Der Standortanwalt im UVP-Verfahren
Vertretung von standortpolitischen Interessen bei großen Projekten
Lesedauer: 3 Minuten
Die WKÖ hat eine wichtige Unterstützung für große Investitionsprojekte und den Infrastrukturausbau erreicht: Mit der letzten Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz (UVP-G-Novelle 2018) wurde eine neue Partei im UVP-Verfahren eingeführt, der Standortanwalt.
Wie betrifft mich der Standortanwalt als Projektwerber?
Erstmals steht mit dem Standortanwalt dem Projektwerber eine Partei zur Seite, die im UVP-Verfahren (zusätzlich zum Projektwerber) die volkswirtschaftlichen und standortpolitischen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens geltend machen kann.
Wie finde ich als Projektwerber meinen zuständigen Standortanwalt?
Projektwerber finden Ihre Ansprechpartner in der Wirtschaftskammerorganisation in der Kontaktliste aller Standortanwälte.
Zielsetzung
- Der Standortanwalt bringt in das UVP-Verfahren fachkundig jene öffentlichen Interessen ein, die für die Realisierung eines Vorhabens sprechen.
- „Öffentliche Interessen“, die für ein Projekt sprechen, sind zB verbesserte Infrastruktur und die wirtschaftliche Entwicklung in einer Region, Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen, die Versorgungssicherheit, das Steueraufkommen, aber zB auch die Verkehrssicherheit.
- Der Standortanwalt trägt zu einer ausgeglicheneren Interessenabwägung bei und unterstützt das Projekt.
Gesetzlicher Auftrag
- In welchen Verfahren kommt der Standortanwalt zum Einsatz?
Bei Projekten, die nach dem UVP-G genehmigungspflichtig sind (inkl. Änderungsverfahren, aber nicht: Feststellungsverfahren) - Was vertritt er?
Die öffentlichen Interessen, die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechen - Welche rechtlichen Mittel stehen ihm zur Verfügung?
Parteistellung im UVP-Verfahren, Beschwerde- und Revisionsrecht, gepaart mit seiner Fachkompetenz (z.B. volkswirtschaftliche Expertise)
Bei welchen Verfahren kommt der Standortanwalt zum Einsatz?
- Bei UVP-Genehmigungsverfahren (inkl. Änderungsverfahren), bei denen die Abwägung öffentlicher Interessen bei der Genehmigung entscheidungsrelevant ist.
- Nicht im Feststellungsverfahren (Grund: Es findet keine Interessenabwägung statt)
Wichtigsten Rechte des Standortanwalts im UVP-Genehmigungsverfahren
- Der Standortanwalt ist berechtigt, die öffentlichen Interessen, die für das Vorhaben sprechen, als Partei geltend zu machen.
- Recht auf Akteneinsicht; erfasst alle Unterlagen, die für die Wahrnehmung der Parteistellung erforderlich sind.
- Der Standortanwalt kann innerhalb der öffentlichen Auflage des Vorhabens zum Projekt und zur Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) Stellung nehmen.
- Er hat ein Stellungnahmerecht zum Umweltverträglichkeitsgutachten (UVGA). Das UVGA ist dem Standortanwalt von der Behörde unverzüglich zu übermitteln. Die Behörde hat sich mit seiner Stellungnahme im UVGA fachlich auseinanderzusetzen.
- Mündliche Verhandlung: Der Standortanwalt ist von der Behörde beizuziehen und hat Parteiengehör (d.h. er kann auch mündl. eine Stellungnahme in der Verhandlung abgeben).
- Die Stellungnahme des Standortanwalts ist in der Entscheidung der Behörde zu berücksichtigen. Sie muss es genau begründen, falls sie andere Interessen höher bewertet.
- Der Standortanwalt hat das Recht auf Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid an das BVwG sowie das Recht auf Revision an den VwGH.
- Wie der Umweltanwalt ist auch der Standortanwalt berechtigt, aber nicht verpflichtet, seine Parteistellung geltend zu machen
Nimmt der Standortanwalt auch zu sonstigen Genehmigungsthemen Stellung?
- Der Standortanwalt nimmt nur die öffentlichen Interessen wahr, die für eine Genehmigung sprechen.
- Seine Stellungnahme ist somit auf die Darstellung der öffentlichen Interessen fokussiert, die für die Verwirklichung eines Vorhabens sprechen. Damit unterscheidet er sich vom Umweltanwalt, der zum gesamten Spektrum der umweltrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen Stellung nimmt.
Kann es zu einem Interessenkonflikt zwischen Standortanwalt und Projektwerber kommen?
- Nein. Der Standortanwalt hat nur das Recht, die öffentlichen Interessen, die für die Realisierung eines Vorhabens sprechen, im Verfahren geltend zu machen.
- Damit kann er niemals in einen Interessenkonflikt mit dem Projektwerber geraten.
Muss der Projektwerber die Kosten des Standortanwalts tragen?
- Nein, weder Projektwerber noch Steuerzahler tragen die Kosten des Standortanwalts.
Wer ist Standortanwalt?
- Als Standortanwalt wird die Wirtschaftskammer des jeweiligen Bundeslands tätig.
- Örtlich zuständig ist die Wirtschaftskammer jenes Bundeslands, in dem das Vorhaben Auswirkungen auf das Land als Wirtschaftsstandort hat.
- Bei Projekten, die Bundesländergrenzen überschreiten, können auch mehrere Standortanwälte tätig werden (Analogie zum Umweltanwalt).
Warum Wirtschaftskammern als Standortanwälte?
- Keine neue Einrichtung erforderlich
- Nutzung vorhandener Strukturen
- Nutzung von vorhandenem Know-how und Expertise
- Kompetenz zur Darstellung volkswirtschaftlicher und standortpolitischer Interessen
- Keine zusätzlichen Kosten für Projektwerber oder Steuerzahler.
Ab wann kann der Standortanwalt tätig werden?
- Ab dem 1. Juli 2019 kann sich der Standortanwalt an UVP-Genehmigungsverfahren als Partei beteiligen, zu denen der Genehmigungsantrag ab dem 1. Dezember 2018 gestellt worden ist.
Conclusio
Der Standortanwalt
- verbessert die Balance der Interessen im Genehmigungsverfahren,
- ist Fürsprecher des Projekts aus dem Blickwinkel öffentlicher Interessen,
- kann niemals gegen ein Projekt sprechen, sondern nur „Pro-Interessen“ geltend machen (kann somit nicht in Interessenkonflikt mit Projektwerber geraten),
- bringt volkswirtschaftliche Expertise ins Verfahren ein,
- verursacht keine zusätzlichen Verfahrenskosten,
- verzögert Verfahren nicht, Behörde kann auf seine Expertise zurückgreifen,
- unterstützt die Genehmigungsbehörde bei ihrer Aufgabe der Interessenabwägung,
- tritt nicht an die Stelle des Projektwerbers. Dessen Rechte und Aufgaben bleiben unvermindert aufrecht.
Kontaktaufnahme mit dem Standortanwalt
Bei Interesse und einem entsprechenden UVP-pflichtigen Projekt (d.h., wenn absehbar ist, dass eine Interessenabwägung für die Genehmigung entscheidungsrelevant sein kann), empfiehlt es sich, wenn der Projektwerber mit dem Standortanwalt Kontakt aufnimmt.
Feststellungsverfahren dienen der Klärung der Frage, ob ein Vorhaben UVP-pflichtig ist oder nicht.
Stand: 23.12.2024