer Berechtigung informieren.
⇒ ChemG 1996 § 45 Abs. 1; Giftverordnung 2000 § 8 Abs. 1
An die breite Öffentlichkeit ist die Abgabe von Giften verboten
- im Versandhandel
- durch sonstige direkte Vertriebsmethoden
- durch Automaten
- durch andere Formen der Selbstbedienung
⇒ ChemG 1996 § 45 Abs. 3
Gifte dürfen nur vom Abgabeberechtigten selbst oder von beauftragten Spediteuren bzw. befugten Beförderungsunternehmen zugestellt werden. Der Abgabeberechtigte muss den Spediteur/das Beförderungsunternehmen vor der Zustellung darauf hinweisen, dass das Gift nur dem Erwerbsberechtigten oder einer zum Empfang ermächtigten Person übergeben werden darf.
Der Abgabeberechtigte muss sich vergewissern, dass der Erwerber zum Erwerb der bestellten Gifte berechtigt ist. Im Zweifelsfall kann er Auskunft darüber bei einem Register der Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft, Magistrat) einholen.
⇒ ChemG 1996 § 45 Abs. 1; Giftverordnung 2000 § 8 Abs. 3 und § 10 Abs. 2
Der Erwerber kann bestimmte Personen zum Empfang von Giften ermächtigen (am besten schriftlich). Er darf nur solche Personen ermächtigen, bei denen kein Missbrauch und keine fahrlässige Verwendung zu befürchten ist.
⇒ ChemG 1996 § 46 Abs. 1
Der Empfang von Giften ist vom Erwerber oder einer von ihm zur Übernahme der Gifte ermächtigten Person schriftlich zu bestätigen.
Beim Bezug von Giften aufgrund eines Giftbezugsscheins ist dieser im Original vorzulegen. Der Abgeber muss darin die abgegebene Menge und das Abgabedatum eintragen und den Firmenstempel und seine Unterschrift beifügen.
⇒ Giftverordnung 2000 § 8
Wer Gifte in Verkehr bringt, muss laufende Aufzeichnungen über Menge, Herkunft und Verbleib jedes Gifts führen. Daraus müssen ersichtlich sein:
- die lagernde Menge jedes Gifts
- die Menge jedes hergestellten, erworbenen und abgegebenen Gifts,
sowie für jede Abgabe eines Gifts:
- die Bezeichnung des Gifts
- die abgegebene Menge
- Name und Adresse des Erwerbers
- Berechtigung des Erwerbers
- Datum der Abgabe
Am Ende eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres sind für jedes Gift die gesamten im abgelaufenen Jahr hergestellten, erworbenen und abgegebenen Mengen und der Lagerstand zum Stichtag auszuwerten. Ein eventueller Schwund, der sich auch bei ordentlicher Betriebsführung ergeben kann, sowie eventuell im eigenen Betrieb für Laboratoriumszwecke verwendete Mengen sind gesondert auszuweisen.
Die Aufzeichnungen müssen nach der letzten Eintragung mindestens 7 Jahre aufbewahrt werden.
⇒ ChemG 1996 § 43; Giftverordnung 2000 § 9 Abs. 1, 2 und 4
Bezug von Giften
- Gewerbetreibende oder Apotheken mit Berechtigung zur Abgabe von Giften (siehe Abgabe von Giften)
- Verwender, die Gifte für ihre Gewerbeausübung, für land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit oder andere berufsmäßige selbständige Tätigkeit benötigen, unter Vorlage einer Giftbezugsbescheinigung (Details dazu nachfolgend)
- chemische Laboratorien (§ 103 GewO 1994)
- Schädlingsbekämpfer (§ 128 GewO 1994)
- Universitäten, pädagogische Hochschulen, Fachhochschulen, wissenschaftliche Anstalten, Laboratorien oder Zweckverbände von Gebietskörperschaften, Schulen, Dienststellen des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport (Bestätigung des Rektorats bzw. der Aufsichtsbehörde über die Notwendigkeit des Giftbezugs ist vorzulegen)
- Ärzte, Tierärzte oder Dentisten (Erklärung über den Bedarf des Gifts zur Ausübung der Heilkunde ist vorzulegen)
- Inhaber eines Giftbezugsscheins oder einer Giftbezugsbewilligung
⇒ ChemG 1996 § 41 Abs. 2 bis 4
Gewerbliche, land- und forstwirtschaftliche sowie sonstige selbständige berufsmäßige Verwender können eine Bescheinigung zum Giftbezug erhalten. Die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde stellt die Bescheinigung auf Grund einer Meldung des Verwenders aus.
Voraussetzung dafür ist neben der Notwendigkeit des Giftbezugs für die jeweilige Tätigkeit auch die Beschäftigung einer oder mehrerer Personen, die fachliche Qualifikationen für den sicheren Umgang mit Giften und Kenntnisse von Maßnahmen zur Ersten Hilfe besitzen.
Die Meldung muss folgende Angaben enthalten:
- die Geschäftssparte (Branche) bzw. die Bezeichnung der ausgeübten berufsmäßigen Tätigkeit,
- den Verwendungszweck des Giftes; falls Gifte ausschließlich für Analysezwecke verwendet werden, ist dies ausdrücklich anzuführen,
- die Bezeichnung des Giftes: bei Stoffen chemische Bezeichnung; bei Gemischen Produktart, technische Funktion sowie giftige Bestandteile. Wenn die benötigten Gifte ausschließlich für Analysezwecke verwendet werden, ist eine Sammelbezeichnung (z.B. Analysestandards) möglich.
- Namen und Funktionsbezeichnung einer im Betriebsbereich, in dem Gifte eingesetzt werden, dauernd beschäftigten Person. Sie muss grundsätzlich folgende Anforderungen erfüllen:
- fachlich entsprechende Berufsausbildung oder Sachkenntnisse bezüglich des Umgangs mit dem verwendeten Gift
- Kenntnisse von Maßnahmen der Ersten Hilfe.
Die fachliche Qualifikation zum sicheren Umgang mit Giften und die Kenntnisse in Erster Hilfe können auch von zwei getrennten Personen erbracht werden!
Der Meldung sind folgende Unterlagen anzuschließen:
- Nachweis der Qualifikation zur Berufsausübung des Unternehmens (z.B. Gewerbeberechtigung)
- Nachweise über die (Berufs)Ausbildung und die Erste Hilfe-Ausbildung der dafür jeweils benannten Person
- Sicherheitsdatenblatt (zumindest Abschnitte 1 bis 3) der einzelnen Gifte. Das ist nicht erforderlich für Gifte, die ausschließlich zu Analysenzwecken benötigt werden.
Die Meldung ist nach dem Muster in der Giftverordnung zu erstellen und von der zur Vertretung des Betriebs nach außen befugten Person zu unterzeichnen.
Wenn die Voraussetzungen und alle Nachweise vorliegen, stellt die Bezirksverwaltungsbehörde unverzüglich eine Bescheinigung nach dem in der Giftverordnung enthaltenen Muster aus, die zum Bezug der gemeldeten Gifte berechtigt.
⇒ ChemG 1996 § 41a, Giftverordnung 2000 § 3, Anlage 1 Punkt 1.1 und Anlage 3
Als fachliche Qualifikation für den sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften gilt der erfolgreiche Abschluss
- spezialisierter Berufsausbildungen hinsichtlich der dabei üblicherweise verwendeten Gifte (z.B. Gold- und Silberschmiede, Oberflächentechnik und Galvanik, Glasbautechnik, Zahntechnik oder Kältetechnik)
- bestimmter Universitäts- oder Fachhochschulstudien (z.B. Medizin, Chemie, Biologie),
- bestimmter höherer Lehranstalten (z.B. Chemie, Lebensmittel- und Biotechnologie),
- eines Studiums der Chemie für Lehrer an Hauptschulen oder Neuen Mittelschulen,
- einer Fachschule für Chemie,
- bestimmter Lehrausbildungen (z.B. Chemielabortechnik, Textilchemiker, Drogist oder Schädlingsbekämpfer),
- einer Ausbildung im medizinisch-technischen Laboratoriumsdienst,
- bestimmter Werkmeisterschulen für Berufstätige (z.B. Technische Chemie) oder
- eines Kurses zum sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften.
⇒ ChemG 1996 § 41b; Giftverordnung 2000 § 4 und Anlage 4
Entweder die fachlich qualifizierte Person oder eine andere Person, die in dem Bereich wo die Gifte eingesetzt werden, ständig beschäftigt und verfügbar ist, muss eine Ausbildung in Erster Hilfe besitzen.
Kenntnisse über Maßnahmen zur Ersten Hilfe sind nachzuweisen durch
- erfolgreichen Abschluss eines Medizinstudiums,
- Tätigkeit als Notfallhelfer bei einer Rettungsorganisation,
- 16-stündige Ersthelferausbildung gemäß § 40 Arbeitsstättenverordnung (mindestens achtstündige Erste-Hilfe-Auffrischung in Abständen von höchstens 4 Jahren oder eine vierstündige Auffrischung zumindest alle 2 Jahre) oder
- Besuch eines mindestens achtstündigen Erste Hilfe-Kurses nach den Erfordernissen der Giftverordnung 2000 (darf nicht länger als 5 Jahre zurückliegen!
⇒ ChemG 1996 § 41b; Giftverordnung 2000 § 5 und Anlage 5
Gifte dürfen nur an Erwerbsberechtigte oder von ihnen ermächtigte Person übergegeben werden. Zur Giftübernahme dürfen nur solche Personen ermächtigt werden, bei denen weder Missbrauch noch fahrlässiger Umgang zu befürchten ist.
Der Empfänger muss dem Abgeber seine Identität nachweisen, die Bescheinigung für den Giftbezug vorlegen und den Empfang des Gifts schriftlich bestätigen (z.B. am Lieferschein).
⇒ ChemG 1996 § 45 Abs. 1 und § 46 Abs. 1; Giftverordnung 2000 § 8
Verwender müssen folgende Aufzeichnungen über Herkunft und Verbleib jedes Gifts führen:
- Bezeichnung des Gifts
- erworbene Menge
- Verweis auf den Beleg über den Erwerb (Lieferschein, Rechnung...)
- Datum des Erwerbs
- Name des Abgebers
- verwendete Menge und Verwendungszweck, bei einer weiteren Verarbeitung auch Bezeichnung der dabei entstandenen Produkte und dafür jeweils eingesetzte Menge jedes einzelnen Gifts
Spezielle Formvorschriften bestehen nicht. Einmal pro Jahr ist die verbleibende Menge jedes Gifts auszuweisen. Die Aufzeichnungen müssen nach der letzten Eintragung mindestens 7 Jahre aufbewahrt werden.
⇒ ChemG 1996 § 43; Giftverordnung 2000 § 9 Abs. 3 und 4
Giftbezugslizenzen oder Giftbezugsscheine, die auf Grund der Rechtslage vor dem 14. August 2015 ausgestellt wurde, gelten weiter bis zum rechtlich festgesetzten Ablauf ihrer Gültigkeit.
⇒ ChemG 1996 § 77 Abs. 17
Bescheinigungen oder Bestätigungen für den Giftbezug, Giftbezugsscheine für Privatpersonen bzw. Giftbezugslizenzen (ausgestellt vor dem 14. August 2015) sind auch nach Ablauf ihrer Gültigkeit sieben Jahre aufzubewahren. Sie sind vor unbefugtem Zugriff zu schützen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen.
⇒ Giftverordnung 2000 § 7
Verpackung von Giften
Die Verpackung von Giften, die im Einzelhandel für jedermann erhältlich ist, muss
- einen kindersicheren Verschluss und
- tastbare Gefahrenhinweise
besitzen.
⇒ ChemG 1996 § 23, CLP-Verordnung Art. 35 und Anh. II Abschnitt 3
Lagerung und Aufbewahrung von Giften
Gifte müssen in übersichtlicher Anordnung und getrennt von Arzneimitteln, Lebensmitteln, Futtermitteln etc. gelagert oder aufbewahrt werden.
Der Lagerbereich (Türen des Lagerraumes, Sicherheitsschrank bzw. Lagerbereich im Freien) muss entsprechend der Kennzeichnungsverordnung gekennzeichnet sein: jeweils zutreffendes Gefahrensymbol nach der CLP-Verordnung (siehe: Woran erkennt man Gifte?) oder unten stehendes Warnzeichen „Warnung vor giftigen Stoffen“ (zulässig bis 1. Juni 2024).
⇒ Giftverordnung 2000 § 12 Abs. 1 und 4, Kennzeichnungsverordnung § 1b und Anhang 1.2
Hinweis:
Das Chemikalien- oder Giftrecht enthält nur einzelne Anforderungen an die Gestaltung von Giftlagern. Für die Lagerung größerer Giftmengen ist eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich, bei der weitere Bedingungen für die Ausführung und den Betrieb des Lagers (Auffangwannen, Brandabschnitt, ...) vorgeschrieben werden können.
Gifte dürfen nur
- in versperrten, für Unbefugte unzugänglichen Lagerräumen oder
- in Sicherheitsschränken in Räumen, die nicht nur der Lagerung dienen (z.B. Verkaufsräume)
gelagert oder aufbewahrt werden.
Ein Sicherheitsschrank muss fest angebracht und durch eine Sperrvorrichtung vor unbefugtem Zugriff geschützt sein.
⇒ Giftverordnung 2000 § 12 Abs. 1 und 2
Offene Flächen zur Lagerung, zur Aufbewahrung oder zum Vorrätighalten von Giften müssen durch geeignete bauliche oder technische Maßnahmen sowie durch inner- oder außerbetriebliche Überwachungsmaßnahmen vor unbefugtem Zugriff geschützt sein.
⇒ Giftverordnung 2000 § 12 Abs. 3
Giftbeauftragter
Jeder Betrieb, der Gifte herstellt oder in Verkehr bringt (Ausnahme: Apotheken). Falls die Bestellung eines Beauftragten wirtschaftlich nicht zumutbar ist, muss der Betriebsinhaber/Geschäftsführer die Aufgaben wahrnehmen.
⇒ ChemG 1996 § 44
Der Giftbeauftragte muss
- sachkundig sein (siehe Abschnitt Sachkunde) oder
- eine fachlich entsprechende Berufsausbildung bezüglich des Umgangs mit dem verwendeten Gift und notwendige Kenntnisse der Ersten Hilfe besitzen
Er muss dauernd im Betrieb beschäftigt und während der üblichen Geschäfts- oder Betriebsstunden anwesend oder leicht erreichbar sein (sachkundiger Stellvertreter für den Verhinderungsfall erforderlich).
⇒ ChemG 1996 § 44
- Überwachung der Einhaltung von gift- und chemikalienrechtlichen Vorschriften im Betrieb
- Information des Betriebsinhabers über festgestellte Mängel
- Zusammenarbeit mit Sicherheitsvertrauenspersonen und Präventivfachkräften im Betrieb
Die verwaltungsrechtliche Verantwortung des Betriebsinhabers oder Geschäftsführers wird nicht berührt!
⇒ ChemG 1996 § 44
Sachkunde
Folgende Personen müssen sachkundig sein:
- im Rahmen einer Meldung für eine Giftbezugsbescheinigung benannte qualifizierte Personen
- Verwender von Giften, wenn sie nicht von einer qualifizierten Person speziell unterwiesen wurden
- Giftbeauftragte
- Antragsteller eines Giftbezugsscheins
⇒ ChemG 1996 § 41 Abs. 3 Z 6, § 42 Abs. 4 Z 1 lit. b, § 44 Abs. 1 und § 46 Abs. 2
Die Sachkunde umfasst Kenntnisse über
- den sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften und
- Maßnahmen der Ersten Hilfe.
Als fachliche Qualifikation für den sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften gilt der erfolgreiche Abschluss
- spezialisierter Berufsausbildungen hinsichtlich der dabei üblicherweise verwendeten Gifte (z.B. Gold- und Silberschmiede, Oberflächentechnik und Galvanik, Glasbautechnik, Zahntechnik oder Kältetechnik)
- bestimmter Universitäts- oder Fachhochschulstudien (z.B. Medizin, Chemie, Biologie),
- bestimmter höherer Lehranstalten (z.B. Chemie, Lebensmittel- und Biotechnologie),
- eines Studiums der Chemie für Lehrer an Hauptschulen oder Neuen Mittelschulen,
- einer Fachschule für Chemie,
- bestimmter Lehrausbildungen (z.B. Chemielabortechnik, Textilchemiker, Drogist oder Schädlingsbekämpfer),
- einer Ausbildung im medizinisch-technischen Laboratoriumsdienst,
- bestimmter Werkmeisterschulen für Berufstätige (z.B. Technische Chemie) oder
- eines Kurses zum sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften.
Hinweis:
Personen, die nur einen Kurs zum sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften absolviert haben, müssen ihren Wissensstand aktuell halten. Dazu ist beginnend mit 2019 mindestens alle vier Jahre z.B. eine Bestätigung über die regelmäßige Anwendung des Wissens, eine betriebsinterne Fortbildung oder ein Auffrischungskurs erforderlich.
Kenntnisse über Maßnahmen zur Ersten Hilfe sind nachzuweisen durch
- erfolgreichen Abschluss eines Medizinstudiums,
- Tätigkeit als Notfallhelfer bei einer Rettungsorganisation,
- 16-stündige Ersthelferausbildung gemäß § 40 Arbeitsstättenverordnung (Besuch des Kurses darf nicht länger als 5 Jahre zurückliegen, Auffrischung in Abständen von höchstens 4 Jahren) oder gleichwertige Ausbildung oder
- Besuch eines mindestens achtstündigen Erste Hilfe-Kurses nach den Erfordernissen der Giftverordnung 2000 (darf nicht länger als 5 Jahre zurückliegen!)
Hinweis:
Es ist zulässig, dass beim Antrag für die Giftbezugsbescheinigung jeweils getrennte Personen die Kenntnisse über den sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften und die Kenntnisse in Erster Hilfe besitzen. Das betrifft insbesondere Verwender von Giften.
⇒ ChemG 1996 §§ 41a Abs. 2 und 41b; Giftverordnung 2000 §§ 4 und 5 sowie Anlagen 4 und 5
Verwendung von Giften, Unterweisungs- und Sorgfaltspflicht
Grundsätzlich dürfen Gifte nur solche Personen verwenden, die
- eine fachlich entsprechende Berufsausbildung bezüglich des Umgangs mit dem verwendeten Gift und notwendige Kenntnisse der Ersten Hilfe besitzen oder
- sachkundig sind (siehe Abschnitt Giftbeauftragter).
Es ist zulässig, dass jeweils getrennte Personen die Kenntnisse über den sachgerechten und sicheren Umgang mit Giften und die Kenntnisse in Erster Hilfe besitzen. Bei der Verwendung muss jedenfalls eine Person mit Kenntnissen der Ersten Hilfe im betreffenden Betriebsbereich anwesend sein.
Andere Personen im Betrieb dürfen Gifte nur verwenden, wenn sie zuvor nachweislich im Umgang mit Giften und hinsichtlich der nötigen Vorsichts- und Sicherheitsmaßnahmen unterwiesen wurden. Die Unterweisung (auch schriftlich möglich) ist zumindest einmal jährlich zu wiederholen. In Betrieben mit arbeitsmedizinischer Betreuung ist bei der Unterweisung auch darauf hinzuweisen, dass jede Erkrankung, die möglicherweise durch ein Gift verursacht wurde, dem Arbeitsmediziner zu melden ist.
⇒ ChemG 1996 § 46 Abs. 2, Giftverordnung 2000 § 2
Bei Verwendung und Beseitigung von Giften sind die erforderlichen Maßnahmen zum Umwelt- und Gesundheitsschutz zu treffen. Kennzeichnung, Sicherheitsdatenblatt bzw. Gebrauchsanweisung sind dabei zu beachten.
⇒ ChemG 1996 § 19 Abs. 1; Giftverordnung 2000 § 2 Abs. 1
In Räumen, in denen Gifte gelagert oder regelmäßig verwendet werden, muss die Rufnummer der Vergiftungsinformationszentrale (01/406 43 43-0) gut sichtbar angebracht werden. Falls in diesem Raum kein Festnetzanschluss vorhanden ist, ist die Rufnummer auch beim nächstgelegenen Festnetztelefon anzubringen.
⇒ Giftverordnung 2000 § 11
Letztverbraucher (Privatpersonen und Landwirte) dürfen dem Abgeber (Einzelhandel) Rückstände von Giften zur Beseitigung übergeben. Der Abgeber muss die Gifte kostenlos zurücknehmen, wenn sie unvermischt in Originalverpackungen vorliegen und der Letztverbraucher auf Verlangen seine Identität nachgewiesen hat.
⇒ ChemG 1996 § 47 Abs. 2
Für die Rücknahme durch einen Abgabeberechtigten ist keine abfallrechtliche Erlaubnis nach § 24a des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) erforderlich. Die Rücknahme von Problemstoffen unterliegt auch nicht der Begleitschein- und Aufzeichnungspflicht nach § 18 AWG 2002. Zur Nachweisführung ist zu empfehlen, Bezeichnung und Menge der zurückgenommenen Gifte zB mittels Lieferschein zu dokumentieren. In Folge werden die zurückgenommenen Gifte so entsorgt, als wären sie im Betrieb angefallen (befugter Entsorger, Begleitscheine etc.).
⇒ AWG 2002 §§ 18 und 24a
Verlust oder irrtümliche Abgabe eines Giftes ist unverzüglich der Bezirkshauptmannschaft bzw. dem Magistrat oder der Bundespolizeibehörde zu melden.
⇒ ChemG 1996 § 48
Relevante Gesetze und Verordnungen
- Chemikaliengesetz 1996 − ChemG 1996 (BGBl. I Nr. 53/1997 idF BGBl. I Nr. 140/2020)
- EU-Verordnung über die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung von Stoffen und Gemischen − CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 in der geltenden Fassung)
- Giftverordnung 2000 (BGBl. II Nr. 24/2001 idF BGBl. II Nr. 229/2016)
- Giftinformationsverordnung 1999 (BGBl. II Nr. 137/1999 in der geltenden Fassung, derogiert durch CLP-VO)
- Kennzeichnungsverordnung (BGBl. II Nr. 101/1997 idF BGBl. II Nr. 184/2015)
- Abfallwirtschaftsgesetz 2002 − AWG 2002 (BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 66/2023)
Gefahrensymbole
GHS06
GHS06
GHS08
Warnzeichen „Warnung vor giftigen Stoffen“
Stand: 18.01.2024