Leistungsorientierte Arbeitsmarktpolitik
Die Wirtschaftskammer Salzburg nahm die aktuelle Situation zum Anlass, ihre Mitgliedsbetriebe, die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschäftigen, in einer Umfrage zur Arbeitsmarktpolitik in Österreich zu befragen.
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Rund 700 Betriebe haben an der Umfrage teilgenommen. „Dieses sehr hohe Interesse ist ein Indiz dafür, dass das Themenfeld der Vermittlung von Arbeitslosen auf offene Stellen für unsere Mitgliedsbetriebe auch in der aktuell konjunkturell schwierigen Lage zentrale Bedeutung hat“, sagt Lorenz Huber, Leiter des Bereichs Sozial- und Arbeitsrecht in der WKS.
Das unterstreichen auch die aktuellen Zahlen des Arbeitsmarkts. Ende November 2024 bleibt die Arbeitslosenquote mit 5,0% im Bundesland Salzburg auf niedrigem Niveau. Nach Oberösterreich weist Salzburg den zweitniedrigsten Wert in ganz Österreich aus.
Die hartnäckige Rezession, in der die Wirtschaft nach wie vor steckt, kommt auch in der unlängst präsentierten Herbst-Konjunkturumfrage der WKS klar zum Ausdruck. Trotz der wirtschaftlichen Wachstumsschwäche sehen beachtliche 32% der Unternehmen den Arbeitskräftemangel weiterhin als größtes wirtschaftliches Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung. 48,6% der Unternehmen suchen derzeit aktiv Personal. Nach unseren Berechnungen sind in der gewerblichen Wirtschaft aktuell rund 10.575 Stellen unbesetzt.
Zu wenige Arbeitsanreize
„Die österreichische Arbeitsmarktpolitik setzt zu wenige Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung und enthält zu viele Inaktivitätsfallen. Wir brauchen aber eine leistungsorientierte Arbeitsmarktpolitik, von der wir uns auch Wachstumsimpulse für die Wirtschaft erhoffen können“, betont WKS-Präsident Peter Buchmüller.
Studien belegen, dass die größten Wachstumsimpulse von einer Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Jahresarbeitszeit ausgehen. Daher ist die rasche Besetzung aller offenen Stellen ein wichtiger Schlüssel zu mehr Wirtschaftswachstum. Nur so können die sozialen Netze langfristig finanziert werden.
Umfrage mit deutlichen Ergebnissen
Auf die Frage, ob die Arbeitslosenversicherung genügend Anreize für die Arbeitsaufnahme biete, antworteten 83% der Befragten mit Nein, nur knapp 17% bejahten die Frage. Bei den Zusatzfragen waren 84% der Meinung, das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe seien zu hoch. Für rund 70% macht die Möglichkeit des geringfügigen Zuverdienstes neben dem Leistungsbezug die Arbeitsaufnahme unattraktiv.
Deutlich fiel auch die Antwort auf die Frage nach einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe aus, wie von AK und ÖGB immer wieder gefordert wird. Eine satte Mehrheit von 95% der Befragten sprachen sich klar dagegen aus.
Rund zwei Drittel gaben an, bereits Probleme mit dem Verhalten von Personen gehabt zu haben, die vom Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt wurden. Als Gründe dafür wurden mit 89% ein generelles Desinteresse, fehlende Kontaktaufnahme durch Bewerber (56%) und unzuverlässiges Verhalten (51%) genannt.
Mehr als die Hälfte der Befragten (54%) gab an, nicht alle offenen Stellen an das AMS zu melden. Als Gründe wurden die geringen Erfolgschancen (59%) sowie die fehlenden erforderlichen Qualifikationen der vermittelten Person (54%) genannt.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Umfrage konnten zusätzlich ihre Meinung äußern. Aus den annähernd 200 Einträgen geht klar eine Ablehnung von überbordenden Sozialleistungen hervor, die die Aufnahme einer Beschäftigung unattraktiv erscheinen lassen.
WKS fordert Ende der Inaktivitätsfallen im System
Die WKS fordert ein degressives, kostenneutrales Arbeitslosengeld. Dieses kann zwar anfangs höher als die aktuelle Nettoersatzrate in Höhe von 55% ausfallen, um sich in den ersten Monaten ohne Druck der Jobsuche widmen zu können. „Es muss dann aber geringer werden, um eine Arbeitsannahme anzustoßen“, fordert WKS-Präsident Peter Buchmüller.
Kritisch gesehen wird auch der Umstand, dass, wenn eine arbeitslose Person krank wird, der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen wird und die zuerkannte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes nach Beendigung des Krankenstandes weiterbezogen werden. „Dadurch wird die Arbeitslosigkeit grundlos verlängert, das muss unterbunden werden“, ist Buchmüller überzeugt.
Ähnlich verhält es sich mit dem geringfügigen Zuverdienst neben dem Bezug des Arbeitslosengeldes. Im Jahr 2023 betrug das Arbeitslosengeld in Salzburg monatlich durchschnittlich rund 1.160 €. Mit Notstandshilfe in Kombination mit dem geringfügigen Zuverdienst in Höhe von 518,44 € (Wert 2024) ergibt dies einen möglichen Gesamtbezug in Höhe von annähernd 1.700 €.
Nach dem Kollektivvertrag für die Handelsangestellten zum Beispiel beträgt für Verkaufstätigkeiten das Mindestgehalt der Beschäftigungsgruppe D in der Stufe 3 (7. bis 9. Jahr) für 38,5 Wochenstunden 2.525 € brutto (Wert 2024). In diesem Fall dürfte man, um die Geringfügigkeitsgrenze nicht zu überschreiten, knapp acht Wochenstunden arbeiten. Bei der gleichen Einstufung beträgt das kollektivvertragliche Gehalt für rund 26 Wochenstunden rund 1.700 €. Das System bewirkt somit, dass die betroffene Person in dem genannten Beispiel ca. 18 Stunden umsonst arbeitet.
„Mehrere Studien zeigen, dass sich die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für die Betroffenen oft nicht lohnt. Dasselbe verfügbare Einkommen bei Geringfügigkeit und Arbeitslosengeld wird bei einem vollversicherten Dienstverhältnis oft erst bei vielen Wochenstunden erreicht. Das darf nicht sein“, so der WKS-Präsident.
Österreich sei außerdem neben Belgien das einzige Land in Europa, in dem Arbeitslose bis zur Pension vom AMS eine Unterstützung in Form der Notstandshilfe erhalten. Deshalb brauche es laut Buchmüller eine Befristung dieser Unterstützung, die – weil sie nichts mit der Arbeitslosenversicherung zu tun habe – eigentlich aus dem allgemeinen Budget finanziert werden sollte.
Die WKS unterstütze zudem den konsequenten Vollzug von strengen Sanktionen gegen jene, die eine Arbeitsaufnahme oder die Teilnahme an einer Schulung verweigern. Bei Nichteinhaltung eines Kontrolltermins solle eine mindestens siebentägige Sperre vorzusehen. „Bei der Annahme einer zumutbaren Beschäftigung handelt es sich auch um eine Frage der Fairness gegenüber der Versichertengemeinschaft“, gibt der WKS-Präsident zu bedenken.