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Änderungen im Bereich Arbeitnehmer:innenschutz

Änderungen bei Grenzwerten und Gesundheitsüberwachung

Lesedauer: 6 Minuten

Durch die Änderungsverordnung BGBl. II Nr. 330/2024 wurden Änderungen der Grenzwerteverordnung 2021, der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz 2020, der Arbeitsmittelverordnung, der Bohrarbeitenverordnung, der Tagbauarbeitenverordnung, der Land- und forstwirtschaftlichen Gesundheitsüberwachungsverordnung sowie der Land- und forstwirtschaftlichen Grenzwerteverordnung 2024 vorgenommen. Die Verordnung wurde am 2. Dezember 2024 veröffentlicht und ist am 3. Dezember 2024 in Kraft getreten.

Betroffen sind alle Unternehmen, in denen mit gefährlichen Arbeitsstoffen umgegangen wird.

Änderung der Grenzwerteverordnung − GKV, der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung − VGÜ und der Arbeitsmittelverordnung – AM-VO

Übersicht über die Änderung der Grenzwerteverordnung 2021 - GKV

Die Karzinogene-Richtlinie − Richtlinie 2004/37/EG wurde durch die Richtlinie (EU) 2022/431 − Änderungsrichtlinie geändert. Die Änderungsrichtlinie erweitert den Anwendungsbereich der Karzinogene-Richtlinie um fortpflanzungsgefährdende (reproduktionstoxische) Arbeitsstoffe.

Sie ist in nationales Recht umzusetzen. Daher wurden die Grenzwerteverordnung, die Verordnung über die Gesundheitsüberwachung und die Arbeitsmittelverordnung angepasst. 

  • Mit dieser Novelle wird eine Rechtsbereinigung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutz­verordnung – AAV durch Aufhebung des gesamten vorläufig übergeleiteten, alten Rechtsbestandes zu gefährlichen Arbeitsstoffen sowie zu Arbeiten in Behältern erfolgen. Der alte Rechtsbestand wird durch eine der ASchG-Systematik und dem aktuellen Stand der Technik und der Arbeitswissenschaften entsprechende Neuregelung in der Grenzwerteverordnung-GKV und Arbeitsmittelverordnung - AM-VO ersetzt werden. 
  • Anhang III der Änderungsrichtlinie legt für die Arbeitsstoffe Acrylnitril, Benzol und Nickelverbindungen neue Grenzwerte fest. Diese strengeren Grenzwerte sind in Anhang I/Stoffliste der GKV angeführt.
  • Die Einstufung krebserzeugender und reproduktionstoxischer Arbeitsstoffe in den Anhängen I, III und VI der GKV an die CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wird angepasst. Dies betrifft folgende 
  • krebserzeugender Arbeitsstoffe: Acetaldehyd, 2-Butanonoxim, C.I. Pigment Yellow 34, 1,4-Dioxan, 1,2-Dihydroxybenzol, Isopropylbenzol, 4-Methylpentanon-2, Mancozeb, Perfluornonansäure, Tetrahydrofurfuryl und Titandioxid.
  • fortpflanzungsgefährdender Arbeitsstoffe: Cobalt, C.I. Pigment Yellow 34, Di-n-octylzinnverbindungen, Ethylenoxid, 2-Ethylhexansäure, Mancozeb (ISO), 2-(2-Methoxyethoxy)-ethanol, Perfluornonansäure, Pymetrozine (ISO), Tellur und seine Verbindungen, 1,2,4-Triazol und 4-Vinyl-1,2-cyclohexendiepoxid.
  • Isopropylbenzol (Cumol) Es wurde ein Schwellenwert festgelegt, unterhalb dessen weder eine leber- bzw. nierenschädigende noch eine krebserzeugende Wirkung zu beobachten ist. Es ist wurde daher die Einstufung IIIA2 ergänzt, aber der Eintrag „MAK“ wurde belassen. An den Grenzwerten selbst ändert sich nichts, diese entsprechen der genannten SCOEL Empfehlung sowie der deutschen MAK-Begründung.
  • Für die Arbeitsstoffe 2-Methoxyethanol und 2-Methoxyethylacetat wird der Kurzzeitwert, der derzeit nur in ppm angegeben ist, durch die rechnerisch, ermittelbare mg/m3 Angabe ergänzt werden.
  • Auf Grund einer Änderung der REACH-VO hinsichtlich N,N-Dimethylformamid darf der chemische Stoff N,N-Dimethylformamid nur in Verkehr gebracht werden, wenn ein Grenzwert von 6 mg/m³ (bei Inhalation) bei der Verwendung eingehalten wird. Der Grenzwert ist niedriger als jener der GKV, daher soll aus Gründen der Rechtssicherheit der Grenzwert für den Arbeitsstoff N,N-Dimethylformamid in Anhang I der GKV angepasst werden.
  • Änderungen wurden in folgenden Überschriften bzw. Paragrafen und Anhängen vorgenommen: 
  • 2. Abschnitt: Krebserzeugende und fortpflanzungsgefährdende (reproduktionstoxische) Arbeitsstoffe 
    § 8. Information der Arbeitnehmer:innen
    § 10. Einstufung und Unterteilung von krebserzeugenden Arbeitsstoffe
    § 10a. Einstufung und Unterteilung von fortpflanzungsgefährdenden (reproduktionstoxischen) Arbeitsstoffe
    § 11. Ausnahmen für Arbeitsstoffe mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potenzia
    § 11a. Verringerung der Einwirkung durch reproduktionstoxische Arbeitsstoff
    § 12. Verbot von eindeutig krebserzeugenden Arbeitsstoffe
    § 13. Meldung eindeutig krebserzeugender und reproduktionstoxischer (Kategorie 1A und 1B) Arbeitsstoff
    § 14. Schutz- oder Arbeitskleidung
    § 14a. Unterweisung
    § 15. Luftrückführung 
  • 4a. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen zu gefährlichen Arbeitsstoffen Im Abschnitt 4a „Allgemeine Bestimmungen zu gefährlichen Arbeitsstoffen“ wurde der Rechtsinhalt aus der AAV - Allgemeinen Arbeitnehmer­schutz­verordnung übergeleitet und zusammengefasst. Diese Bestimmungen enthalten Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor den Einwirkungen durch andere gefährliche (z.B. ekelerregende, brand- oder explosionsgefährliche) Arbeitsstoffe.
    § 27a. Geltungsbereich des 5a. Abschnitts
    § 27b. Schutzmaßnahmen gegen Gase, Dämpfe und Schwebstoffe
    § 27c. Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden und explosionsgefährlichen Arbeitsstoffen
    § 27d. Ersatz von Arbeitsstoffen und Verwendungsbeschränkungen für bestimmte Arbeitsstoffe
    § 27e. Lagerung von gefährlichen Arbeitsstoffen
    § 27f. Vorsorge für Erste-Hilfe-Leistung 
  • 6. Abschnitt: Übergangs- und Schlussbestimmungen Umsetzung der Rechtsakte der Europäischen Union § 33. Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Union
    § 34. Übergangsbestimmungen
    § 35. Schlussbestimmungen
  • Anhänge: 
    Anhang I/2024: Stoffliste (MAK-Werte und TRK-Werte)
    Anhang III/2024: Liste krebserzeugender Arbeitsstoffe
    Anhang V/2024: Liste von Hölzern, deren Stäube als eindeutig krebserzeugend gelten
    Anhang VI/2024: Liste fortpflanzungsgefährdender (reproduktionstoxischer) Arbeitsstoffe“

Übersicht über die Änderung der Verordnung über die Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz 2020 − VGÜ  

  • Arbeitgeber:innen haben dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer:innen und Arbeitnehmer, die der Einwirkung von reproduktionstoxischen Arbeitsstoffen ausgesetzt sind, sich auf eigenen Wunsch vor Aufnahme der Tätigkeit sowie bei Fortdauer der Tätigkeit in regelmäßigen Abständen einer ärztlichen Untersuchung unterziehen können. Daher wurden die Untersuchungsrichtlinien für die Durchführung von sonstigen Untersuchungen auf Einwirkungen von reproduktionstoxischen Arbeitsstoffen in Anlage 2 aufgenommen. 
  • Änderungen wurden in folgenden Paragrafen und Anlagen vorgenommen:

§ 2. Eignungs- und Folgeuntersuchungen gemäß § 49 Abs. 1 ASchG
§ 3b. Eignungs- und Folgeuntersuchungen für Arbeitnehmer/innen, die in Räumen beschäftigt werden, in denen die Sauerstoffkonzentration zum Zweck der Brandvermeidung herabgesetzt ist
§ 5. Sonstige besondere Untersuchungen gemäß § 51 ASchG
§ 6. Gemeinsame Bestimmungen
§ 11. Schlussbestimmungen

Anlage 1: Zeitabstände der ärztlichen Untersuchungen
Anlage 2: Richtlinien zur Durchführung der ärztlichen Untersuchungen

Übersicht über die Änderung der Arbeitsmittelverordnung − AM-VO  

  • Die Bestimmungen der §§ 59 und 60 AAV werden nicht übernommen, da sie nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen. Umgesetzt wurde eine Neuregelung, die die Arbeitsvorbereitung, Arbeitsfreigabe und Aufsicht in den Mittelpunkt stellt.
  • Unter Arbeiten in kleinen, engen oder schlechtbelüfteten Räumen und Behältern sind alle Tätigkeiten zu subsumieren, bei denen sich Personen in kleinen, engen oder schlechtbelüfteten Räumen und Behältern aufhalten. Dazu zählen beispielsweise das Betreten, Befahren, Einfahren, Einsteigen oder Hineinbeugen.
  • Arbeitgeber:innen haben dafür zu sorgen, dass eine schriftliche Betriebsanweisung mit Maßnahmen gegen die Gefahren erstellt und ein Freigabesystem etabliert wird. Für die Arbeiten ist eine fachkundige Person (fachliche Kenntnisse und Berufserfahrung und mit den möglichen Gefahren und den erforderlichen Schutz- und Rettungsmaßnahmen vertraut) zu benennen. Die Arbeit darf erst aufgenommen werden, wenn die Arbeitnehmer:innen anhand der schriftlichen Betriebs­anweisungen unterwiesen wurden, die Aufsicht wirksam ist und die in der Betriebs­anweisung enthaltenen Maßnahmen ergriffen worden sind.
  • Geschlossene Behälter dürfen nur dann erhitzt werden, wenn das Entstehen einer gefahrbringenden Druckerhöhung durch entsprechende Schutzmaßnahmen verhindert wird.
  • Änderungen wurden in folgenden Paragrafen und Anlagen vorgenommen:
  1. Abschnitt Allgemeine Bestimmungen § 15 Verwendung
  2. Abschnitt Besondere Regelungen für die Benutzung bestimmter Arbeitsmittel § 23a Maßnahmen bei Arbeiten in kleinen, engen oder schlechtbelüfteten Räumen und Behältern § 23b Arbeiten an Einrichtungen für die Lagerung von Schüttgütern
  3. Abschnitt Schlussbestimmungen § 61 Aufhebung von Vorschriften § 65 Inkrafttreten

Änderung der Bohrarbeitenverordnung – BohrarbV und Tagbauarbeitenverordnung − TAV

Mit März 2023 trat die neue Verordnung über brennbare Flüssigkeiten 2023 in Kraft, die – soweit sie eine arbeitnehmerschutz­rechtliche Vorschrift darstellt – gemäß § 1 Abs. 4 generell für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) unterliegen, gilt. Die Geltungsbereiche der BohrarbV und der TAV sind damit jedenfalls abgedeckt, sodass die VbF 2023 im Rahmen der Geltungsbereiche dieser Verordnungen auf Grund ihres eigenen Geltungsbereiches anzuwenden ist. Somit erübrigen sich in der BohrarbV und der TAV-Anpassungen der Verweise in § 18 bzw. in § 19 Abs. 1, da diese Bestimmungen entbehrlich wurden und ganz entfallen können.

Mehr Details zu den Änderungen ebenso wie zu den Änderungen zur Land- und forstwirtschaftliche Gesundheit­süberwachungs­verordnung und Land- und forstwirtschaftliche Grenzwerte­verordnung 2024 siehe Verordnung BGBl. II Nr. 330/2024 selbst.

Stand: 13.12.2024

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