Wirtschaften in einer erhitzten Welt
Auch wenn es aktuell wieder sehr kühl geworden ist, die nächste Hitzewelle kommt bestimmt. Für die Wirtschaft – und hier speziell den Tourismus – bringt das besondere Herausforderungen mit sich, auf die bereits umfangreich reagiert wird.
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Die Temperaturen fahren gerade Achterbahn. Wurde Anfang April in Österreich bereits die 30-Grad-Marke geknackt, ist es derzeit unterdurchschnittlich kalt. Derartige Temperaturextreme stellen aber nicht nur die Landwirtschaft auf eine harte Probe, auch die Wirtschaft als Gesamtes steht vor großen Herausforderungen. Denn laut Europäischer Umweltagentur (EUA) stellen Wetterextreme auch in Europa die größte künftige Bedrohung für Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen dar. Vor allem deshalb, weil Europa der sich am stärksten erwärmende Kontinent ist. Laut EUA verlief die Erwärmung auf dem europäischen Festland seit den 1980-er Jahren doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt.
Besonders der Tourismus – und hier speziell der Wintertourismus – ist davon stark betroffen. Nachhaltiges Wirtschaften ist in dieser Branche daher seit längerem ein Thema. Ob umweltfreundliche Anreise mit der Bahn oder Skibussen, eigene Energieerzeugung über Solaranlagen und Kleinkraftwerke oder eine ressourcenschonende Pistenpräparierung – der Umweltgedanke ist bei den heimischen Bergbahnen längst angekommen. „Wir wollen den Snow Space Salzburg bis zur Saison 2025/2026 in ein klimaneutrales Skigebiet verwandeln“, sagt etwa Raiffeisen-Direktor Heinz Konrad (Anm.: Raiffeisen ist an dem Skigebiet beteiligt). „Durch modernes Energiemanagement ist der CO2-Ausstoß bei den Seilbahnen äußerst gering. Unser Strombedarf beträgt nur rund 1% des Gesamtverbrauchs. In Kombination mit modernem Schneemanagement sind die Skigebiete damit für den Klimawandel gewappnet“, ergänzt Seilbahn-Obmann Erich Egger.
Diese Vorreiterrolle wird bereits im Marketing umfangreich genützt. Die Besten Österreichischen Sommerbergbahnen mit 79 Mitgliedern, 17 davon aus Salzburg, werben unter dem Motto „Von der Haustür bis zum Gipfel klimaneutral unterwegs“ für einen nachhaltigen Sommerurlaub. Und auch die Ferienregion Lungau hat sich dieses Themas angenommen und propagiert seit kurzem gesunden Schlaf in einer Region, die keine Tropennächte kennt.
Problemfeld Arbeit und Hitze
Ein spezielles Problem ist die sommerliche Hitze für den Menschen selbst. „Denn die Arbeitsqualität, Fehlerhäufigkeit und das Unfallrisiko nehmen bei Hitze nachweislich zu“, sagt Lorenz Huber von der Arbeitsrechtsabteilung der WKS. Ein Rechtsanspruch auf „hitzefrei“ besteht jedoch nicht. Aufgrund der Fürsorgepflicht der Arbeitgeber besteht aber die Verpflichtung, Schutzmaßnahmen bei Hitze zu treffen. Bei Arbeiten im Freien könnte es sich beispielsweise um die Bereitstellung von Trinkwasser oder die Beschattung der Arbeitsplätze handeln. Die Lufttemperaturen in Arbeitsräumen werden in der Arbeitsstättenverordnung geregelt. Ein „Recht auf Klimaanlage“ gibt es jedoch nicht. Für Bauarbeiter gibt es eine Sonderregelung im Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz, bei der ab 32,5 Grad Celsius unter bestimmten Voraussetzungen – mit Gewährung einer sogenannten Schlechtwetterentschädigung in Höhe von 60% des Lohns – die Arbeit eingestellt werden kann.
Als großes Problem oder Arbeitseinschränkung werden die zunehmenden Temperaturextreme bei den heimischen Bauunternehmen aber noch nicht wahrgenommen. „Bei manchen Spezialprojekten, wie etwa im Kraftwerksbau, müssen wir den Beton extra kühlen, damit er nicht reißt. Das war aber auch in der Vergangenheit schon so“, erläutert Peter Mall von der Porr AG in Salzburg. Für besonders heiße Tage stellen wir natürlich Spezialkleidung sowie Sonnenbrillen, Cremes und entsprechend ausreichend Getränke zur Verfügung, sagt Mall weiter. Außerdem seien die Baucontainer klimatisiert und die Sicherheitsbeauftragten entsprechend geschult.
„Die auftretenden Wetterextreme stellen die Landwirtschaft und damit unsere Rohstofflieferanten für Hopfen und Gerste vor immer größere Herausforderungen“, beschreibt Stiegl-Braumeister Christian Pöpperl die aktuelle Lage für Brauereien. „Stiegl war die erste Brauerei, die bereits vor zehn Jahren im großen Stil auf Winterbraugerste gesetzt hat. Diesen Trend folgen nun auch viele andere Bierhersteller. Dadurch konnten Mengen und Qualitäten gut abgesichert werden. Beim Hopfen beschäftigt man sich mit neuen Züchtungen aber auch Bewässerungen, um die notwendigen Erntemengen abzusichern.“
Bei der Salzburg AG sieht man die Lage derzeit entspannt. „Klima- und Kühlgeräte bzw. Ventilatoren stellen für das Netz keine Herausforderung dar, da die Netzlast vorwiegend durch die Wintermonate bestimmt wird. Im Sommer besteht die Herausforderung darin, dass durch die steigende Anzahl an PV-Anlagen viel zusätzliche Energie ins Netz eingespeist wird“, so der Energieversorger.
Motor fürs Geschäft
Bei Schlotterer in Adnet wird die Nachfrage nach Sonnenschutz durch den Klimawandel grundsätzlich angekurbelt. „Es ist mittlerweile auch im Bewusstsein der Häuslbauer und Wohnungsbesitzer angekommen, dass man einen außenliegenden Sonnenschutz braucht, um den Komfort in der Wohnung zu erhalten. So gesehen ist der Klimawandel gut für unser Geschäft“, sagt Geschäftsführer Peter Gubisch. Schlotterer reagiert aber auch selbst auf den Klimawandel. „Wir mussten zum einen in der Produktion Kühlmaßnahmen einleiten, weil es dort durch die hohen Temperaturen im Sommer und durch die Wärme, die wir in den Gebäuden erzeugen, zu heiß geworden ist.“
„Wir hatten immer schon eine gute Auslastung. Jetzt kommen wir mit der Auftragsbearbeitung und mit der Montage der Klimaanlagen kaum mehr nach. Die steigenden Temperaturen führen dazu, dass Wohnräume und ganze Häuser, aber auch Gewerbeobjekte, Schulen und Büros mit Klimaanlagen nachgerüstet werden müssen“, erzählt Wolfgang Reindl von Reindl Kältetechnik in Hallwang. „Privatkunden müssen mit Wartezeiten rechnen und im Supermarktbereich sind wir schon bis Ende des Jahres ausgebucht.“