Selbstanzeige im Finanzstrafrecht
Bestimmungen und Vorgangsweise
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Hat ein Abgabepflichtiger Abgaben hinterzogen, kann er sich mit der sogenannten Selbstanzeige Straffreiheit sichern. Die Selbstanzeige ist auch eine Maßnahme, die Finanzbehörden schwierige Ermittlungsverfahren zur Aufklärung des Finanzvergehens erspart und gleichzeitig bewirkt, dass die Abgabenschuld tatsächlich entrichtet wird.
Für den Abgabepflichtigen bietet die Selbstanzeige den Vorteil, die doch nicht unerheblichen Strafen hintan zu halten. So sieht z.B. das Finanzstrafgesetz für vorsätzliche Abgabenhinterziehung einen Strafrahmen in der Höhe des zweifachen Verkürzungsbetrages vor.
Wie muss die Selbstanzeige inhaltlich aussehen?
Das Finanzstrafgesetz sieht äußerst strenge Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige vor.
- Die Person/Personen, für die die
Selbstanzeige erstattet werden soll, müssen explizit in der Selbstanzeige angeführt werden.
Achtung: Wird eine Selbstanzeige sowohl für eine juristische Person (z.B. GmbH) als auch die Geschäftsführer oder bloße Tatbeteiligte (wie zB ein Prokurist, der für falsche Abgabenerklärungen innerhalb des Unternehmens zuständig ist) eingebracht, tritt die strafbefreiende Wirkung für alle Personen nur dann ein, wenn in der Anzeige selbst deutlich hervorgeht, dass die Selbstanzeige für diese gilt.
- In der Selbstanzeige müssen sowohl die Verfehlung selbst, als auch im Falle einer Abgabenverkürzung oder eines Einnahmenausfalls - sämtliche für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offengelegt werden.
- Die Behörde muss durch die Selbstanzeige in die Lage versetzt werden, eine rasche und richtige Entscheidung in der Sache selbst treffen zu können. Daher sind gemeinsam mit der Selbstanzeige jedenfalls seinerzeit unterlassene Angaben nachzuholen, falsche zu berichtigen und unvollständige zu ergänzen.
Hinweis: Ist die Selbstanzeige in der Hinsicht mangelhaft, als das Erfordernis der Offenlegung aller abgabenrelevanten Umstände nicht erfüllt wird, geht dies zu Lasten des Abgabepflichtigen. Auf einen Irrtum kann sich der Abgabenpflichtige nicht berufen.
Entrichtung der geschuldeten Abgabenbeträge
Die offene Abgabenschuld muss binnen eines Monats entrichtet werden.
Die Monatsfrist beginnt bei selbst zu berechnenden Abgaben (Umsatzsteuervorauszahlungen, Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag etc.) mit der Selbstanzeige, in allen übrigen Fällen (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer etc.) mit der Bekanntgabe des geschuldeten Betrages an den Anzeiger durch den (berichtigten) Abgabenbescheid zu laufen.
Die Monatsfrist kann durch Gewährung von Zahlungserleichterungen mittels Bescheides auf höchstens 2 Jahre verlängert werden.
Hinweis: Wird ein
Ratenansuchen gemeinsam mit der Selbstanzeige gestellt, ist die Selbstanzeige
nur strafbefreiend, wenn das Ratenansuchen einerseits bewilligt wird, andererseits
die Raten rechtzeitig entrichtet werden und auch der Zahlungsaufschub zwei
Jahre nicht überschreitet.
Teilweise Entrichtung führt nur zur teilweisen Straffreiheit. Allerdings kann
die Selbstanzeige einen wirksameren Strafmilderungsgrund darstellen, als ein
bloßes Geständnis.
Achtung: Die Einbringung wiederholter Selbstanzeigen ist seit 1.10.2014 nicht mehr möglich. Eine abermalige Selbstanzeige im Hinblick auf denselben Abgabenanspruch wirkt nicht mehr strafaufhebend.
Bis wann ist die Selbstanzeige spätestens einzubringen?
Vor einer Verfolgungshandlung gegen den Anzeiger, gegen andere an der Tat Beteiligte oder gegen Hehler
Eine Verfolgungshandlung ist jede nach außen erkennbare Amtshandlung u.a. eines Gerichtes, einer Finanzstrafbehörde oder eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Eine Verfolgungshandlung kann z.B. eine Vorladung zur Vernehmung, eine Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung, die Hausdurchsuchung, Beschlagnahme sein.
Bei dieser Verfolgungshandlung muss es sich um Ermittlungen seitens einer Finanzstrafbehörde, einer Staatsanwaltschaft, des Bundesfinanzgerichts, eines (ordentlichen) Gerichts, einer Abgabenbehörde oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes handeln. Bloße behördeninterne [SGW1] Ermittlungen sind für eine Selbstanzeige noch nicht hinderlich.
Allerdings braucht sich die
Verfolgungshandlung nicht gegen den Selbstanzeiger zu richten. Es ist
auch nicht gefordert, dass die Verfolgungshandlung dem Selbstanzeiger bekannt
ist. Somit kann keine strafbefreiende Wirkung eintreten, wenn bereits gegen
Beteiligte ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden ist.
Vor Entdeckung der Tat
War die Tat zum Zeitpunkt der Selbstanzeige hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder teilweise entdeckt und war dies dem Anzeiger bekannt, ist es für eine Selbstanzeige zu spät. Bei einem Verstoß gegen Zollvorschriften reicht aus, dass die Entdeckung der Tat unmittelbar bevorstand und dies dem Anzeiger bekannt war. Auf die Kenntnis der Abgabenbehörde hinsichtlich des Täters (subjektive Tatseite) kommt es für die Tatentdeckung nicht an.
Selbstanzeige bei Betriebsprüfungen
Hier ist seit 1.10.2014 hinsichtlich Zeitpunkt der Selbstanzeige und Verschuldensgrad zu unterscheiden
- Ab
Anmeldung/Bekanntgabe einer Prüfung bis
zum Beginn der Prüfung:
Bei leicht fahrlässig begangenen Delikten ist eine Selbstanzeige strafaufhebend und verbleibt ohne Strafzuschlag. Bei vorsätzlich und grob fahrlässig begangenen Finanzdelikten ist
zusätzlich zum Verkürzungsbetrag ein progressiv gestaffelter Strafzuschlag zeitgerecht zu entrichten, um Strafaufhebung zu erlangen. Dieser „Strafzuschlag“ wird von der Abgabenbehörde mit Bescheid festgesetzt - Ab
Beginn einer Prüfung:
Bei leicht fahrlässig begangenen Delikten ist eine Selbstanzeige wie zuvor strafaufhebend und verbleibt ohne Zuschlag. Bei einer Selbstanzeige grob fahrlässig begangener Finanzdelikte ist zusätzlich zum Verkürzungsbetrag der Strafzuschlag zu entrichten.
Für vorsätzlich begangene Delikte ist ab Beginn der Prüfung keine strafbefreiende Selbstanzeige mehr möglich (Sperrwirkung).
Strafzuschlag
Der Zuschlagssatz in Abhängigkeit vom Mehrbetrag staffelt sich wie folgt:
Mehrbetrag (in Euro) | Zuschlagssatz |
---|---|
bis 33.000 | 5 % |
über 33.000 bis 100.000 | 15 % |
über 100.000 bis 250.000 | 20 % |
über 250.000 | 30 % |
Gibt es Formvorschriften für die Selbstanzeige?
Im Gesetz ist für die Selbstanzeige keine besondere Form vorgeschrieben.
Bei schriftlicher Selbstanzeige sollte diese jedoch sinnvollerweise als „Selbstanzeige“ bezeichnet werden.
Bei mündlichen Selbstanzeigen in Form einer Niederschrift sollte der Selbstanzeiger darauf achten, dass der genaue Zeitpunkt festgehalten wird und jedenfalls sämtliche Personen detailliert angeführt werden, für die die Selbstanzeige erstattet wird.
Bei welcher Behörde ist die Selbstanzeige zu erstatten?
Die Selbstanzeige hat, wenn die Handhabung der verletzten Abgaben- oder Monopolvorschriften den Zollämtern obliegt, gegenüber einem Zollamt, sonst gegenüber einem Finanzamt oder dem Amt für Betrugsbekämpfung zu erfolgen.
Es gibt zwar formell nur mehr ein Finanzamt bzw. Zollamt für ganz Österreich – zur praktischen Verständlichkeit werden aber die Begriffe in der Mehrzahl beibehalten.
Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist bei Betretung auf frischer Tat ausgeschlossen.
Strafaufhebung in besonderen Fällen (Verkürzungszuschlag)
Wird im Zuge von abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahmen festgestellt, dass der verkürzte Betrag nicht höher als 10.000 Euro für ein Jahr (einen Veranlagungszeitraum) ist, in Summe jedoch 33.000 Euro nicht übersteigt, kann unter bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit eintreten.
Hierzu hat der Abgabepflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Abgabennachforderung die Festsetzung einer Abgabenerhöhung (Verkürzungszuschlag) von 10 % zu akzeptieren, weiters einen Rechtsmittelverzicht abzugeben und binnen eines Monats die Abgabennachforderung und den Verkürzungszuschlag zu entrichten. Ein Zahlungsaufschub darf bei dieser Variante nicht gewährt werden.
Die Festsetzung der Abgabenerhöhung führt zu keiner Eintragung im Finanzstrafregister.
Ausgeschlossen ist dieser Strafaufhebungsgrund insbesondere im Zusammenhang mit Eingangs- und Ausgangsabgaben sowie Finanzvergehen, die mit einer Mindestgeldstrafe bedroht sind sowie dann, wenn ein Finanzstrafverfahren bereits anhängig ist, eine Selbstanzeige vorliegt oder eine Bestrafung aus präventiven Gründen erforderlich ist.
Stand: 01.10.2024