Verzicht, Vergleich und Vertragsänderungen
Begriffsbestimmungen - Rechtsfolgen
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Verzicht
Unter Verzicht versteht man die Willenserklärung des Arbeitnehmers, bestimmte Ansprüche gegen den Arbeitgeber aufzugeben und damit deren Verbindlichkeit zu vernichten.
Im Arbeitsrecht gelten für den Verzicht auf Ansprüche wesentliche Einschränkungen gegenüber dem allgemeinen Recht!
Die Rechtsprechung hat den Grundsatz entwickelt, dass Verzichtserklärungen während des Arbeitsverhältnisses wegen des typischen wirtschaftlichen Druckes, wie etwa drohender Verlust des Arbeitsplatzes, unwirksam sind.
Dieser Grundsatz gilt solange, als auf den Arbeitnehmer ein wirtschaftlicher Druck ausgeübt werden kann, also jedenfalls bis zum letzten Tag des Arbeitsverhältnisses. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist in der Regel kein wirtschaftlicher Druck mehr gegeben.
Die Unwirksamkeit der Verzichtserklärung des Arbeitnehmers wegen wirtschaftlichen Druckes wird von Anfang an ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer auf Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verzichtet. In ganz besonderen Einzelfällen (Konkurrenzklauseln, Beeinflussung potentieller neuer Arbeitgeber durch den ehemaligen Arbeitgeber) kann auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch eine Drucksituation vorhanden sein.
Beispiel 1 (Gültige Verzichtserklärung im Regelfall)
Letzter Tag des Arbeitsverhältnisses: 30.9.
Verzichtserklärung: 1.10.
Beispiel 2 (Ungültige Verzichtserklärung)
Letzter Tag des Arbeitsverhältnisses: 30.9.
Verzichtserklärung: 29.9.
Verzicht auf Abfertigung Alt
Grundsätzlich steht jedem Arbeitnehmer bei Erfüllung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen auch bei einer einvernehmlichen Auflösung die Abfertigung (alt) zu. Der Abfertigungsanspruch besteht auch dann, wenn die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer angeregt bzw. vorgeschlagen wurde. Ein Verzicht auf die Abfertigung Alt durch den Arbeitnehmer bei aufrechtem Arbeitsverhältnis ist rechtsunwirksam.
Bei Arbeitnehmerkündigungen wird der Arbeitgeber häufig um eine Verkürzung der Kündigungsfrist ersucht. In diesem Fall sollte der Arbeitgeber, wenn er damit einverstanden ist, die Verkürzung der Kündigungsfrist lediglich "zur Kenntnis nehmen“ und klarstellen, dass es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer bleibt und eine einvernehmliche Auflösung nicht gewollt ist.
Vergleich
Unter Vergleich versteht man die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, strittige Ansprüche in einer bestimmten Form, wie etwa durch Zahlung einer konkreten Summe, zu bereinigen.
Ziel eines Vergleiches ist es, zweifelhafte oder strittige Ansprüche durch einen Kompromiss zu beseitigen. Ein Vergleich kann auch unverzichtbare Ansprüche umfassen.
Im Unterschied zum Verzicht ist der Abschluss eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleiches grundsätzlich auch während des Arbeitsverhältnisses zulässig wenn dadurch strittige oder zweifelhafte Ansprüche bereinigt werden.
Meistens werden Vergleiche nach der Beendigung von Arbeitsverhältnissen abgeschlossen. In einem solchen Fall kann beispielsweise eine Entlassung in eine einvernehmliche Auflösung umgewandelt werden. Ist der Arbeitnehmer in einem solchen Fall gegenüber den gesetzlichen Mindesterfordernissen günstiger gestellt, kann er rechtswirksam auf die bei dieser Beendigungsart grundsätzlich zustehende Abfertigung (alt) verzichten.
Änderungen des Arbeitsvertrages
Änderungen des Arbeitsvertrages (wie etwa eine Reduktion von Arbeitszeit oder Entgelt) können weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer einseitig vorgenommen werden, eine Vereinbarung ist zwingend notwendig. Werden Änderungen dennoch einseitig vorgenommen, sind diese grundsätzlich rechtsunwirksam.
Einvernehmliche Vertragsänderungen, welche die Arbeitsbedingungen in Zukunft für den Arbeitnehmer verschlechtern, sind nur dann gültig, wenn die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Bestimmungen eingehalten werden und für die Zukunft wirken. Der Arbeitnehmer kann im Rahmen einer solchen einvernehmlichen Vertragsänderung beispielsweise auf eine überkollektivvertragliche Entlohnung verzichten
Tipp!
Der Arbeitgeber sollte aus Beweisgründen jede Vertragsänderung unbedingt in Form einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag schriftlich festhalten und vom Arbeitnehmer unterschreiben lassen. Das Schweigen des Arbeitnehmers zu vom Arbeitgeber einseitig vorgenommenen Vertragsverschlechterungen bedeutet auf keinen Fall eine Zustimmung!
Bei Teilzeitbeschäftigten ist im Gesetz normiert, dass die Änderung des Ausmaßes der regelmäßigen Arbeitszeit der Schriftform bedarf. Das Schriftlichkeitsgebot ist eine Beweislastregel. Aus Beweisgründen ist dringend anzuraten, sich am Gesetzestext zu orientieren und jede Änderung des Ausmaßes der wöchentlichen Arbeitszeit im Vorhinein schriftlich zu vereinbaren (siehe dazu auch unser Infoblatt – „Teilzeitbeschäftigung – Mehrarbeit“).
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.01.2024