Ein grauer und ein gelber Handgepäckskoffer stehen auf Teppichboden in einem langen Gang mit großen Fensterfronten und Sitzmöglichkeiten
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Urlaubsanspruch bei Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit

In seiner Entscheidung 8 Ob A 35/12y vom 24.10.2012 hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass bei einem Wechsel von einer Teilzeitbeschäftigung auf eine Vollzeitbeschäftigung das nicht verbrauchte Urlaubsguthaben aus der vorangegangenen Teilzeitphase aliquot aufzuwerten ist. 

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Im Folgenden werden die Grundzüge des Urlaubsrechts und die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Praxis dargestellt.

Urlaubsanspruch

Dem Arbeitnehmer gebührt für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener Urlaubsanspruch im Ausmaß von 30 Werktagen. Bei einer Dienstzeit von über 25 Jahren erhöht sich der Urlaubsanspruch auf 36 Werktage.

Grundsätzlich erfolgt die Berechnung des Urlaubsausmaßes in Werktagen. Darunter sind die Wochentage Montag bis Samstag zu verstehen. Wird der Arbeitnehmer regelmäßig nur 5 oder weniger Wochentage beschäftigt, ist der Urlaubsanspruch in die entsprechenden Arbeitstage umzurechnen.


Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin ist als Verkäuferin beschäftigt und arbeitet 6 Tage die Woche. Sie hat einen Urlaubsanspruch im Ausmaß von 30 Werktagen (= 5 Wochen) für jedes Arbeitsjahr.

Eine Teilzeitbeschäftigte arbeitet 30 Stunden wöchentlich, verteilt auf 5 Tage zu je 6 Stunden. Ihr Urlaubsanspruch beträgt 25 Arbeitstage (= 5 Wochen) für jedes Arbeitsjahr.

Eine Teilzeitbeschäftigte arbeitet 20 Stunden wöchentlich, verteilt auf 4 Tage zu je 5 Stunden. Ihr Urlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage (= 5 Wochen) für jedes Arbeitsjahr.


Urlaubsanspruch bei Teilzeitbeschäftigung

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich des Urlaubsausmaßes von Teilzeitbeschäftigten. Das Rahmenabkommen über Teilzeitarbeit (EG-RL 97/81/EG) hält fest, dass Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten nicht diskriminiert werden dürfen. Das bedeutet, dass auch Teilzeitbeschäftigte einen Urlaubsanspruch im Ausmaß von 5 bzw. bei einer entsprechenden Dauer des Arbeitsverhältnisses von 6 Wochen für jedes Arbeitsjahr haben.

Der Urlaubsanspruch eines Teilzeitbeschäftigten steht jedoch im Verhältnis zur jährlich zu leistenden Arbeit. Um den Jahresurlaub eines Teilzeitbeschäftigten zu berechnen, muss die Zahl der wöchentlichen Arbeitstage mit dem gesetzlich zustehenden Urlaubsausmaß von 5 bzw. 6 Wochen multipliziert werden.


Beispiel:
Eine Studentin arbeitet 3 Tage die Woche als Kellnerin. Ihr stehen jährlich 5 Wochen Urlaub zu:

5 Wochen Urlaubsanspruch x 3 (Arbeitstage pro Woche) = 15 Arbeitstage

Die Studentin hat daher einen Urlaubsanspruch im Ausmaß von 15 Arbeitstagen.


Verbrauch des Urlaubs

Der Zeitpunkt des Urlaubsantrittes und die Urlaubsdauer sind zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Berücksichtigung

  • der betrieblichen Interessen und
  • der Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

konkret zu vereinbaren.

Grundsätzlich hat der Verbrauch des Urlaubes bis zum Ende jenes Urlaubsjahres zu erfolgen, in welchem er entstanden ist.

Das Gesetz hält weiters fest, dass der Urlaub in zwei Teilen verbraucht werden kann, wovon ein Teil mindestens sechs Werktage (= 1 Urlaubswoche) zu umfassen hat. Ein über Initiative des Arbeitnehmers vereinbarter Urlaubsverbrauch, der gegen dieses Teilungsverbot verstößt, ist dennoch rechtswirksam. So kann ein Arbeitnehmer auch tageweisen Urlaub beantragen.

Aufwertung bei Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit

Oftmals kommt es während des aufrechten Arbeitsverhältnisses zu einer Änderung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage, wie beispielsweise im Zusammenhang mit einer Elternteilzeitvereinbarung oder einer kontinuierlichen Altersteilzeitvereinbarung. Zu klären ist die Frage, wie ein unverbrauchtes Urlaubsguthaben aus einer Teilzeitphase, das in die Vollzeitphase mitgenommen wird, zu bewerten ist.

Nun mehr hat der Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung am 24.10.2012 ausdrücklich klargestellt, dass bei Inkrafttreten der Änderung des Arbeitszeitausmaßes ein noch unverbrauchtes Urlaubsguthaben aus der vorangegangenen Arbeitsphase den geänderten Arbeitszeitverhältnissen anzupassen ist. Dabei darf der dem Arbeitnehmer grundsätzlich zustehende Naturalurlaub von insgesamt 5 bzw. 6 Wochen nicht verringert werden.

Der Oberste Gerichtshof hatte dabei den folgenden Sachverhalt zu beurteilen:

Die Klägerin war vom 12.7.2010 bis zum 1.7.2011 bei der Beklagten zunächst als Teilzeitbeschäftigte und danach als Vollzeitbeschäftige tätig. Die Verteilung ihrer Arbeitszeiten gestaltete sich wie folgt:

  • 12.7.2010 – 31.8.2010: 2 Arbeitstage pro Woche zu je 4 Stunden
  • 1.9.2010 – 1.7.2011: 5 Arbeitstage pro Woche (Vollzeit)

Am 1.7.2011 hat das Arbeitsverhältnis durch einvernehmliche Auflösung geendet. Während des knapp einjährigen Arbeitsverhältnisses konsumierte die Arbeitnehmerin 16 Urlaubstage. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt sie eine Urlaubsersatzleistung für 5,5 Arbeitstage.

Der Oberste Gerichtshof stellte zunächst fest, dass der Klägerin für die Phase der Teilzeitbeschäftigung ein Urlaubsausmaß in Höhe von 1,35 Arbeitstagen zusteht. Dieser Urlaub aus der Teilzeitphase ist, wenn er nicht bis zum Ende der Teilzeitphase verbraucht wird, zum Zeitpunkt der Umstellung auf die Vollzeitbeschäftigung aufzuwerten und zwar dahingehend, dass die neue Tagesanzahl demselben Urlaubsausmaß in Wochen entspricht, wie das Guthaben vor der Umstellung.

Der Urlaubsanspruch während der 2-Tages-Woche (Teilzeitphase) von 1,35 Arbeitstagen entspricht daher in der 5-Tages-Woche (Vollzeitphase) 3,38 Arbeitstagen.

Für die Phase der Vollzeitbeschäftigung gebührt nach dem Obersten Gerichtshof ein Urlaubsausmaß in Höhe von 20,83 Arbeitstagen. Insgesamt errechnet sich somit ein Urlaubsanspruch von 24,21 Arbeitstagen, der sich aus 3,38 Arbeitstagen der Teilzeitphase und aus 20,83 Arbeitstagen der Vollzeitphase ergibt.

Demgegenüber standen 16 verbrauchte Urlaubstage, die gewährte Urlaubsersatzleistung für 5,5 Arbeitstage sowie die geforderte Urlaubsersatzleistung für weitere 2,5 Arbeitstage, also insgesamt 24 Arbeitstage.

Zur Aufwertung des Urlaubsverbrauches führt der Oberste Gerichtshof ergänzend aus:

Geht man davon aus, dass die Klägerin während ihrer Teilzeitphase einen, ihr aliquot zustehenden Urlaub konsumiert hat, wäre auch dieser bei der Berechnung einer Urlaubsersatzleistung aufzuwerten. Ohne Aufwertung würde sich eine ungerechtfertigte Erhöhung des durchgehenden Urlaubsanspruches pro Jahr ergeben.

Hätte daher die Klägerin beispielsweise einen Arbeitstag – und damit eine halbe Urlaubswoche bei einer 2-Tageswoche - in der Teilzeitphase verbraucht, so wäre nach der Umstellung auf eine Vollzeitbeschäftigung nicht nur ein Tag in Abzug zu bringen, sondern der aufgewertete Anspruch in der Höhe von 2,5 Arbeitstagen, der bei einer 5-Tageswoche einer halben Urlaubswoche entspricht.

Beispiele zur Veranschaulichung der Entscheidung

Beispiel bei Umstellung von Teilzeit auf Vollzeit:
Eine Arbeitnehmerin arbeitet neben ihrem Studium 20 Stunden die Woche, verteilt auf 4 Arbeitstage. Nach erfolgreicher Absolvierung ihres Studiums erhöht die Arbeitnehmerin ihr Arbeitszeitausmaß auf 38,5 Stunden, verteilt auf 5 Arbeitstage. Zum Zeitpunkt der Änderung besteht ein Resturlaub in der Höhe von 14 Arbeitstagen.

Diese 3,5 Urlaubswochen (= 14 Arbeitstage) sind bei einer Umstellung auf die Vollzeitbeschäftigung zu  übertragen: Bei einer 5-Tages-Woche entsprechen die 3,5 Wochen Urlaub nun 17,5 Arbeitstagen.


Beispiel bei Umstellung von Vollzeit auf Teilzeit:
Eine Arbeitnehmerin arbeitet 40 Stunden die Woche, verteilt auf 5 Arbeitstage. Auf Grund einer persönlichen Fortbildung reduziert sie ihr Arbeitszeitausmaß auf 20 Stunden die Woche, verteilt auf 3 Tage. Zum Zeitpunkt der Änderung besteht ein Resturlaub in der Höhe von 10 Arbeitstagen.

Diese 2 Urlaubswochen (= 10 Arbeitstage) sind bei einer Umstellung auf die Teilzeitbeschäftigung zu übertragen: Bei einer 3-Tages-Woche entsprechen die 2 Wochen Urlaub nun 6 Arbeitstagen.


Beispiel bei Umstellung Teilzeit auf Vollzeit – Berechnung der Urlaubsersatzleistung:
Eine Arbeitnehmerin arbeitet vom 1.1.2012 – 31.8.2012 15 Stunden die Woche, verteilt auf 3 Arbeitstage. Ab dem 1.9.2012 erhöht sie ihr Arbeitszeitausmaß auf 38,5 Stunden pro Woche, verteilt auf 5 Arbeitstage.

Zum Zeitpunkt der Umstellung auf die Vollzeitbeschäftigung hat die Arbeitnehmerin bereits 4 Arbeitstage Urlaub verbraucht. Es besteht ein Resturlaub von 6 Arbeitstagen. Während der Vollzeitphase wurde kein Urlaubstag konsumiert.

Am 30.4.2013 wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst. Wie viele Urlaubstage müssen nun in Form der Urlaubsersatzleistung abgegolten werden?

Schritt 1: Aufwertung des Urlaubsanspruches

Aliquoter Urlaubsanspruch 1.1.2012 – 31.8.2012: 10 Arbeitstage
Resturlaub der Teilzeitphase: 6 Arbeitstage (= 2 Wochen)

Diese 2 Urlaubswochen (= 6 Arbeitstage) sind bei Änderung auf die Vollzeitbeschäftigung zu übertragen: Bei einer 5-Tageswoche entsprechen die 2 Urlaubswochen nun 10 Arbeitstagen.

Schritt 2: Aufwertung des Urlaubsverbrauches

Um die Urlaubsersatzleistung berechnen zu können, muss zuerst der Urlaubsanspruch für das gesamte Arbeitsverhältnis berechnet werden. In einem solchen Fall berechnet der OGH den aliquoten Urlaubsanspruch so, als hätte von Beginn an eine Vollzeitbeschäftigung bestanden.

Urlaubsanspruch 1.1.2012 – 30.4.2013: 33,22 Arbeitstage

Von diesem Gesamtanspruch ist der aufgewertete Urlaubsverbrauch der Teilzeitphase in Abzug zu bringen:

Urlaubsverbrauch in der Teilzeitphase: 4 Arbeitstage (= 1 1/3 Wochen)
Aufgewerteter Urlaubsverbrauch in der Teilzeitphase:  6,5 Arbeitstage (= 1 1/3 Wochen)

Urlaubs-Gesamtanspruch: 33,22 Arbeitstage
abzüglich aufgewerteter Urlaubsverbrauch Teilzeitphase: 6,5 Arbeitstage                                               Urlaubsersatzleistung für:   26,72 Arbeitstage

Die Arbeitnehmerin erhält eine Urlaubsersatzleistung für 26,72 Arbeitstage.


Um den Unternehmern die Berechnung des aufgewerteten Urlaubsguthabens zu erleichtern, findet sich ein Urlaubsguthaben-Rechner unter folgendem Link: Urlaubsguthaben-Umrechnung bei Änderung der Zahl der Arbeitstage - FEEI – Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie.

Stand: 08.08.2024