Detailansicht Euroscheine und -münzen auf Dokumenten liegend, daneben Taschenrechner und Kugelschreiber
© zerbor | stock.adobe.com

Liquiditätsplanung und –sicherung

Zahlungsfähig bleiben in wirtschaftlich unsicheren Zeiten

Lesedauer: 3 Minuten

09.01.2024

Lesen Sie hier, wie Sie rasch eine Einschätzung zu ihrer Liquidität bekommen, welche Handlungsmöglichkeiten es gibt und was im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit zu beachten ist.

Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über den aktuellen Stand

  • Welche Reserven sind vorhanden? In Form von Bankguthaben, Bargeld oder der Möglichkeit, das Bankkonto (noch weiter) zu überziehen?
  • Mit welchen Einnahmen können Sie bis zum Jahresende rechnen?
  • Können Sie Ihren Standard-Businessplan übernehmen oder sind Korrekturen nötig?
  • Hatte die Krise Einfluss auf Ihre Kundschaft und deren Zahlungsverhalten?
  • Müssen Zahlungsziele an Kundinnen und Kunden verlängert werden bzw. sind manche Forderungen ganz oder teilweise uneinbringlich?
  • Welche Ausgaben fallen an?
  • Welche Betriebsausgaben müssen zu welchen Zeitpunkten getätigt werden?
  • An welchen Terminen sind Zahlungen an die Bank und Versicherungen fällig (monatlich? vierteljährlich? halbjährlich?).
  • Wann laufen Stundungen des Finanzamtes, der Sozialversicherung ab?
  • Behalten Sie erteilte Daueraufträge und Bankeinzüge im Auge!
  • Haben Sie Geschäftsausgaben mit Kreditkarte bezahlt? Welche Belastung kommt aus Vormonaten auf Sie zu?
  • Vergessen Sie nicht auf die fällige Umsatzsteuer bzw. lohnabhängige Abgaben und Beiträge der vergangenen Monate!
  • Denken Sie an Sonderzahlungen für Mitarbeiter:innen und die damit verbundenen höheren Kosten!

Überlegen Sie ihre Handlungsmöglichkeiten

Analysieren Sie Ihr Geschäftsmodell: Hat die Krise Impulse für neue Einnahmequellen (z.B. neue Vertriebswege oder Webshop) gebracht, die Sie langfristig beibehalten und/oder ausbauen können und die dazu beitragen, Ihre Liquidität zu erhöhen? 

Welche (säumigen) Kundinnen und Kunden sind zu kontaktieren?

Adaptierung der Finanzierung

  • Sind bestehende Finanzierungen hinsichtlich Laufzeit und Kostenbelastung optimal ausgerichtet?
  • Gibt es die Möglichkeit der Zwischenfinanzierung?
  • Für welchen Zeitraum würde eine Zwischenfinanzierung Sinn machen? 

Welche Ausgaben können gekürzt oder eingespart werden?

  • Überprüfen Sie Ihre Betriebsausgaben, vor allem dann, wenn sich die Auslastung verschlechtert hat?
  • Verhandeln Sie mit Ihren Vermietern/Verpächtern über ein mögliches Entgegenkommen, wenn abzusehen ist, dass sich die Auslastung Ihres Betriebs langfristig verschlechtert.
  • Erstellen Sie in Übereinstimmung mit den Stundungsträgern (Finanzamt, Gesundheitskasse, Bank etc.) einen Rückzahlungsplan für die während des Lockdowns gestundeten Beträge.
  • Passen Sie Ihre Investitionsplanung an die geänderten Rahmenbedingungen an.
  • Kann die Liquidität durch Beihilfen, Zuschüsse etc. verbessert werden? Informieren Sie sich über die entsprechenden Fördervoraussetzungen.
  • Können Privatentnahmen im bisherigen Umfang getätigt werden oder sind Einsparungen notwendig?
  • Suchen Sie bei Finanzamt und Sozialversicherung der Selbständigen um Herabsetzung der Vorauszahlungen an, wenn sich die Ergebnissituation wesentlich verschlechtert.

Beachten Sie: Stundung bedeutet nur eine Verschiebung der Zahlung auf einen späteren Zeitpunkt! 

Das gilt es bei Liquiditätsproblemen besonders zu beachten

Zeigt Ihre Liquiditätsplanung für die kommenden Monate eine Unterdeckung, müssen Sie rechtzeitig gegensteuern!

  • Nehmen Sie Kontakt mit Ihrem/Ihrer Bilanzbuchhalter/in oder Steuerberater/in auf!
  • Sprechen Sie mit Ihrer Bank über eine Ausweitung des Dispositionsrahmens, Zins- und Tilgungsfreistellungen, eine Verlängerung der Kreditlaufzeit, ev. auch über die Möglichkeit, einen Überbrückungskredit aufzunehmen.
  • Holen Sie sich Unterstützung durch eine/n spezialisierte/n Unternehmensberater/in.

Erstellen Sie eine Liste Ihrer Handlungsoptionen:

  • Einbringung ausstehender Forderungen – konsequentes Mahnwesen, Kontaktaufnahme mit säumiger Kundschaft.
  • Vereinbaren Sie längere Zahlungsziele mit Lieferanten; versuchen Sie, die Fälligkeit in Monate mit Liquiditätsüberschuss zu verlagern!
  • Reduzieren Sie die Einkaufsmenge und passen Sie die Lagerbestände an!
  • Nicht betriebsnotwendiges Vermögen verkaufen, Sale & Lease-Back-Vereinbarungen treffen (z.B. Liegenschaft verkaufen und wieder zurück leasen)
  • Setzen Sie private Mittel zur Liquiditätsbeschaffung ein (z. B. Rückgriff auf Sparbücher, Verpfändung von Wertpapieren)
    Liquidität von Dritter Seite besorgen (Familie, Freunde, Verwandte, etc.)

Weitere Unterstützung bieten folgende Services der Wirtschaftskammern:

  • Berechnen Sie mit dem speziell für EPU konzipierten Online-Tool Liquiditätspolster wie lange Ihr Unternehmen liquide bleibt, wenn Ihr Umsatz auf Null sinkt.
  • Erstellen Sie eine Prognose für das laufende Jahr – das xls-Tool Zahlen im Griff ermöglicht die Darstellung verschiedener Szenarien im Bereich Umsatz, Kosten und Gewinn.
  • Einen Überblick über Zuschüsse und das Unterstützungsangebot und die gezielte Suche nach einer passenden Förderung finden Sie hier.
  • Die Vorlage Verbindlichkeiten-Aufstellung unterstützt Sie und ev. hinzugezogene spezialisierten Unternehmensberater/innen dabei rasch einen Überblick über offenen Verbindlichkeiten und Forderungen zu erhalten. 

Das sollten Sie im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit beachten

Fallen Verhandlungen mit der Bank negativ aus, droht Zahlungsunfähigkeit und das Unternehmen steht kurz vor der Insolvenz. Bei Erkennen der Zahlungsunfähigkeit müssen Unternehmen spätestens nach 60 Tagen den Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens beim Landesgericht einbringen. Die Vermögensgegenstände müssen nun zumeist bereits nach Zerschlagungsgesichtspunkten bewertet werden.

Aktionismus oder Panik sind nicht angebracht! Bewahren Sie Ruhe, versuchen Sie zunächst, Ihr Geschäftsmodell zu verändern und (auch mit externer Hilfe) an die neue Situation anzupassen. Scheuen Sie sich nicht, alles zu hinterfragen – brechen Sie mit Traditionen und nehmen Sie auch schmerzliche Einschnitte in Kauf. Stellen Sie nicht zuletzt ihr persönliches Interesse, den Betrieb unter den neuen Rahmenbedingungen weiterzuführen, auf den Prüfstand.

Nur wenn alle Möglichkeit ausgeschöpft sind und sich keine Lösung abzeichnet, ist ein Sanierungsverfahren vorbereitend einzuleiten!

» Mehr dazu unter Insolvenzrecht - WKO.at