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Sozialbeiträge wachsen wieder stetig an

Ist der heimische Sozialstaat gefährdet, wie manche meinen? Das wohl kaum. Denn 2022 brachten Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen in Salzburg so viel an Sozialbeiträgen auf wie noch nie. 

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 13.09.2024

Da warnen Gewerkschafter im Überschwang der 1. Mai-Demos vor der „Zertrümmerung des Sozialstaates“. Andere fordern wieder, was das Zeug hält — von einer Arbeitszeitverkürzung bis zur Vermögensteuer, von noch mehr Transfers gegen die Teuerung bis zu flächendeckenden Mindestlöhnen von 2.000 € netto.

Was allerdings gar nicht zur Sprache kommt, ist, wer schon jetzt für die stets wachsenden Milliardenbeträge sorgt, welche die diversen Sozialleistungen kosten. Die Zahler sind in erster Linie — zu 60% — die Arbeitgeber:innen, gemeinsam mit den Beschäftigten. 

„Dieses Faktum geht beim neuen Drall nach links und bei den ständigen Rufen nach noch mehr Transferzahlungen unter. Von Seiten der Wirtschaft kommt daher ein klares Nein zu weiteren Verteuerungen der Arbeitskosten oder sonstigen Belastungsideen“, betont WKS-Präsident Peter Buchmüller.

Milliarden aus Salzburg

Denn die Wirtschaft wird schon jetzt im Wege der „Lohnnebenkosten“ ausreichend zur Kasse gebeten, gerade in einem Bundesland wie Salzburg mit traditionell guter Beschäftigungslage.

  • Abgesehen von einem Einbruch im Corona-Jahr 2020 (-2,7% auf 3,391 Mrd. €) hat das Aufkommen an Sozialbeiträgen längst das Vorkrisenniveau hinter sich gelassen: 2021 kletterten die Beiträge für die diversen Sozialtöpfe schon wieder auf 3,594 Mrd. €, um im Vorjahr auf 3,850 Mrd. € anzusteigen.
  • Insgesamt haben Arbeitgeberbetriebe und Arbeitnehmer:innen somit 3,850 Mrd. € an Sozialbeiträgen für Arbeitslosenversicherung, Pensions- und Krankenversicherung und andere Töpfe aufgebracht. Damit ist das Aufkommen um +7,1% gestiegen.
  • Die Gründe für das starke Wachstum: ein starker Aufschwung nach der Pandemie mit steigender Beschäftigung bis hin zur Vollbeschäftigung (2022: Arbeitslosenrate 3,7%) sowie steigende Löhne und Gehälter. Das führte zu einem überdurchschnittlichen Zuwachs beim Aufkommen an Sozialbeiträgen in Salzburg.
  • 60,12% aller anfallenden Sozialbeiträge (in Salzburg: 2,315 Mrd. €) leisten dabei die Arbeitgeber. Dazu kommen noch die von den Arbeitgebern gezahlten Beiträge zur Mitarbeitervorsorge („Abfertigung neu“) in Höhe von rund 112 Mill. €. Von der vielzitierten Parität beim Aufkommen der Sozialbeiträge kann daher keine Rede sein.

Wohin das meiste Geld fließt

  • Den größten Posten bilden die Pensionsversicherungsbeiträge in Höhe von 2.033 Mrd. €.
  • Danach folgen in Salzburg mit Abstand die Beiträge für die Krankenversicherung mit rund 670 Mill. € und die Arbeitslosenversicherungsbeiträge in Höhe von 475 Mill. €.
  • Die Corona-Kurzarbeit wurde 2022 nur mehr sehr eingeschränkt in Anspruch genommen. Deshalb fällt auch der (nicht herausrechenbare) Anteil der Sozialversicherungsbeiträge durch das AMS nicht mehr wie 2021 ins Gewicht.
  • Aufgrund der Beitragserleichterungen auf Arbeitnehmerseite bei Niedrigverdienern ist auch die Arbeitslosenversicherung nicht mehr paritätisch finanziert.

Arbeitgeber zahlen allein

Einige Sozialtöpfe werden überhaupt nur von den Arbeitgebern befüllt:

  • Etwa der Unfallversicherungsbeitrag, der sich 2022 auf 101,5 Mill. € belaufen hat. Dieser Beitrag dient der Finanzierung der AUVA bzw. des Unfallkrankenhauses. Damit werden die Behandlungskosten im Unfallkrankenhaus auch für jeden Freizeitunfall überwiegend von den Arbeitgebern finanziert.
  • Enorme Mittel bringen die Arbeitgeber im Wege des „Dienstgeberbeitrags“ in Salzburg für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) auf: 470 Mill. € bezahlen die Betriebe für diesen Fonds, aus dem zwar Familienförderung finanziert wird, aber mittlerweile auch viele Leistungen, die mit Familienförderung wenig bis gar nichts zu tun haben.
  • Nicht zuletzt fließen 9 Mill. € in den Insolvenzentgeltsicherungsfonds, den Arbeitgeber allein dotieren. Nur bei Letzterem kam es 2022 zu einer Senkung von 0,2% auf 0,1% der Bruttolohnsumme.
  • Bezüglich der Wohnungsfrage in Salzburg nicht ganz unwichtig: Immerhin fast 74 Mill. € wurden allein in Salzburg von Arbeitgebern und Arbeitnehmern für die Wohnbauförderung überwiesen.
Grafik der WKS
© WKS Stetig entwickelt sich das Aufkommen an Sozialversicherungsbeträgen in Salzburg nach oben. Das Minus von 2020 wurde längst wieder aufgeholt.

Vollbeschäftigung, und dennoch 6%?

Mit einer Sozialquote von 32,9% (Anteil der Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt 2021) gehört Österreich zu den Ländern mit den höchsten öffentlichen Sozialausgaben. Nach Ansicht der WKS könnte der Sozialstaat mit einer flexibleren Beitragsgestaltung effizienter und für alle günstiger ausfallen. 

Hier setzt die WKS vor allem beim Arbeitslosenversicherungsbeitrag an. Denn es gilt die Frage zu beantworten, weshalb auch bei Vollbeschäftigung und damit verbunden weniger Schulungsmaßnahmen der Arbeitslosenversicherungsbeitrag für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer nach wie vor bei 6% (je 3% Arbeitgeber und Arbeitnehmer) liegen muss? Deutschland kommt im Vergleich dazu mit 3% aus.

Die Forderung der WKS: „Salzburgs Wirtschaft erwartet sich daher von der Bundesregierung ein politisches Konzept, wie diese Gelder angesichts eines massiven demografischen Wandels in Zukunft sinnvoll Verwendung finden sollen, da sonst eine deutliche Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages die Konsequenz sein muss!“, fordert WKS-Präsident Peter Buchmüller.

Erste Senkungen 2023 wirksam

Er bekräftigt in diesem Zusammenhang erneut die Ablehnung der Wirtschaft im Hinblick auf eine verpflichtende Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. „Wir müssen die im internationalen Vergleich sehr hohen Arbeitskosten senken, nicht faktisch noch verteuern und damit die Wettbewerbsfähigkeit schwächen.“ 

Der richtige Weg sei es, die Beiträge, wo es möglich ist, flexibel zu senken. „Hier geht es endlich in die richtige Richtung“, so Buchmüller. Denn für das Kalenderjahr 2023 konnte die Wirtschaftskammer die Senkung des Beitrags zur Unfallversicherung von derzeit 1,2% auf 1,1% durchsetzen. Ebenso wurde der Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) von 3,9% auf 3,7% gesenkt.