Person reicht einer älteren, pensionierten und strahlenden Person, die auf einer Couch sitzt, ein Müsli während ein Glas Wasser und Tabletten auf einem Tablet stehen
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Die Pflegeteilzeit

Voraussetzungen – nahe Angehörige – vorzeitige Rückkehr – Pflegekarenz

Lesedauer: 4 Minuten

Die Pflegeteilzeit ermöglicht die Pflege und Betreuung eines nahen Angehörigen durch Herabsetzung der wöchentlich vereinbarten Normalarbeitszeit. Es bedarf einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, die den Beginn, die Dauer, das Ausmaß und die Lage der Teilzeitbeschäftigung regelt.

Seit 1. November 2023 hat der Arbeitgeber eine Ablehnung oder Aufschiebung der Pflegeteilzeit sachlich und schriftlich zu begründen.

Voraussetzungen der Pflegeteilzeit

Das arbeitslosenversicherungspflichtige Dienstverhältnis muss unmittelbar vor Beginn der Pflegeteilzeit ununterbrochen zumindest drei Monate gedauert haben. Bei befristeten Arbeitsverhältnissen in Saisonbetrieben kann die Pflegeteilzeit bereits nach zwei Monaten beginnen, sofern eine Beschäftigung von insgesamt mindestens drei Monaten innerhalb der letzten 4 Jahre zum selben Dienstgeber vorliegt.

Die Pflegeteilzeit muss mindestens zehn Stunden wöchentlich betragen und kann vereinbart werden, wenn der nahe Angehörige

  • zumindest Pflegegeld der Pflegegeldstufe 3 (bei minderjährigen Pflegebedürftigen ist die Pflegestufe 1 ausreichend) oder
  • nachweislich an Demenz leidet und zumindest Pflegegeld der Pfleggeldstufe 1

bezieht.

Rechtsanspruch seit 1. Jänner 2020

Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 5 Arbeitnehmern haben bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Pflegeteilzeit einen Rechtsanspruch auf 2 Wochen Pflegeteilzeit (einseitige Pflegeteilzeit).

Die Vereinbarung einer freiwilligen Pflegeteilzeit bis zu drei Monaten kann noch während der ersten beiden Wochen der einseitig angetretenen Pflegeteilzeit vereinbart werden.

Wünscht sich der Arbeitnehmer zwar diese vereinbarte Pflegeteilzeit, kommt es aber zu keiner Einigung darüber mit dem Arbeitgeber, kann der Arbeitnehmer die einseitige Pflegeteilzeit um weitere 2 Wochen- also auf insgesamt 4 Wochen- verlängern.

Die auf Grund des Rechtsanspruchs verbrachten Zeiten der Pflegeteilzeit sind auf die gesetzlich mögliche Dauer der vereinbarten Pflegeteilzeit anzurechnen.

Sobald der Zeitpunkt des Beginns bekannt ist, hat der Arbeitnehmer dies dem Arbeitgeber mitzuteilen. Auf Verlangen sind dem Arbeitgeber binnen einer Woche die Pflegebedürftigkeit zu bescheinigen und das Angehörigenverhältnis glaubhaft zu machen.

Dauer

Der Arbeitnehmer kann Pflegeteilzeit für einen Zeitraum von mindestens einem Monat, maximal bis zu drei Monate in Anspruch nehmen. Die Vereinbarung der Pflegeteilzeit in mehreren Teilen ist nicht zulässig.

Grundsätzlich kann Pflegeteilzeit nur einmal pro zu betreuendem nahen Angehörigen in Anspruch genommen werden. Im Falle einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs, nämlich von zumindest einer Pflegegeldstufe (muss spätestens zum Antritt der neuerlichen Pflegeteilzeit durch Bescheid zuerkannt sein), hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht: Er kann Pflegekarenz oder eine weitere Pflegeteilzeit vereinbaren.


Beispiel:
Der Arbeitnehmer möchte seinen Vater pflegen, der an Demenz leidet und Pflegegeld der Stufe 1 bezieht. Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber Pflegeteilzeit vom 1.2.2023 bis 30.4.2023. Da sich im April der Gesundheitszustand des Vaters wesentlich verschlechtert und ihm die Pflegegeldstufe 3 mittels Bescheid zuerkannt wird, möchte er im Anschluss an die Pflegeteilzeit Pflegekarenz im Ausmaß von 3 Monaten in Anspruch nehmen.

Da die Voraussetzungen vorliegen, kann dem Wunsch des Arbeitnehmers entsprochen werden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit an Stelle der Pflegekarenz nochmals Pflegeteilzeit zu vereinbaren.


Nahe Angehörige

Der Kreis der nahen Angehörigen umfasst den Ehepartner und dessen Kinder, die Eltern, Großeltern, die Adoptiv- und Pflegeeltern, (Stief-, Adoptiv-, Pflege)Kinder, Enkel, die Lebensgefährten und deren Kinder, eingetragene Partner und deren Kinder sowie Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder.

Vorzeitige Rückkehr aus der Pflegeteilzeit

Der Arbeitnehmer kann vorzeitig zur ursprünglich vereinbarten Normalarbeitszeit zurückkehren, wenn der nahe Angehörige

  • in stationäre Pflege oder in ein Pflegeheim aufgenommen wird,
  • nicht nur vorübergehend von einer anderen Betreuungsperson gepflegt wird oder
  • verstorben ist.

Die Rückkehr kann frühestens jedoch zwei Wochen nach der Meldung des Eintritts des Rückkehrgrundes erfolgen.

Pflegekarenzgeld 

Für die Dauer der vereinbarten Pflegeteilzeit gebührt ein aliquotes Pflegekarenzgeld. Die Gewährung von Pflegekarenzgeld für die Betreuung einer pflegebedürftigen Person ist auf maximal sechs Monate beschränkt. Kommt es zu einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfs so kann Pflegekarenzgeld erneut für bis zu sechs Monaten pro zu betreuender pflegebedürftiger Person bezogen werden. Der Grundbetrag gebührt monatlich aliquot zur herabgesetzten Arbeitszeit, zumindest aber in Höhe des aliquoten Teiles der Geringfügigkeitsgrenze.

Arbeitsrechtliche Auswirkungen

Gilt Abfertigung neu, sind die Abfertigungsbeiträge auf Basis des ursprünglichen Beschäftigungsausmaßes durch den Arbeitgeber weiter zu entrichten.

Ende des Arbeitsverhältnisses/Motivkündigungsschutz

Wird das Arbeitsverhältnis während der Pflegeteilzeit beendet, ist der Abfertigung und Urlaubsersatzleistung das für den letzten Monat vor Antritt der Pflegeteilzeit gebührende Entgelt zugrunde zu legen.

Der Dienstnehmer ist während der Pflegeteilzeit nicht kündigungsgeschützt. Allerdings darf eine Kündigung nicht wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegeteilzeit erfolgen. Dies entspricht dem allgemeinen Motivkündigungsschutz.

Auf Verlangen des Dienstnehmers hat der Arbeitgeber eine schriftliche Begründung der Kündigungen binnen 5 Tagen ab dem Verlangen auszustellen. 


Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“

Stand: 01.02.2024