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Kein Silberstreif am Horizont in Sicht

Die Herbst-Konjunkturumfrage 2024 der WKS zeigt, dass die Wirtschaft nach wie vor in einer hartnäckigen Rezession feststeckt. Die künftige Bundesregierung muss deshalb dringend Wachstumsimpulse setzen. 

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Aktualisiert am 25.11.2024

WIFO und IHS mussten ihre Konjunkturprognose für das Jahr 2024 bereits zweimal nach unten korrigieren. Das erhoffte Anspringen des Konsums ist ausgeblieben, somit wurde auch die Konjunktur nicht angekurbelt - vielmehr ist die Wirtschaft geschrumpft. Die nach wie vor lahmende Weltwirtschaft - besonders die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des wichtigen Handelspartners Deutschland - wirken sich negativ auf die kleine, exportorientierte Wirtschaft Österreichs aus. Vor allem die Industrie, die Bauwirtschaft und der Handel befinden sich in einer schwierigen Lage. Zudem hat der Wirtschaftsstandort Österreich deutlich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt und trägt die rote Konjunkturlaterne innerhalb der EU. „Die Konjunkturprognose zeigt, dass sich die Stimmung in den Betrieben weiter eingetrübt hat und man auch mit gemischten Gefühlen in die Zukunft blickt. Wir brauchen aber wieder Wirtschaftswachstum, um unserem Wohlstand und unser Sozialsystem abzusichern“, betont WKS-Präsident KommR Peter Buchmüller. 


Wirtschaftliche Entwicklung in der Seitwärtsbewegung

Die angespannte Situation spiegelt die Herbst-Konjunkturumfrage 2024 der Wirtschaftskammer Salzburg deutlich wider, an der diesmal 1.148 Unternehmen teilgenommen haben. „Das ist ein absoluter Rekordwert. So viele Rückmeldungen haben wir noch bei keiner Konjunkturumfrage bekommen. Das ist ein Indiz dafür, dass es den Unternehmerinnen und Unternehmern ein Anliegen ist, auf ihre schwierige Lage hinzuweisen“, erklärt Christoph Fuchs, Leiter der Stabstelle Wirtschafts- und Standortpolitik.    

Vergleicht man etwa die aktuellen Auftragserwartungen mit jenen im Frühjahr 2024 fällt auf, dass der Prozentsatz jener Betriebe, die die Lage als schlecht beurteilen von 26% im Mai auf 29% im November zugenommen hat. Zum Verglich im Herbst 2019 – also vor der Corona-Pandemie – waren es nur 8%, die von einer negativen Auftragsentwicklung ausgegangen sind. Eine gute Auftragslage erwarten hingegen nur 22% der Unternehmen, im Frühjahr 2024 waren es noch 25% und vor der Pandemie sogar 42%. 

Sieht man sich die Rückmeldungen der jeweils zum damaligen Zeitpunkt herrschenden Geschäfts- und Auftragslage per Saldo an – also positive und negative Rückmeldungen zusammengerechnet - so ergibt sich ein noch klareres Bild. Während die aktuelle Geschäftslage nach einer Seitwärtsbewegung mit 13 Punkten noch im positiven Bereich liegt, befindet sich die aktuelle Auftragslage - über alle Branchen berechnet - mit zwei Punkten im negativen Bereich. „Die Prognose für das erste Halbjahr 2025 ergibt eine negative Tendenz. Wenn sich an der aktuellen Entwicklung nichts ändert, werden sowohl Geschäfts- als auch Auftragslage im Frühjahr 2025 im negativen Bereich liegen. Es ist also kein Silberstreif am Horizont ersichtlich“, analysiert Fuchs. 


Weiterhin schlechte Auftragslage in vier Sparten

Betrachtet man die Auftragslage nach Sparten, dann befinden sich das Gewerbe und Handwerk derzeit noch im positiven Bereich, sollte aber im Frühjahr 2025 in den negativen Bereich (-11) abrutschen. Der Handel erholt sich zwar leicht, die Betriebe rechnen aber weiterhin mit einer negativen Auftragslage (-15). Keine Besserung ist auch im Transport und Verkehr zu erwarten, wo die Aufträge stark zurückgehen (-28). „Die Industrie kämpft mit der schlechtesten Auftragslage aller Sparten, wobei sich der Rückgang noch beschleunigt hat (-54) und geht bereits ins dritte Jahr der Rezession. Da liegt vor allem an der lahmenden Weltkonjunktur, aber auch am Verlust an Wettbewerbsfähigkeit durch zu hohe Arbeits- und Energiekosten“, beurteilt Fuchs die Lage und ergänzt: „Die Sparten Bank und Versicherung sowie Information und Consulting erweisen sich als sehr krisenresilient, der Tourismus hat sich nach der Pandemie wieder erholt.


Investitionslaune weiterhin verhalten, Personalstand bleibt gleich, Preise steigen

Diese schwierige Situation hat Auswirkungen auf den Personalstand, die Investitionslaune der Unternehmen und die Verkaufspreise.  

  • So geben 39% der befragten Unternehmen an, für die kommenden sechs Monate keine Investitionen zu planen. 31% erwarten ein gleichbleibendes Niveau bei den Anschaffungen, 18% gehen von einem sinkenden Investitionsvolumen aus und nur 12% werden mehr investieren. Das Bild, das sich daraus ergibt, zeigt, dass die Unternehmen vorsichtig sind. Der Großteil (30%) fließt in notwendige Ersatzinvestitionen und nur ein geringer Teil in Neuinvestitionen (18%) sowie Rationalisierungsinvestitionen (8%). 
  • Die Wachstumsschwäche wirkt sich negativ auf den Personalstand aus, entschärft aber dafür das Problem des Personalmangels etwas. Für die kommenden sechs Monate erwarten 13% einen steigenden, 22% einen sinkenden und 65% der befragten Unternehmen einen gleichbleibenden Personalstand.
  • Die Inflation ist zwar in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen, dennoch geben die Unternehmen mit 48% mehrheitlich an, dass ihre Verkaufspreise in den kommenden sechs Monaten eher steigen werden. Allein durch den Wegfall der Energiepreismaßnahmen Ende 2024 und den steigenden CO₂-Preis erhöht sich laut OeNB im Jahr 2025 die Inflation wieder um rund 0,6 Prozentpunkte.

Hohe Arbeitskosten als größtes Risiko

69% der Befragten sehen in den hohen Arbeitskosten das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens in den nächsten sechs Monaten. Die hohen Lohnabschlüsse vom vergangenen Herbst gepaart mit zu geringen Produktivitätsfortschritten haben in der Folge zu einem markanten Anstieg der Lohnstückkosten geführt. Dadurch mussten die Salzburger Betriebe herbe Einbußen bei der Wettbewerbsfähigkeit hinnehmen. Ebenfalls große Sorgen bereiten die Energie- und Rohstoffpreisen (47%), gefolgt vom Nachfragemangel (43%) und dem Mangel an Arbeitskräften (32%).


Risiken: Arbeits- und Energiekosten sowie Nachfrage- und Arbeitskräftemangel

Für WKS-Präsident Peter Buchmüller zeigt die Herbst-Konjunkturumfrage ganz deutlich, wo eine künftige Bundesregierung den Hebel ansetzen muss: „Wenn fast 70% der Befragten die Arbeitskosten als größtes Risiko für ihr Unternehmen einstufen, dann ist das ein Weckruf für die Politik. Die neue Bundesregierung muss für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts sorgen und die Betriebe deutlich entlasten. Deshalb führt an einer umfassenden Senkung der Lohnnebenkosten und einem mutigen Abbau der bürokratischen Hürden kein Weg vorbei“. Entsprechende Vorschläge, in welchen Bereichen diese Senkung durchgeführt werden könnte, habe die WKS bereits vorgelegt. 

Die Energiepreise haben sich auf einem hohen Niveau eingependelt und werden von den befragten Unternehmen als zweithöchstes Risiko (47%) eingestuft. Durch das Auslaufen der Wirtschaftshilfen - die zur Abfederung der explodierenden Energiepreise eingeführt wurden - und dem Ansteigen der Netzgebühren für Strom und Gas, werden die Energiekosten 2025 allerdings wieder deutlich steigen. „Das bedeutete einen weiteren Wettbewerbsnachteil vor allem gegenüber den USA und Asien. In diesem Zusammenhang ist es dringend erforderlich, dass die Elektrizitäts- und Erdgasabgabe weiterhin auf das EU-Mindestmaß gesenkt bleibt, die Ökostromabgaben ausgesetzt bleiben und die geplante Erhöhung der Netztarife bei Strom und Gas nochmals genau überdacht bzw. auf negative Standorteffekte überprüft wird.“, appelliert Buchmüller. 

Der Nachfragemangel (43%) sei laut Buchmüller auf die fehlende Zuversicht zurückzuführen. „Die hohen Lohnabschlüsse im vergangenen Jahr haben den Konsum nicht angekurbelt. Dafür ist die Sparquote stark angestiegen, weil die Menschen unsicher sind, wie sich die wirtschaftliche Situation weiterentwickelt“, so Buchmüller. Es werde Aufgabe der künftigen Bundesregierung sein, den Menschen wieder mehr Zukunftsoptimismus zu vermitteln. Der Arbeitskräftemangel (32%) rangiert zwar nur auf Platz vier der Risikoliste, die verhaltene Beschäftigungsdynamik ändert aber nichts an der demographischen Entwicklung. „Wenn die Konjunktur wieder anspringt, dann werden wir wieder Arbeitskräfte brauchen. Deshalb muss ein neuer Anlauf für eine Arbeitsmarktreform genommen werden, damit das Comeback der Wirtschaft nicht am Mangel an Arbeitskräften scheitert“, bekräftigt der WKS-Präsident.        


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Foto 1: Leiter der Stabstelle Wirtschafts- und Standortpolitik Christoph Fuchs und WKS-Präsident Peter Buchmüller. (v.l.).