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Mehr als bloß ein perfektes Kleid: Marlene Mayer über die Kunst der Couture
Schon früh war für die gebürtige Ötztalerin Marlene Mayer klar, dass ihre Leidenschaft der Kunst des Schneiderhandwerks gehört. Im SW-Interview spricht sie über ihre Anfänge und darüber, was es braucht, um als Couturière das perfekte Kleid zu kreieren.
Lesedauer: 3 Minuten
Von der Floristik zur Mode: Was hat Sie dazu bewogen, Couture-Designerin zu werden?
Bereits als Zehnjährige sagte ich zu meiner Cousine, dass ich Designerin werden und große Kleider entwerfen möchte. Schon als Kind nähte ich Kleider für meine Barbie-Puppen. Nach meinem Schulabschluss an einer ländlichen Fachschule fand ich eine Lehrstelle als Floristin im Ötztal. Doch während des Fachunterrichts zeichnete ich ständig Modeskizzen. Nach meinem Lehrabschluss wusste ich: Mein Weg führt in die Modebranche. Deshalb zog ich vom Ötztal nach Kitzbühel.
Wie verlief Ihr Ausbildungsweg?
Obwohl ich nie Herrenmode schneidern wollte, erlernte ich in Kitzbühel den Beruf der Herrenkleidermacherin, da die Firma Prader die einzige war, die eine Lehrstelle anbot. Dort erhielt ich eine fundierte Ausbildung von einem hervorragenden Lehrmeister. Doch mein Wissensdurst war noch nicht gestillt. Nach meiner Lehrabschlussprüfung zog ich nach München, um an der Deutschen Meisterschule für Mode und Design zu studieren. 2011 schloss ich als Modegestalterin ab und bestand die Meisterprüfung zur Damen- und Herrenkleidermacherin.
Wie kamen Sie nach Salzburg?
Durch die Jobsuche. Ich nahm eine Stelle bei „Madl Haute Couture und Tracht“ an. Doch bald reifte in mir der Wunsch nach Selbstständigkeit. Nach einem Jahr ergab sich die Möglichkeit, gemeinsam mit meiner damaligen Kollegin Melanie ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Wie hat sich dieser Schritt angefühlt?
Anfangs waren wir verzweifelt, da wir weder Kundinnen noch Startkapital hatten. Aber was wir hatten, waren eine Vision und zwei Nähmaschinen, die wir im Hinterhof einer Mechaniker-Werkstatt aufstellten. Dort entstand unser erstes Atelier. Zunächst fertigten wir Kleider für Fotoshootings an, doch schon bald kamen die ersten Kundinnen. Nach zwei Jahren stieg meine Kollegin aus.
Wie würden Sie Ihre Designphilosophie beschreiben?
Der Mensch steht bei mir im Mittelpunkt. Ich kreiere Kleider, die die Trägerin kleiden und nicht verkleiden. Beim Erstgespräch berate ich meine Kundinnen zu Stoffen, Schnitten und Farben. Gemeinsam entwickeln wir Schritt für Schritt ein einzigartiges Kleid, das die Persönlichkeit der Trägerin unterstreicht, ohne sie zu verkleiden. Ich lege großen Wert auf Qualität und verwende ausschließlich hochwertige Materialien.
Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?
Meine Kundinnen inspirieren mich am meisten. Sie kommen meist mit einer Grundidee zu mir, und ich begleite sie mit meiner Erfahrung zum perfekten Kleid.
Was macht ein perfekt sitzendes Couture-Kleid aus?
Maßarbeit und Handwerk auf höchstem Niveau sowie der Stil der Kundin, der passende Stoff samt Farbauswahl und 32 Maße, die ich bei der ersten von circa fünf bis sieben Anproben nehme.
Welche Materialien bevorzugen Sie bei der Verarbeitung?
Ich lege großen Wert auf Qualität und verwende ausschließlich hochwertige Materialien, vorzugsweise verarbeite ich Seide und Spitze.
Woher beziehen Sie die Stoffe?
Von Lieferanten aus Italien, Frankreich und Österreich. Die Auswahl treffe ich auf internationalen Stoffmessen in München, Paris und Mailand.
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Wie viel Vorlaufzeit benötigt ein Couture-Kleid?
Das hängt vom Aufwand ab. Generell dauern Ballroben vier bis sechs Monate, Brautkleider mindestens acht Monate.
Was sind die größten Herausforderungen?
Die Anproben. Das Nähen ist für mich Entspannung, doch vor den Anproben bin ich auch nach zwölf Jahren Selbstständigkeit oft nervös – besonders bei Brautkleidern.
Warum gerade bei Brautkleidern?
Weil hier viele Emotionen im Spiel sind und alles perfekt sein muss. In solchen Situationen bin ich nicht nur Couturière, sondern manchmal auch Psychologin. Da braucht es viel Empathie und Feingefühl, mit der ich die Kundin begleite.
Wie viele Mitarbeiterinnen beschäftigen Sie?
Einen Lehrling, eine Meisterin in Teilzeit und eine Volontärin.
Was braucht es, um junge Menschen für das Schneiderhandwerk zu begeistern?
Mehr Sichtbarkeit für das Handwerk und seine kreativen Möglichkeiten.
Was bestätigt Ihren Erfolg?
Das Feedback meiner Kundinnen und verschiedene Auszeichnungen. 2013 gewann ich den Haute Couture Award und wurde einmal Zweite. Über den Anerkennungspreis des Handwerkspreises 2013 habe ich mich sehr gefreut. 2017 holte ich den ersten Platz beim Wedding Award.
Woran arbeiten Sie aktuell?
An meiner ersten Prêt-à-porter-Kollektion, die bald in meinem Atelier und online erhältlich sein wird. Zukünftig möchte ich damit auch exklusive Boutiquen beliefern und suche noch Partner.
Welchen Rat geben Sie Jungunternehmerinnen mit auf den Weg?
Die eigene Vision nicht aus den Augen verlieren. Dranbleiben!
Das Kleid Salzburg