Zwei Personen stehen in einem Raum dicht nebeneinander. Die linke Person hält mit der rechten Hand einen aufgeklappten Laptop. Auf den Bildschirm des Laptops deutet die rechte Person mit einem länglichen Gegenstand
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Die Selbstanzeige

Eine Möglichkeit der Strafbefreiung bei Verfehlungen im Zollbereich

Lesedauer: 4 Minuten

Die Möglichkeiten sind vielfältig, wann ein außenhandelsorientiertes Unternehmen bzw. dessen Mitarbeiter mit dem Finanzstrafgesetz in Kontakt kommen können. 

Die Globalisierung der österreichischen Wirtschaft führte auch zu einer ständig steigenden Zahl von grenzüberschreitenden Warenbewegungen. Geschäfte mit Drittländern sind leider nicht so einfach abzuwickeln wie Warenbewegungen innerhalb der EU. Die Anforderungen an Unternehmen sind größer und erfordern auch spezielles Wissen. Beispielsweise das Zollrecht der Europäischen Union. Allein die Aussage, dass man ohnedies einen Spediteur beauftragt, der „alles“ erledigt, ist ein Zeichen einer gewissen Sorglosigkeit, um nicht zu sagen Fahrlässigkeit. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist nicht nur besser, sondern unabdingbare Notwendigkeit! 

Beachten Sie bitte, dass ein Dienstleister (Spediteur) nur die Erledigungen vornehmen kann, für die er beauftragt wird und auch ALLE notwendigen erforderlichen Informationen erhält. Beispielsweise wäre das österreichische Unternehmen, das Ware aus Österreich einem türkischen Unternehmen zur Verfügung stellt, um daraus ein Endprodukt anfertigen zu lassen. Das Unternehmen liefert die Vormaterialien mit Warenverkehrsbescheinigung A.TR in die Türkei. Bei der Einfuhr des Endproduktes nach Österreich wird gleichfalls eine in der Türkei ausgestellte Warenverkehrsbescheinigung A.TR und die Rechnung für die Verarbeitung des beigestellten Vormaterials der Verzollung zu Grunde gelegt. Da die Ausfuhr aus dem freien Verkehr und nicht in einem besonderen Zollverfahren erfolgte, hätte bei der Wiedereinfuhr nach Österreich das beigestellte Vormaterial bei der Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer Berücksichtigung finden müssen. Es wurde aber lediglich das Entgelt für die Verarbeitung der Vormaterialien der „Verzollung“ zu Grunde gelegt, da der Spediteur nur die Rechnung aus der Türkei erhält und eine Mitteilung des österreichischen Importeurs über das Vormaterial unterblieb.  Das bewirkte eine Verkürzung der Einfuhrumsatzsteuer. Im Zuge einer Außenprüfung wurde der Prüfer auf diesen Umstand aufmerksam, was finanzstrafrechtliche Erhebungen zur Folge hatte. Die Rechtfertigung des betroffenen Unternehmens war doch eher unbeholfen: „Die Ware ist ohnedies zollfrei, wir sind zum Vorsteuerabzug berechtigt, also ist die angebliche Verkürzung ohne Auswirkungen. Außerdem habe ich ja einen Spediteur, der muss das ja wissen.“ Das mag zwar logisch klingen, ist es aber nicht. Der Spediteur muss in diesem Fall zumindest Hellseher sein. 

Jeder Spediteur, der Importeure in Zollangelegenheiten vertritt, kann nur die Angaben in der Zollanmeldung verwenden, die ihm sein Auftraggeber zur Verfügung stellt. Je detaillierter die Angaben sind, umso sicherer können die Auftraggeber vor Nachforderungen und finanzstrafrechtlichen Konsequenzen sein. Der Spediteur als Dienstleister kennt zwar die Risiken, kann sich aber im Massengeschäft der Zollabfertigung die entscheidenden Details im Hinblick auf zollrelevante Faktoren bei der Preisbildung nicht aneignen, da dies die Kosten für die Zollabfertigung übersteigen würde. So sind dem Spediteur als Vertreter bei der Abgabe der Zollanmeldung preisbeeinflussende Faktoren unbedingt bekannt zu geben. Neben den Beistellungen können dies Hinzurechnungskosten sein, die nicht im Kaufpreis enthalten sind.

Beispielsweise Kosten für Vertriebsrechte, Beteiligungen an Verkaufserlösen, Preisbeeinflussung durch Verbundenheit von Verkäufer und Käufer, Veredelungsvorgänge durch Dritte, die nicht auf der Importrechnung aufscheinen und gesondert in Rechnung gestellt werden oder Lizenzen für Patente sein. Aber auch eine unzureichende Beschreibung der Importware, kann zu einer Zuordnung zu einer falschen „Zolltarifnummer“ führen.

Wenn die Zollverwaltung Fehler in der Zollanmeldung bei nachträglichen Prüfungen oder im Rahmen einer Buchprüfung erkennt und diese auch nachweisbar sind, so hat der Importeur mit einem Finanzstrafverfahren zu rechnen.  

Wenn jedoch das importierende Unternehmen die Fehler selbst erkennt, so besteht die Möglichkeit der Selbstanzeige, die gemäß §29 Finanzstrafgesetz auch strafbefreiende Wirkung hat. Allerdings sind die formalen Erfordernisse zwingend einzuhalten.

Welche Inhalte muss die Selbstanzeige ausweisen?

  1. Strafbefreiende Wirkung tritt nicht ein, wenn die Selbstanzeige an die falsche oder unzuständige Behörde gerichtet wird. Wenn es eine Zollanmeldung betrifft, so ist selbstverständlich das Zollamt Österreich die zuständige Behörde. 
    » Die Adressen der Zollstellen 

  2. Die Entrichtung des verkürzten bzw. nicht abgeführten Abgabenbetrages muss binnen eines Monats erfolgen. Diese Frist beginnt bei selbst berechneten Abgaben mit dem Datum der Selbstanzeige zu laufen. Der Behörde sind auch in der Selbstanzeige alle Umstände offen zu legen, die zur Abgabenverkürzung führten. Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Behörde über Maßnahmen zu informieren, die gesetzt werden, damit ein derartiger Vorfall sich nicht wiederholen kann. 

  3. Die Straffreiheit tritt dann nicht ein, wenn bereits Verfolgungshandlungen gesetzt wurden.  Falls eine Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen erfolgt, so hat diese schon zu Beginn der Amtshandlungen zu erfolgen. Eine während der Amtshandlung erfolgte Selbstanzeige ist wirkungslos. 

  4. Die Selbstanzeige wirkt nur für die Person, die in der Anzeige auch genannt werden. Wenn nun ein Spediteur an dem Vergehen beteiligt war, so muss er auch in der Anzeige aufscheinen. Ohne Nennung der beteiligten Personen wirkt sie nur für denjenigen, der die Anzeige verfasste oder verfassen ließ. Wenn die Selbstanzeige sowohl für eine juristische Person (z.B. GmbH) als auch die Person anderer Tatbeteiligter (beispielsweise Sachbearbeiter) abgegeben, tritt die strafbefreiende Wirkung für alle Personen nur dann ein, wenn in der Anzeige selbst deutlich hervorgeht, dass die Selbstanzeige für diese gilt. Die bloße Beschreibung des Tatvorganges ist nicht ausreichend. Es muss explizit die Strafbefreiung unter Nennung des Namens für alle beteiligten Personen beantragt werden.

Entsprechendes zollrechtliches Wissen und die Kenntnis der Elemente des grenzüberschreitenden Außenhandels hilft auch Selbstanzeigen zu verhindern.

Stand: 29.05.2024

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