
Rückforderung irrtümlicher Zahlungen
Bereicherung - Rückzahlungsanspruch - Geltendmachung - Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen
Lesedauer: 3 Minuten
Irrtümliche Zahlung
Hat der/die Arbeitgeber:in irrtümlich ein höheres Bruttoentgelt ausgezahlt, als er aufgrund
- der gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen oder
- des Arbeitsvertrages
zu leisten hätte, ist der/die Arbeitnehmer:in zu Unrecht bereichert.
Eine solche Bereicherung des/der Arbeitnehmers:in führt nicht in jedem Fall zu einem Rückzahlungsanspruch des/der Arbeitgebers:in.
Rückzahlungsanspruch
Der Rückzahlungsanspruch des/der Arbeitgebers:in ist nach herrschender Rechtsprechung nur dann gegeben, wenn der/die Arbeitnehmer:in die finanzielle Leistung nicht im guten Glauben erhalten hat.
Gutgläubigkeit liegt nur dann nicht vor, wenn der/die Arbeitnehmer:in bei objektiver Beurteilung Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zahlungen haben musste. Eine ausführliche Prüfung der Richtigkeit seiner Bezüge muss der/die Arbeitnehmer:in nicht vornehmen.
Im Streitfall hat der/der Arbeitgeber:in die Beweislast zu tragen. Er muss die Umstände für das Nichtvorliegen der Gutgläubigkeit und damit die Unredlichkeit des/der Arbeitnehmers:in behaupten und beweisen. Insbesondere muss er nachweisen, dass der Überbezug dem/der Arbeitnehmer:in aufgefallen ist oder ihm auffallen hätte müssen.
Je komplizierter und intransparenter ein Abrechnungssystem ist, umso schwerer ist ein Abrechnungsfehler zu erkennen und umso schwerer ist es für den/die Arbeitgeber:in zu beweisen, dass keine Gutgläubigkeit des/der Arbeitnehmers:in vorliegt. Die Lohn- und Gehaltszettel sollten dem Transparenzgebot entsprechen und lesbar, übersichtlich und nachvollziehbar sein, widrigenfalls ein gutgläubiger Verbrauch eintreten kann.
Beispiel 1:
Es ist ein Monatsgehalt von € 1.200,-- brutto vereinbart. Irrtümlich zahlt der/die Arbeitgeber:in einmalig ein Gehalt von € 2.000,-- brutto aus. Der/die Arbeitnehmer:in ist um den Differenzbetrag von € 800,-- brutto bereichert. Eine solche gravierende Überschreitung des regelmäßig gewährten Monatsgehaltes fällt leicht auf. Der/die Arbeitnehmer:in ist nicht gutgläubig und daher verpflichtet, den Überbezug von € 800,-- brutto zurückzuzahlen.
Beispiel 2:
Der/die Arbeitnehmer:in erhält aufgrund eines Abbuchungsfehlers die Urlaubsbeihilfe vom Arbeitgeber doppelt auf sein Konto überwiesen. Der/die Arbeitnehmer:in ist um eine Sonderzahlung bereichert. Im Betrieb ist allgemein bekannt, dass im Sommer nur eine Sonderzahlung ausbezahlt wird. Der/die Arbeitnehmer:in ist nicht gutgläubig und verpflichtet, die doppelt, also zu viel bezogene Urlaubsbeihilfe zurückzuzahlen.
Beispiel 3:
Der/die Arbeitnehmer:in hat Anspruch auf Provisionen für Verkäufe auf einer Messe in Höhe von € 420,75. Aufgrund eines Rechenfehlers in der Buchhaltung erhält er € 454,36 ausgezahlt. Er ist um € 33,61 bereichert. Der/die Arbeitnehmer:in ist nur sporadisch auf Messen tätig und kennt sich in der komplizierten Provisionsregelung nicht so genau aus. Ihm kommt der Betrag von € 454,36 plausibel vor. Der/die Arbeitnehmer:in ist gutgläubig und nicht verpflichtet, das zu viel bezogene Provisionsentgelt zurückzuzahlen.
Geltendmachung des Anspruches - Vorgehensweise
Der/die Arbeitgeber:in sollte seinen Anspruch auf Rückerstattung des unberechtigt bezogenen Entgeltes mit einem Forderungsschreiben an den/die Arbeitnehmer:in geltend machen. Dabei wäre an den/die Arbeitnehmer:in die Aufforderung zu richten, den irrtümlich erhaltenen Mehrbetrag binnen einer bestimmten Frist zurückzuerstatten. Für den Fall der Missachtung dieses Ersuchens kann in diesem Schreiben auf die Möglichkeit einer Klage und der sich daraus ergebenden Verfahrenskosten hingewiesen werden.
Tipp!
Gibt es Unklarheiten über einen Rechtsanspruch oder die Höhe einer vom Arbeitnehmer verlangten Zahlung, sollten finanzielle Leistungen vom Arbeitgeber unter einem schriftlichen Rückforderungsvorbehalt ausbezahlt werden.
Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen
Im Falle zu wenig abgezogener Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen kann das Abzugsrecht des/der Arbeitgebers:in nach den Bestimmungen des ASVG spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrages nächstfolgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden.
Beispiel:
Bei der Lohnabrechnung für den Monat April werden zu wenig an Sozialversicherungsbeiträgen abgezogen. Lediglich im Mai kann der fehlende Betrag noch beim Dienstnehmer hereingebracht werden.
Ausgenommen von obiger Bestimmung sind Entgeltnachzahlungen z.B. aufgrund eines Vergleichs oder Fälle, in denen eine zu geringe Beitragsabfuhr ohne Verschulden des Arbeitgebers erfolgte.
Leichte Fahrlässigkeit des/der Arbeitgebers:in gilt als Verschulden! Ebenso wird ein Verschulden des/der beauftragten Angestellten dem/der Arbeitgeber:in zugerechnet.
Verfall und Verjährung des Rückforderungsrechts
Der Rückforderungsanspruch irrtümlich geleisteten Entgelts verjährt nach 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Auszahlung. Hat der/die Arbeitnehmer:in die irrtümliche Zahlung durch List oder Irreführung veranlasst, beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre.
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.01.2025