Frontalaufnahme einer Person in einem hellen Mantel und kinnlangen, dunklen Haaren. Die Person hält sich ihre rechte Faust vor den Mund, hustet hinein und hat die Augen geschlossen. Im Hintergrund sind zwei aufeinander treffende Straßen sowie ein Gebäude.
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Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Krankenstand

Entlassungsgrund - Beweispflicht - Sachverhaltsermittlung - Risikoabwägung

Lesedauer: 2 Minuten

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Immer wieder kommt es vor, dass während eines medizinisch nachgewiesenen Krankenstandes ein Fehlverhalten der Mitarbeiter:innen vermutet oder beobachtet wird. Ob daraufhin eine fristlose Entlassung ausgesprochen werden kann, hängt von der Sach- und Beweislage im Einzelfall ab.

Entlassungsgrund

Ein Entlassungsgrund liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, wenn die Arbeitnehmer:innen im Krankenstand ein Fehlverhalten setzt, das geeignet ist, den Genesungsprozess zu verzögern.

Beweispflicht

Für das Vorliegen des Entlassungsgrundes sind die Arbeitgeber:innen beweispflichtig. Sie müssen im Streitfall

  • das genaue Fehlverhalten der Arbeitnehmer:innen mit Ort, Datum und Dauer darlegen und nachweisen sowie
  • zusätzlich beweisen, dass dieses Fehlverhalten der Arbeitnehmer:innen geeignet ist, den Genesungsprozess zu verzögern.

Gelingen den Arbeitgeber:innen in einem möglichen Gerichtsverfahren die erforderlichen Beweise nicht, wird die Entlassung als ungerechtfertigt gewertet und sind daran teure Zahlungen wie Kündigungsentschädigung, Urlaubsersatzleistung und Sonderzahlungen zur Kündigungsentschädigung geknüpft.

Sachverhaltsermittlung

Vor Einleitung arbeitsrechtlicher Schritte sollten die Arbeitgeber:innen den zugetragenen Sachverhalt genau überprüfen und Beweismittel sichern lassen. Dies kann mittels einer Detektei, Zeugen oder Bildmaterial geschehen. Von Anfang an sollte auch ein Protokoll der Vorkommnisse angefertigt werden, um Monate später vor Gericht sämtliche Daten sofort verfügbar zu haben.

Tipp!

In begründeten Verdachtsmomenten kann an die örtlich zuständige Gesundheitskasse eine schriftliche Sachverhaltsdarstellung mit dem Ersuchen einer Krankenstandsüberprüfung übermittelt werden. Diese nimmt in weiterer Folge Kontakt mit dem:der krankschreibenden Arzt:Ärztin auf und überprüft auch den Krankenstand über den chefärztlichen Dienst.

Befragung der Arbeitnehmer:innen

Setzen die Arbeitnehmer:innen nachweislich fragwürdige Verhaltensweisen im Krankenstand, können die Arbeitgeber:innen von ihren Möglichkeit Gebrauch machen, sie zum ärztlich angeratenen Genesungsverhalten zu befragen.


Beispiel:
Ein:e Mitarbeiter:in wird observiert, wie er:sie im Krankenstand Rasen mäht und Holz schlichtet. Die konkrete Diagnose der Erkrankung ist den Dienstgeber:innen nicht bekannt.

Die Arbeitgeber:innen befragen den:die Arbeitnehmer:in bei Wiederantritt des Dienstes zum Heilungsverlauf und zur vom Arzt aufgetragenen Verhaltensweise im Krankenstand. Ist die Aussage nachvollziehbar, ist eine Entlassung nicht gerechtfertigt.


Risikoabwägung

Vor Entlassung oder Kündigung von Arbeitnehmer:innen sollte jedenfalls eine Risikoabwägung vorgenommen werden:  

  • Was erwarte ich von diesen Mitarbeiter:innen in Zukunft?
  • Kann ich mit ihnen noch zusammenarbeiten?
  • Wie teuer kommt eine ungerechtfertigte Entlassung?
  • Was kostet mich eine gerichtliche Auseinandersetzung in zeitlicher und finanzieller Hinsicht?
  • Besteht ein Mitverschulden der Mitarbeiter:innen und wie schwer wiegt es?

Tipp!

Aufgrund der Fülle an Rechtsprechung zu Fehlverhalten im Krankenstand empfiehlt es sich, vor Ausspruch einer Entlassung mit einem Arbeitsrechtsexpert:in Kontakt aufzunehmen!


Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“

Stand: 01.01.2025

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