Annemarie Schaur
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Lernen soll Freude machen

Am 1. September hat MMag. Annemarie Schaur die Leitung des WIFI Salzburg von Dr. Renate Woerle-Vélez Pardo übernommen. Wie sie die Zukunft des Bildungsmarktes sieht, erklärt sie im Interview mit der „Salzburger Wirtschaft“.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 30.10.2023

Warum schlägt Ihr Herz für den Bildungsbereich?

Meine Mutter hat nur die Volksschule abgeschlossen, und das war immer ein Thema in unserer Familie. Meine Mutter ist einer der intelligentesten Menschen, die ich kenne, und es war schlimm für sie, dass sie nicht weiter in die Schule gehen oder studieren durfte. Daher hatte Bildung in unserer Familie immer schon einen hohen Stellenwert. Bildung ist ein lebensbegleitendes Projekt, das persönliche Weiterentwicklung ermöglicht. Ein gelungenes Leben kann man stark in Zusammenhang mit gelungenen Bildungspfaden sehen. 

 Gab es zum Thema „Lernen“ ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ich unterrichte auch selbst, und einer meiner Kursteilnehmer hatte Lernen bisher immer nur mit Überwindung und Langeweile verbunden. Nach seinem Maturaabschluss im WIFI meinte er dann erstaunt, dass ihm das Lernen richtig Spaß gemacht hat. Wenn es uns als Erwachsenenbildungseinrichtung gelingt, dass Lernen Freude macht, dann ist das unser eigentliches, „höheres“ Ziel. Und auch ein persönliches Erlebnis will ich erzählen: Ich bin ein klassischer Schulversager. Eine meiner Lehrerinnen sagte mir damals, dass ich zu dumm für die Matura bin. Mit dieser Diagnose habe ich das österreichische Schulsystem verlassen und habe dann durch glückliche Umstände die Studienberechtigungsprüfung absolviert. Und dann ist mir plötzlich klargeworden, dass es nicht an mir gelegen hat, dass ich die Matura nicht bestanden habe, sondern an den Umständen und Menschen, die ihre Aufgabe nicht darin gesehen haben, mich zu unterstützen. Das ist mein Zugang zu Bildung: Das WIFI soll ein Ort sein, an dem man gut lernen kann, an dem wir „ins Gelingen verliebt“ sind.

 Welche Schwerpunkte werden Sie im WIFI setzen?

Ich werde mit einer Zuhörtour durch das WIFI starten, um zu schauen, wie die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Abteilungen funktioniert, was gut läuft und was wir verbessern können. Zudem ist es mir ganz wichtig, dass wir technisch auf dem neuesten Stand und themenführend in der Fachkräfteausbildung sind. Der WIFI-Umbau wird ein wichtiger Schlüssel dazu sein. Es wird z. B. Zentren für Elektrotechnik, Elektronik, KI und Robotik geben, ebenso eines für Umwelt-, Gebäude-  und Installationstechnik sowie für Wellness und Schönheit. In all diesen Zentren werden wir unsere Kompetenzen bündeln. Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass das WIFI als Partner der Salzburger Betriebe vorausdenken muss, wie wir die Salzburger Wirtschaft mit gut ausgebildeten Fachkräften bestens unterstützen können.

Für erfolgreiche Bildungsvermittlung braucht es ein professionelles Trainerteam.

Wir haben das Glück, dass wir am WIFI Salzburg über 1.400 engagierte Trainer:innen haben. Wir freuen uns über hervorragende Weiterempfehlungsraten. Die Fachkompetenz bringen unsere Trainer:innen mit. Wobei wir unterstützen dürfen, ist bei der methodisch-didaktischen Kompetenz. Hier gibt es schon seit Jahren die sehr erfolgreiche WIFI-Trainerakademie und das vom WIFI entwickelte Lernmodell LENA. LENA bedeutet, lebendig und nachhaltig zu lehren und zu lernen. Das Herzstück der Trainerakademie sind methodisch-didaktische Ausbildungen, aber es wird auch vermittelt, wie Teamprozesse ablaufen und was bei Konflikten in einer Gruppe zu beachten ist. Darüber hinaus ist unser Motto, Trainer:innen zu Partner:innen zu machen, sie mit ins Boot zu holen. Durch die Praxis, die sie mitbringen, können wir viel von ihnen erfahren, was es an neuen Entwicklungen gibt, und was wir brauchen, um uns gut aufzustellen. Auch hier soll die Kommunikation weiter intensiviert werden.

 

Wie schaut Ihre Vision vom WIFI Salzburg in Zukunft aus? Wie wird sich das Lernen verändern?

Ich weiß durch eigene Erfahrung als Trainerin, dass man sich sehr gut überlegen muss, wie das Training bei den Teilnehmer:innen ankommt. Wie können unsere Teilnehmer:innen am besten dort abgeholt werden, wo sie mit ihrem Wissen und ihren Kompetenzen stehen? Wir wollen auch neue Technologien in unsere Trainings integrieren: Stichwort „künstliche Intelligenz“. Für diese neuen Technologien brauchen wir mehr Hintergrundwissen. Damit wird Orientierungswissen immer wichtiger werden: Wie kann ich überprüfen, ob etwas stimmen kann? Es braucht aber vor allem Trainer:innen, die sich auf eine Lernbeziehung mit ihren Teilnehmer:innen einlassen. Lernen ist ein zutiefst persönlicher Prozess, es braucht Beziehung, um lernen zu können. Wir wollen als Organisation weiter service- und kundenorientiert sein und uns so aufstellen, dass wertschätzendes Lernen auf Augenhöhe möglich ist. Wir sind ins Gelingen verliebt, wie schon Prof. Rolf Arnold, wissenschaftlicher Begleiter vom WIFI-Lernmodell LENA, feststellte.