Zwei Papierschiffchen sind auf einem hellblauen Untergrund platziert, das vordere mit United Kingdom Flagge gefaltet und das hintere mit der Symbolik der Europäischen Union
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Auswirkungen des Brexits auf die Beschäftigung und Entsendung von Arbeitnehmern

Lesedauer: 5 Minuten

1. Längerfristiger und dauerhafter Aufenthalt

Alle jene britische Staatsbürger die 2021 bereits in Österreich lebten, hatten die Möglichkeit den Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ zu beantragen, der für fünf Jahre gültig ist und einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang in Österreich ermöglicht. Der Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts ist damit auch möglich. Für ab 2022 neu ins Land ziehende Briten gelten die allgemeinen Aufenthaltsbestimmungen für Drittstaatsangehörige. Sie benötigen für die dauerhafte Zuwanderung und Arbeitsaufnahme einen gültigen Aufenthaltstitel in Österreich. Mit dem Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte“ kann ohne weitere Bewilligungen eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen werden. Ein Punktesystem legt fest, ob man die Kriterien für die Rot-Weiß-Rot-Karte erfüllt.

2. Kurzfristige Aufenthalte von Geschäftsreisenden, Hochqualifizierte Schlüsselkräfte, Freiberufler, Unternehmensintern transferierte Personen, Entsendungen

Kurzfristige Arbeitsleistungen (Geschäftsreisen, Messeveranstaltungen, Kongresse)

Bestimmte, kurze Geschäftsreisen, die im Handels- und Kooperationsabkommen taxativ aufgezählt sind, können ohne Visum für 90 Tage innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen in Österreich durchgeführt werden. Dazu zählen u.a. die Teilnahme an Sitzungen und Konsultationen, Ausbildungsseminare, der Besuch von Messen und Veranstaltungen, Verkaufsverhandlungen, Beauftragungen oder Montage- und Wartungsarbeiten. Allerdings ist für manche dieser Tätigkeiten trotzdem eine Entsendebewilligung beim AMS zu beantragen.


Beispiel:
Arbeitnehmer mit britischer Staatsangehörigkeit möchten nach Österreich kommen um einen Vertragsabschluss zu fixieren. Die Einreise ist gänzlich unproblematisch, solange der Aufenthalt in Österreich nicht über den visumfreien Aufenthalt im Schengenraum von 90 Tage in einem Zeitraum von 180 Tagen hinausgeht. Fanden bereits mehrere Dienstreisen in unterschiedlichen Schengenraum-Mitgliedstaaten statt, so sind diese zusammenzurechnen.


Hochqualifizierte Schlüsselkräfte

Darunter fallen britische Staatsangehörige, die für ein britisches Unternehmen beschäftigt sind und eine vertragliche Dienstleistung an einen Endverbraucher in der EU erbringen wollen. Die gestatteten vertraglichen Leistungen sind abschließend im Handels- & Kooperationsabkommen aufgezählt und umfassen u.a. Dienstleistungen von Rechnungslegern und Buchhaltern, Steuerberatern, Ärzten, Krankenpflegepersonal, Forschern, etc.
Diese Mitarbeiter müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung zumindest ein Jahr bei dem entsendenden Unternehmen beschäftigt gewesen sein. Die entsandten Mitarbeiter müssen über eine mindestens dreijährige Berufserfahrung nach Erreichen der Volljährigkeit, einen Hochschulabschluss oder eine gleichwertige Qualifikation, wie auch eine allenfalls erforderliche Berufsqualifikation verfügen. Die Mitarbeiter dürfen zudem kein Entgelt in der EU erhalten. Die entsandten Mitarbeiter dürfen sich für 6 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten bzw. für die Dauer des Vertrags in Österreich aufhalten, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist. Für den Aufenthalt benötigen diese Mitarbeiter ein entsprechendes Visum, welches sie bei der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland zu beantragen haben. Für ihre Beschäftigung benötigen diese Personen eine Entsende- oder Beschäftigungsbewilligung. Bei vielen der genannten Dienstleistungen entfällt die Arbeitsmarktprüfung.

Freiberufler

Dazu gehören britische Selbständige ohne Niederlassung in der EU, die aber eine Dienstleistung in der EU erbringen wollen. Es muss sich dabei um eine im Handels- & Kooperationsabkommen genannte Dienstleistung handeln, wie u.a. Dienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung, Marktforschung, Telekommunikation.
Diese Schlüsselkräfte müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Einreise und den Aufenthalt eine sechsjährige Berufserfahrung in der betreffenden Tätigkeit, einen Hochschulabschluss oder eine gleichwertige Qualifikation und die allenfalls erforderliche Berufsqualifikation vorweisen können. Freiberufler dürfen sich für max. 6 Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten bzw. für die Vertragsdauer in Österreich aufhalten, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist. Es ist ein entsprechendes Visum für den Aufenthalt erforderlich, welches sie bei der zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland zu beantragen haben.

Unternehmensintern transferierte Personen

Als solche sind britische Mitarbeiter eines Unternehmens anzusehen, die in eine österreichische Tochtergesellschaft/Zweigniederlassung/Hauptniederlassung ihres Unternehmens in Österreich versetzt werden. Wenn Führungskräfte und Spezialisten versetzt werden, müssen diese vor ihrem Transfer mindestens neun Monate als solche beschäftigt gewesen sein. Trainees müssen hingegen nur sechs Monate vor ihrem Transfer als solche beschäftigt gewesen sein. Zudem muss bei Letzteren das absolvierte Hochschulstudium in Verbindung mit der ausgeübten Tätigkeit stehen. Führungskräfte und Spezialisten können sich für bis zu drei Jahre, Trainees für bis zu einem Jahr in Österreich aufhalten. Für den Aufenthalt ist eine Aufenthaltsbewilligung für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer erforderlich.

Entsendungen

Für Entsendungen bis zu 6 Monaten ist ein entsprechendes Visum zu beantragen.

Dieses hat der zu entsendende Arbeitnehmer bei den zuständigen österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland zu beantragen.

Sollte die Aufenthaltsdauer sechs Monate überschreiten, ist eine Aufenthaltsbewilligung für Betriebsentsandte erforderlich. 

Entsendebewilligung

Aus beschäftigungsrechtlicher Sicht ist eine Entsendebewilligung oder Beschäftigungsbewilligung zu beantragen.

Die Entsendebewilligung ist vom inländischen Auftraggeber beim AMS für die ausländischen Arbeitnehmer zu beantragen. Einer Entsendebewilligung kann nur dann stattgegeben werden, wenn

  • die geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen eingehalten werden,
  • das Projekt nicht länger als 6 Monate dauert,
  • die Entsendung der einzelnen ausländischen Arbeitskraft maximal 4 Monate dauert und

es sich nicht um Arbeiten handelt, die üblicherweise von Betrieben der Branchen Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, sonstiges Baugewerbe und Vermietung von Baumaschinen und Baugeräten mit Bedienungspersonal erbracht werden.

Beschäftigungsbewilligung

Werden die genannten Zeiträume überschritten oder Tätigkeiten im Baubereich erbracht, ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung ist vom Auftraggeber in Österreich vor Aufnahme der Arbeitsleistung bei Tätigkeiten im Baubereich bzw. vor Ablauf des vierten Monats nach Aufnahme der Arbeitsleistung beim AMS einzubringen. Im Falle der Ablehnung ist die Beschäftigung spätestens zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des AMS zu beenden! 


Beispiel 1:
Eine Arbeitnehmerin mit britischer Staatsangehörigkeit wird nach Österreich für die Vornahme einer Installation einer Maschine geschickt. Diese umfangreiche Installation dauert voraussichtlich 3 Monate. Die österreichische Auftraggeberin muss eine entsprechende Entsendebewilligung bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS beantragen. Die entsandte Arbeitnehmerin hat bei der österreichischen Vertretungsbehörde im Vereinigten Königreich um ein Visum anzusuchen.



Beispiel 2:
Ein Arbeitnehmer mit britischer Staatsangehörigkeit wird für die Vornahme eines Aufbaues einer großen Stromanlage nach Österreich entsendet. Die Aufbauarbeiten dauern ungefähr 7 Monate.


Da die Entsendung länger als vier Monate dauert, hat die Auftraggeberin in Österreich um eine Beschäftigungsbewilligung bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS anzusuchen. Der Arbeitnehmer hat bei der österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland die entsprechende Aufenthaltsbewilligung für Betriebsentsandte zu beantragen. 

Strafbestimmungen

Bei Verstoß gegen die Bestimmungen über die EU-Entsendebestätigung, Entsendebewilligung oder Beschäftigungsbewilligung drohen Verwaltungsstrafen in Höhe von € 1.000,-- bis zu € 20.000,--, im Wiederholungsfall von € 2.000,-- bis zu € 50.000,-- je Arbeitnehmer.

3. Berufsanerkennung

Eine vor Jahresende 2020 erlangte Berufsanerkennung bleibt auch danach aufrecht. 

Seit 2021 werden Abschlüsse nicht mehr automatisch gegenseitig anerkannt werden. Im Das Handels-& und Kooperationsabkommen sind sieht lediglich unverbindliche Leitlinien für künftige gemeinsame Empfehlungen vor, die von Berufsverbänden oder Behörden zu berücksichtigen sind. 

Weiterführende Informationen


Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“

Stand: 25.01.2023