Chemikalien in Erzeugnissen (Fertigwaren)
Pflichten für Unternehmen und Tipps zum Umgang mit Kundenanfragen
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Erzeugnisse (Fertigwaren) können Stoffe enthalten, die von Beschränkungen und Verboten betroffen sind. Für solche Produkte müssen Unternehmer unter Umständen verschiedene Pflichten (Registrierung, Meldung, Information) einhalten.
Die Regelungen betreffen alle Unternehmen der Lieferkette des Erzeugnisses, vom Produzent bis zum Verkäufer.
Erzeugnisse und REACH
Von REACH, der europäischen Chemikalienverordnung, sind in erster Linie chemische Stoffe und Gemische betroffen. Aber auch bei Erzeugnissen (Fertigwaren) wie zB Bekleidung, Spielzeug, Gebrauchsgegenstände können bestimmte Verpflichtungen schlagend werden. Das trifft besonders zu, wenn Erzeugnisse besonders problematische Stoffe enthalten. Unternehmen können manche der Stoffe dann gar nicht oder nur eingeschränkt in Erzeugnissen einsetzen.
Was ist ein Erzeugnis?
Ein Erzeugnis besteht üblicherweise aus einer oder mehreren chemischen Stoffen. Beispiele für Erzeugnisse: Bekleidungsstücke, Autos, Verpackungen, Werkzeuge
Ein Erzeugnis ist also ein Gegenstand, dessen Form, Oberfläche oder Gestalt für seine Funktion wichtiger ist, als seine chemische Zusammensetzung.
Welche Pflichten können für Erzeugnisse zutreffen?
Voraussetzungen für eine mögliche Betroffenheit nach REACH:
- Registrierpflicht: Ein Erzeugnis setzt einen Stoff beabsichtigt frei (zB Duftbäumchen)
- Meldepflicht: Die Freisetzung eines bestimmten gefährlichen Stoffes, s.g. Kandidatenstoffe, aus einem Erzeugnis kann nicht ausgeschlossen werden.
- Informationspflicht: In einem Erzeugnis sind bestimmte gefährliche Stoffe enthalten.
Registrierpflicht
Wenn eine beabsichtigte Freisetzung eines Stoffes erfolgt: Bei mehr als einer Tonne Stoff pro Kalenderjahr müssen Importeure oder Produzenten des Erzeugnisses den Stoff registrieren. Dabei ist es egal, ob der Stoff gefährlich ist oder nicht. Ausnahme: Ein anderer Hersteller oder Importeuer hat den Stoff in der EU bereits für die entsprechende Verwendung registriert.
Meldepflicht
Wenn die unbeabsichtigte Freisetzung eines Stoffes der so genannten Kandidatenliste [Link auf Abschnitt] möglich ist, müssen folgende drei Kriterien für eine Meldepflicht erfüllt sein:
- Die Exposition von Mensch und Umwelt (bei normaler oder vorhersehbarer Verwendung einschließlich Entsorgung) kann nicht ausgeschlossen werden,
- der Stoff ist mit mindestens einer Tonne pro Kalenderjahr im Erzeugnis enthalten
- der Stoff ist im Erzeugnis mit über 0,1 Massenprozent enthalten.
Diese Verpflichtung entfällt, wenn der Stoff bereits für die entsprechende Verwendung registriert wurde (vgl. Registrierpflicht).
Hinweis: Eine Meldung ist keine Registrierung! Im Einzelfall kann die Europäische Chemikalienagentur ECHA eine vollständige Registrierung des Stoffes verlangen.
Informationspflicht
Betrifft Lieferanten von Erzeugnissen: Sie müssen ihre Kunden kostenlos informieren, ob ein Stoff der Kandidatenliste mit mehr als 0,1 Massenprozent enthalten ist. Diese Information umfasst zumindest den Stoffnamen und wenn nötig und verfügbar Hinweise zur sicheren Verwendung. Lieferanten müssen gewerbliche Kunden aktiv bei der Lieferung informieren. Private Verbraucher erhalten diese Informationen auf Anfrage innerhalb von 45 Tagen.
Die 0,1 Massenprozent beziehen sich auf ein bestimmtes Erzeugnis. Dabei werden Komponenten, die davor ein Erzeugnis waren, ebenfalls als eigenständige Erzeugnisse gesehen. Die Informationspflicht bezieht sich daher auf einzelne solche Komponenten.
Kandidatenliste – besonders besorgniserregende Stoffe SVHC
Die EU reguliert Stoffe, die als besonders besorgniserregend eingestuft sind. Eine gängige Abkürzung für solche Stoffe ist SVHC (substances of very high concern). Diese kommen auf die Kandidatenliste der Europäischen Chemikalienagentur ECHA. Die Aufnahme erfolgt über ein längeres, komplexes Verfahren. Kriterien für die Aufnahme sind Eigenschaften wie zB krebserregend, fortpflanzungsschädlich oder toxisch.
Hinweis: Die Stoffe der Kandidatenliste sollen mittelfristig völlig verboten werden. Daher ist es sinnvoll, sich schon jetzt nach alternativen Produkten oder Technologien bzw. Lieferanten umzusehen.
Wie können Unternehmer auf Kundenanfragen reagieren?
Häufig verlangen Kunden mehr Informationen als notwendig. Unternehmen müssen zB keine genauen Zusammensetzungen bekanntgeben (Know-how schützen!). Nur Stoffname und gegenbenfallas Hinweise zur sicheren Verwendung fallen unter die Informationspflicht.
Unternehmer können die geforderten Informationen zum Beispiel schriftlich, per Fax oder Mail versenden. Formvorschriften gibt es keine.
Der Umgang mit besorgniserregenden Stoffen SVHC in Erzeugnissen ist sehr unterschiedlich: Bei Elektrogeräten zum Beispiel, sind solche Stoffe oft im Inneren des Gerätes enthalten. Kunden kommen damit nicht in Berührung. Textilien oder Kunststoffgegenstände sind sensibler, denn in der Regel kommen Kunden damit in direkten Kontakt.
Tipp!
Bereiten Sie je nach Produkt wohlüberlegte Formulierungen für eine passende Kommunikation vor. In vielen Bereichen gibt es bereits branchenspezifische Kommunikationsstrategien und Mustervorlagen, kontaktieren Sie Ihre Fachorganisation!
Wie kommen Unternehmer zu Informationen über Inhaltsstoffe?
- Prüfen Sie zunächst nach, ob bzw. welcher SVHC überhaupt in Ihrem Erzeugnis sein kann.
- Holen Sie sich auch Rat bei Ihrer Fachorganisation: Welche Stoffe werden typischerweise in Ihrer Branche verwendet?
- Wenn Sie Erzeugnisse in der EU einkaufen und ein SVHC darin vermuten, dann fragen Sie beim Lieferanten nach. Dieser hat die Pflicht, Sie entsprechend zu informieren.
- Als aufwendigste und kostspieligste Möglichkeit bleibt auch noch die Testung Ihrer Erzeugnisse auf (bestimmte) SVHC.
- Sollten Sie Ihre Erzeugnisse unmittelbar aus Zubereitungen oder Stoffen herstellen, dann können Sie aus den zugehörigen Sicherheitsdatenblättern ersehen, ob ein SVHC enthalten ist.