Betriebsvereinbarung
Begriff - freiwillige - erzwingbare - notwendige - Geltungsdauer - Kündigung - Aushangpflicht
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Betriebsvereinbarungen sind schriftliche Vereinbarungen zwischen Betriebsinhaber:in und Betriebsrat (Betriebsausschuss, Zentralbetriebsrat, Konzernvertretung). Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sind Angelegenheiten, in denen durch Gesetz (z.B. Arbeitsverfassungsgesetz oder Arbeitszeitgesetz) oder Kollektivvertrag der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zugelassen wird.
Existiert in einem Betrieb kein gewählter Betriebsrat, kann auch keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden!
Betriebsvereinbarungen sind ebenso wie Gesetze und Kollektivverträge unmittelbar rechtsverbindlich. Eine Einzelvereinbarung in derselben Angelegenheit ist neben einer Betriebsvereinbarung nur zulässig, wenn sie den/die Arbeitnehmer:in günstiger stellt.
Freiwillige (fakultative) Betriebsvereinbarungen
Die freiwillige Betriebsvereinbarung kommt nur zustande, wenn Betriebsrat und Arbeitgeber:in sich auf Inhalt, Geltungsbereich und Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung einigen. Der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung kann von keinem der Vertragspartner:innen erzwungen werden. Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in können aber eine Vereinbarung im Einzelarbeitsvertrag treffen. Der/Die Arbeitgeber:in könnte aber auch eine Weisung erteilen.
Durch freiwillige Betriebsvereinbarung können beispielsweise die Einführung von leistungsbezogenen Prämien und Entgelten, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Grundsätze zum Urlaubsverbrauch geregelt werden.
Erzwingbare Betriebsvereinbarungen
Angelegenheiten, wie etwa Systeme zu Beurteilung von Arbeitnehmer:innen, die der erzwingbaren Betriebsvereinbarung vorbehalten sind, können nur einvernehmlich mit dem Betriebsrat geregelt werden. Im Falle der Nichteinigung kann die Schlichtungsstelle angerufen werden, deren Bescheid an die Stelle der Betriebsvereinbarung tritt.
Ohne Betriebsvereinbarung bzw. ohne entsprechende Entscheidung der Schlichtungsstelle kann der/die Betriebsinhaber:in die Maßnahme weder durch Weisung noch sonst alternativ regeln.
Solange keine Betriebsvereinbarung besteht, kann eine Regelung durch Weisung oder Einzelvereinbarung erfolgen.
Gegenstand erzwingbarer Betriebsvereinbarungen sind z.B. allgemeine betriebliche Ordnungsvorschriften, die Einteilung der täglichen Arbeitszeit oder der Sozialplan.
Erzwingbare, notwendige Betriebsvereinbarungen
Angelegenheiten, wie etwa Systeme zu Beurteilung von Arbeitnehmer:innen, die der erzwingbaren Betriebsvereinbarung vorbehalten sind, können nur einvernehmlich mit dem Betriebsrat geregelt werden. Im Falle der Nichteinigung kann die Schlichtungsstelle angerufen werden, deren Bescheid an die Stelle der Betriebsvereinbarung tritt.
Ohne Betriebsvereinbarung bzw. ohne entsprechende Entscheidung der Schlichtungsstelle kann der/die Betriebsinhaber:in die Maßnahme weder durch Weisung noch sonst alternativ regeln.
Notwendige, nicht erzwingbare Betriebsvereinbarungen
Bestimmte, für die Arbeitnehmer:innen sensible Maßnahmen (Disziplinarordnung, Personalfragebögen, Kontrollmaßnahmen, Leistungsentgelte) dürfen vom/von der Arbeitgeber:in nur mit Zustimmung des Betriebsrates und im Rahmen einer Betriebsvereinbarung umgesetzt werden. Diese Betriebsvereinbarung kann nicht über die Schlichtungsstelle erzwungen werden. Der Betriebsrat kann daher durch seine Weigerung zur Zustimmung die Umsetzung der Maßnahme auf Dauer verhindern! Einzelvereinbarungen oder Weisungen sind nicht rechtswirksam.
Geltungsdauer und Kündigung
Alle Arten von Betriebsvereinbarungen können befristet oder unbefristet abgeschlossen werden. Befristet abgeschlossene Betriebsvereinbarungen enden ohne weiteres Zutun automatisch mit Fristende, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen werden muss. Durch Zeitablauf tritt keine Nachwirkung ein.
Eine schriftliche einvernehmliche Beendigung ist jederzeit ohne Frist möglich; ebenfalls ohne Nachwirkung.
Die Kündigung einer unbefristeten freiwilligen (fakultativen) Betriebsvereinbarung kann unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Letzten eines Kalendermonats schriftlich erfolgen. Für zum Zeitpunkt der Kündigung schon bestehende Arbeitsverhältnisse gilt die Betriebsvereinbarung mangels abweichender Einzelvereinbarung oder einer neuen Betriebsvereinbarung aber weiter (Nachwirkung). Für nach der Kündigung neu eintretende Arbeitnehmer:innen gilt die Betriebsvereinbarung hingegen nicht mehr.
Die Kündigung einer unbefristeten notwendigen, nicht erzwingbaren Betriebsvereinbarung kann von jedem/jeder Vertragspartner:in jederzeit ohne Einhaltung einer Frist und ohne Nachwirkung ausgesprochen werden. Die Rechtswirkungen enden daher mit Kündigungszugang.
Die unbefristete erzwingbare und notwendige, erzwingbare Betriebsvereinbarung kann nicht gekündigt werden. Mangels Einigung mit dem Betriebsrat kann eine Abänderung oder Aufhebung der Betriebsvereinbarung bei der Schlichtungsstelle beantragt werden. Mit der Abänderung oder Aufhebung enden die Rechtswirkungen dieser Betriebsvereinbarungen. Eine Nachwirkung besteht nicht.
Aushangpflicht
Betriebsvereinbarungen sind im Betrieb aufzulegen oder an sichtbarer, für alle Beschäftigten zugänglicher Stelle anzuschlagen.
"Freie (unechte) Betriebsvereinbarung“
Zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber:in abgeschlossene „freie Betriebsvereinbarungen“ beinhalten Angelegenheiten, in denen weder durch Gesetz noch durch Kollektivvertrag der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zugelassen ist.
Erhalten die Arbeitnehmer:innen durch die praktische Umsetzung solcher „freien Betriebsvereinbarungen“ vorbehaltlos Begünstigungen oder Vorteile vom/von der Arbeitgeber:in, können diese später nur mehr mit Zustimmung des/der einzelnen begünstigten Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin zurückgenommen werden!
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.01.2025