Kassenrichtlinie 2012
Infos für Unternehmen
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Achtung: Mit Implementierung und Inbetriebnahme des Manipulationsschutzes lt. Registrierkassensicherheitsverordnung (RKSV) per 1.4.2017 in den Kassensystemen, gilt die Kassenrichtlinie 2012 insoweit, als sie der RKSV bzw dem Erlass des Bundesministeriums zur Einzelaufzeichnungs-, Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht nicht widerspricht.
Bis zur Umsetzung der Registrierkassensicherheitsverordnung galt noch die Kassenrichtlinie 2012 mit folgenden Bestimmungen:
Das Bundesministerium für Finanzen hat mit einem am 28. Dezember 2011 veröffentlichten Erlass (BMF-010102/0007-IV/2/2011 – „Kassenrichtlinie“) klargestellt, welche Registrierkassen und Kassensysteme ordnungsgemäß sind. Durch diese einheitliche Regelung soll die Rechtssicherheit für Unternehmer, Kassenanbieter und -hersteller erhöht werden. Die dieser Richtlinie zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften werden damit nur präzisiert und nicht geändert.
In der Kassenrichtlinie werden neben den rechtlichen Rahmenbedingungen, die verschiedenen Arten von Registrierkassen und Kassensystemen typisiert und es wird näher beschrieben, welche Grundaufzeichnungen zu führen sind und welche Daten in welcher Form erfasst, aufgezeichnet und aufbewahrt werden sollen. Weiters wird dargestellt, welche sonstigen Kriterien bei der Nutzung von Registrierkassen und Kassensystemen zu beachten sind, um die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit zu erfüllen. Mit dieser Richtlinie soll von den Unternehmen nun leichter beurteilt werden können, ob und inwieweit die jeweilige Kasse und die dazugehörigen Aufzeichnungen im Einzelfall ordnungsgemäß sind. Eine Zertifizierung einzelner Kassentypen oder bestimmter Kassen durch das Finanzministerium ist nicht vorgesehen.
In der Richtlinie werden insbesondere auch freiwillige Maßnahmen des Unternehmers dargestellt, die die Qualität der Nachprüfbarkeit und Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Losungsermittlung erhöhen (z.B. freiwillige Belegerteilung).
Seit 1.1.2016 besteht in Österreich die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht
Unter der Registrierkassenpflicht versteht man die Verpflichtung, alle Bareinnahmen zum Zweck der Losungsermittlung mit elektronischer Registrierkasse, Kassensystem oder sonstigem elektronischen Aufzeichnungssystem einzeln zu erfassen.
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Infoseite zur Registrierkassen und Belegerteilungspflicht.
Welche Voraussetzungen muss die Registrierkasse zwischen 1. Jänner 2016 und 1. April 2017 erfüllen?
Ab 1. Jänner 2016 muss der Unternehmer eine Registrierkasse führen, die den Vorgaben der Kassenrichtlinie entspricht, seine Bareinnahmen mit dieser erfassen und Belege ausstellen, die den Anforderungen des § 132a BAO entsprechen.
Ab 1. April 2017 muss die Registrierkasse mit einer technischen Sicherheitseinrichtung versehen sein. Die Details werden in einer technischen Verordnung (Registrierkassensicherheitsverordnung (RKSV) und ihren Detailspezifikationen) näher geregelt.
Wann sind Aufzeichnungen gem. der Kassenrichtlinie ordnungsgemäß?
Bei der Nutzung von Registrierkassen und Kassensystemen sind im Bereich der Grundaufzeichnungen und der Losungsermittlung eine Reihe von Vorschriften zu beachten (§§ 131 und 132 BAO: Grundsätze der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bei der Führung von Büchern, Aufzeichnungen und der Erfassung von Geschäftsvorfällen).
Bei der maschinellen oder der Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen mittels Datenträger durch Registrierkassen oder PC-Kassensystemen sind unter anderem folgende Grundsätze zu beachten:
- Unterlagen, die für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind, sind aufzubewahren und in entsprechender Form vorzulegen. Diese Unterlagen (wie z.B. Durchschriften von Rechnungsbelegen) können auch in elektronischer Form gespeichert werden.
- Bücher und Aufzeichnungen (gemäß §§ 124 oder 125 BAO) müssen einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle vermitteln können.
- Eintragungen sollen der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden.
- Alle Bareingänge und Barausgänge in den Büchern oder diesen zu Grunde liegenden Grundaufzeichnungen sollen täglich einzeln festgehalten werden. Sind Abgabenpflichtige dazu verpflichtet Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aufzuzeichnen, sollen alle Bareinnahmen und Barausgaben einzeln festgehalten werden.
- Werden Datenträger verwendet, sollen Eintragungen oder Aufzeichnungen nicht in einer Weise verändert werden können, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr ersichtlich ist (elektronisches Radierverbot). Außerdem muss die inhaltsgleiche, vollständige und geordnete Wiedergabe bis zum Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit gewährleistet sein.
- Geschäftsvorfälle sollen vollständig, richtig und lückenlos erfasst werden. Eine Überprüfung durch die Protokollierung der Datenerfassung sowie nachträglicher Änderungen soll möglich sein.
- Summenbildungen sollen nachvollziehbar sein.
- Werden Eintragungen in elektronischer Form vorgenommen, muss der Abgabenpflichtige Hilfsmittel zur Lesbarkeit der Unterlagen zur Verfügung stellen. Werden dauerhafte Wiedergaben erstellt, so sind diese auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.
Maßgeblich ist jedenfalls das Vorhandensein einer Einrichtung nach § 131 Abs 2 und 3 BAO (darunter sind jene Kassen zu verstehen, die hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit, insbesondere der Überprüfungsmöglichkeit den gesetzlichen Anforderungen der BAO entsprechen.), da nur eine derartige Einrichtung zur Sicherung der vollständigen und richtigen Erfassung und Wiedergabe sowie zum leichten und sicheren Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle geeignet ist. Die äußere Gestaltung dieser Einrichtung liegt grundsätzlich beim Steuerpflichtigen.
Was sind die Folgen von nicht ordnungsgemäßen Aufzeichnungen?
Entsprechen Bücher, Aufzeichnungen und Kassensysteme den Formvorschriften, ist die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit gegeben und dienen diese Aufzeichnungen als Basis für die Erhebung der Abgaben.
Liegt ein geringer formeller Mangel vor, wenn beispielsweise das Tagesergebnis bei der Tagesabrechnung einem falschen Tag (Vortag) zugeordnet wird, ist dieser unerheblich.
Wird hingegen durch einen formellen Mangel die sachliche Richtigkeit von Büchern und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen sein, werden die Grundlagen für die Abgabenerhebung von der Behörde geschätzt.
Ein gravierender formeller Mangel liegt beispielsweise vor, wenn aufgrund einer fehlenden Nummerierung, die der Dokumentation der vollständigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle dient, eine Vollständigkeit nicht mehr nachgewiesen werden kann. Gleiches gilt auch bei einer Vielzahl an geringen Mängeln.
Die verschiedenen Typen von Kassen gem. Kassenrichtlinie:
Bei Registrierkassen und PC-Kassensystemen werden die nachfolgenden Typen unterschieden:
Kasse Typ 1 – mechanische Registrierkassen
Es handelt sich um ältere, numerisch druckende Registrierkassen ohne Elektronik, Datenträger und Speicher, die laufend einen Journalstreifen anfertigen.
Kasse Typ 2 - einfache, elektronische Registrierkassen
(Nicht darunter fallen Kassen- oder Kassensysteme, die es ermöglichen, die Inhalte der Tagesabschlussbons, des GT-Speicherstandes, der Berichte oder des elektronischen Journals in nicht der Wahrheit entsprechender Weise zu erstellen, nachträglich zu verändern oder frei zu gestalten)
Es handelt sich um einfache, kostengünstige, elektronische Registrierkassen mit meist fixer Programmierung, die idR nicht mit einem eigenen Betriebssystem ausgestattet sind und üblicherweise die Geschäftsvorfälle mittels Datenspeicherung (idR in festen Strukturen in batteriegepuffertem RAM oder Flash-Speicher) festhalten. Diese Kassen besitzen nur geringe Speicherkapazität, zeichnen mittels Summenspeicher auf und verfügen meist über ein elektronisches Journal. Folgende Subtypen werden unterteilt:
- Typ 2a - mit Bondruck und Journaldruck (2 Rollen), ohne Schnittstelle zum Datenexport
- Typ 2b - mit Bondruck (1 Rolle) und elektronischem Journal unter begrenzten Speicherverhältnissen, ohne Schnittstelle für den Datenexport
- Typ 2c - mit Bondruck (1 Rolle) und elektronischem Journal unter begrenzten Speicherverhältnissen mit Schnittstelle für den Datenexport auf einen externen Datenträger über einen PC unter Anwendung einer speziellen Übertragungssoftware
- Typ 2d - mit Bondruck (1 Rolle) und elektronischem Journal unter begrenzten Speicherverhältnissen mit Schnittstelle für den unmittelbaren Datenexport auf einen externen Datenträger
Die Kassen-Typen 2a und 2b entsprechen nach der Kassenrichtlinie nicht den Anforderungen der Ordnungsmäßigkeit nach § 131 BAO, weil das Erfordernis der Datenvorlage zur umfassenden Prüfbarkeit und Kontrollfähigkeit bei Steueraufsichtsmaßnahmen nicht gegeben ist.
Kasse Typ 3 - Kassensysteme bzw PC-Kassen
Das sind Kassensysteme, die meistens über ein eigenes Betriebssystem verfügen (so genannte „proprietäre Kassensysteme“) und die Geschäftsvorfälle mittels Datenspeicherung in komplexeren Strukturen als bloßen Summenspeichern festhalten sowie PC-Kassen mit eigenem, handelsüblichen Betriebssystem, die im Regelfall mittels auf Datenbanken basierender Software die Geschäftsvorfälle permanent festhalten.
Empfohlen wird, dass vom Kassenhersteller oder –programmierer folgende Punkte schriftlich vorgelegt werden:
- Durch welche technischen und logischen Gegebenheiten wird die vollständige und richtige Erfassung und Wiedergabe sichergestellt.
- Wie kann der Nachweis der vollständigen und richtigen Erfassung aller Geschäftsvorfälle geführt werden.
- Zu welchem Kassentyp gehört die Kasse.
Die Dokumentationsgrundlagen
Die Erfassung der „Geschäftsvorfälle“ (Bei Geschäftsvorfällen handelt es sich in der Regel um Ereignisse im Geschäftsbetrieb, die mit der Ersterfassung der Auftragsposition (z.B. Artikelscan an der Kassa) beginnen und in deren Rahmen üblicherweise ein geldwerter Leistungsaustausch zwischen dem Unternehmer und dem Kunden stattfindet. Aber auch Aufzeichnungen über Ereignisse, die letztendlich keinen abgeschlossenen Geschäftsvorfall bewirken wie z.B. Stornos und Preisabfragen sind aufzubewahren) und deren Vollständigkeit und Richtigkeit sind durch Ausdrucke und elektronische Daten zu dokumentieren. Ausdrucke sollen üblicherweise im Original vorgelegt werden, Daten sind über Verlangen jederzeit vor Ort in Datenform vorzulegen.
Den Kassentypen entsprechend sollen folgende Dokumentationsgrundlagen zur Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle vorhanden sein:
Bei Kassen Typ 1:
- Journalstreifen (Ausdrucke): Die Kontrollpapierstreifen sollen bei der Rechnungserstellung die fortlaufende Nummer des Geschäftsvorfalles und das Datum mitprotokollieren.
Bei Kassen Typ 2:
- Elektronisches Journal (Daten): Eine Protokolldatei läuft im Speicher mit und dokumentiert mit Rechnungserstellung die Geschäftsvorfälle bzw. Transaktionen fortlaufend und chronologisch in Echtzeit. Dabei soll die Rechnungsnummer des Geschäftsvorfalles, dessen Datum und die genaue Uhrzeit, die betraglichen Grundlagen (Produkte, Teilleistungen) sowie der Gesamtbetrag des Geschäftsvorfalles mitprotokolliert werden.
- Tagesabschluss- bzw Tagesendsummenbons (Z-Bons) (Ausdrucke): Die Tagesumsätze werden durch eine Speicherabfrage festgestellt. Der Z-Bon hat eine Vielzahl von Inhalten bzw Einzelmerkmalen aufzuweisen (z.B. Firmenkennung, verkaufte Waren, Umsätze etc.).
- GT-Speicherstände (Ausdrucke): Durch Abfrage des Gesamtsummenspeichers.
Bei Kassen Typ 3:
- Datenerfassungsprotokoll (Daten): Eine Ereignisprotokolldatei läuft mit, in der jeweils fortlaufend chronologisch die Geschäftsvorfälle und deren Grundlagen (z.B. Beträge, verkaufte Produkte) dokumentiert werden. Eine vollständige und richtige Erfassung durch entsprechende Angaben soll jederzeit möglich sein.
- Tagesabschlüsse: Jedenfalls einschließlich Warengruppenbericht, Bedienerbericht und Finanzartenbericht.
Außerdem ist die Verfahrensdokumentation (z.B. Bedienungsanleitung, Handbuch etc.) Grundlage der Prüfbarkeit der Kasse. Dadurch sollen der Inhalt, Aufbau und Ablauf des Abrechnungsverfahrens und der Umfang der tatsächlichen Nutzung von etwaigen Teilprogrammen vollständig ersichtlich sein. Weiters dienen alle im Zuge des Tagesabschlusses oder zu sonstigen Zeitpunkten erzeugten Berichte und Abfragen von abgabenrechtlicher Bedeutung (z.B. Warengruppenbericht, Periodenbericht, Finanzarten-Bericht etc.) Dokumentationszwecken. Auch Belege, die innerbetriebliche Vorgänge dokumentieren, sind aufzubewahren.
Ebenso unterliegen Änderungen der Systemparameter, insbesondere in der Konfiguration der Kasse, Änderungen von Aufzeichnungsgrundlagen (z.B. Personal, Artikel, Preisänderungen) oder sonstige Einstellungsänderungen, die Einfluss auf das Verhalten der Registrierkasse nehmen, der Dokumentationspflicht. Beim Einsatz von mehreren Kassen sollen die einzelnen Kassen und deren Dokumentationsgrundlagen eindeutig identifizierbar sein und Aufzeichnungen über Einsatzorte und –zeiträume geführt werden (Kassenidentifikation und Kasseneinsatzprotokoll).
Ist der Speicher der Registrierkasse ausstattungsbedingt begrenzt und die Gesamtspeicherung aller abgabenrechtlich relevanten Daten (z.B. Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten) nicht möglich, hat eine unveränderbare Speicherung auf einem externen Datenträger zu erfolgen.
Empfehlung
Es empfiehlt sich jedenfalls für den Unternehmer Kontakt mit dem Hersteller bzw. Lieferanten der Registrierkasse bzw. der Kassensoftware aufzunehmen, um sicher zu gehen, dass das im Einsatz befindliche Kassensystem den Anforderungen der Kassenrichtlinie entspricht. Dies erfolgt mit einer sogenannten „E131 Beschreibung“. Das ist eine Stellungnahme, in der der Kassenhersteller oder Kassenprogrammierer folgendes beschreibt:
- durch welche technischen und logischen Gegebenheiten wird die vollständig und richtige Erfassung und Wiedergabe aller Daten im Kassensystem sichergestellt (elektronisches Radierverbot)
- wie wird dieser Nachweis geführt (z.B. durch eine Journalfunktion, die alle Bewegungen speichert)
- zu welchem Kassentyp gehört das Kassensystem (lt. Kassenrichtlinie gibt es 3 Grundtypen)
- welche zusätzlichen technischen Sicherheitsmaßnahmen gibt es (z.B. freiwillige Belegerteilung, Signaturen, etc.)
Tiefgehend technische Beschreibungen der Einzelvorgänge (wie Erläuterungen in Programmsprache) sind nicht erforderlich. Diese E131 Beschreibung ist laut Kassenrichtlinie auch bei unangekündigten Kontrollmaßnahmen durch die Finanzpolizei und im Rahmen von Betriebsprüfungen vorzulegen.
Darüber hinaus haben Inhaber von Kassensystemen jetzt auch die Möglichkeit, diese „E131 Beschreibung“ dem Finanzamt zur Überprüfung auf Ordnungsmäßigkeit vorzulegen. Die Beantwortung stellt aber keine Zertifizierung dar. Sie ist nur eine Auskunft, dass die übermittelte Beschreibung konform zu den Rechtsvorschriften ist und dient dem Nutzer zur Überprüfung seines Systems. Updates oder sonstige Abänderungen von der abgegebenen Beschreibung haben zur Folge, dass die Auskunftserteilung des Finanzamtes keinerlei Bindungsfrist hinsichtlich Vertrauensschutzes nach dem Grundsatz von Treu und Glauben hat.
Die Kassenrichtlinie und die Information über die Auskunftserteilung der „E131 Beschreibung“ sowie ein Muster einer solchen Beschreibung ist auf der BMF-Homepage zu finden.
Stand: 01.02.2024