Bei der gemeinsamen Pressekonferenz (v. l .): WKS-Präsident Buchmüller, AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer und AK-Präsident Peter Eder.
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Jetzt Maßnahmen gegen den Arbeitskräftemangel setzen!

Der Arbeitsmarkt in Salzburg erweist sich trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation als krisen­fest. Unter Berücksichtigung der Wiedereinstiegszusagen gibt es noch mehr offene Stellen als arbeitslos gemeldete Personen. Fehlende Arbeitskräfte bleiben trotz der gedämpften Dynamik auf dem Arbeitsmarkt ein zentrales Thema für die Wirtschaft.

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Aktualisiert am 14.09.2024

Der Arbeitsmarkt befindet sich aktuell in einer widersprüchlichen Lage. Üblicherweise wächst die Wirtschaft stärker als die Beschäftigung. Der demografische Wandel ist schon voll im Gang und wird die Lücke auf dem Arbeitsmarkt langfristig weiter vergrößern. Trotz der derzeit stagnierenden bzw. schrumpfenden Wirtschaft – vor allem in der Industrie und der Bauwirtschaft – wächst die Beschäftigung. „Salzburg hat im vergangenen Jahr eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in Österreich verzeichnet und es gab, wenn man die erteilten Wiedereinstellungszusagen berücksichtigt, mehr offene Stellen als arbeitslos vorgemerkte Personen“, zog WKS-Präsident Peter Buchmüller bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit AK und AMS Bilanz über das Jahr 2023. Die Situation lässt sich in erster Linie dadurch erklären, dass viele Betriebe wegen des virulenten Arbeitskräftemangels der vergangenen Jahre ihr Personal gehalten haben, obwohl die Auslastung dafür eigentlich nicht da war. Das könnte sich laut Experten wegen der stark gestiegenen Lohnkosten und der fragilen wirtschaftlichen Lage heuer vorübergehend ändern.


Diese Annahme unterstreicht auch die jüngste Konjunkturumfrage der WKS im Herbst 2023, wonach die Salzburger Betriebe die hohen Arbeitskosten und den Nachfragemangel als die größten Risiko­faktoren für die kommenden sechs Monate nennen. Erst an dritter Stelle folgt die Sorge wegen der fehlenden Arbeitskräfte. Dabei dürfte es sich jedoch nur um eine Momentaufnahme handeln. „Auch wenn die Beschäftigungsdynamik derzeit etwas nachlässt, kommt der nächste Aufschwung bestimmt. Dann nimmt auch der Kampf um Arbeitskräfte wieder Fahrt auf. Deshalb muss die Politik – Superwahljahr hin oder her – jetzt an den entsprechenden Stellschrauben drehen, um Arbeitskräfte für das Comeback der Wirtschaft zu mobilisieren“, forderte Buchmüller.

Im Übrigen spiegeln die beim AMS gemeldeten Stellen den tatsächlichen Bedarf bei weitem nicht wider. Viele Betriebe geben ihre offenen Stellen dem AMS nicht mehr bekannt, weil sie wissen, dass ihnen dieses trotz aller Bemühungen keine geeigneten Bewerber:innen vermitteln kann. In der zweiten Jahreshälfte 2023 waren beim AMS Salzburg durchschnittlich 9.251 offene Stellen gemeldet. Diese stellen jedoch nur einen Teil des tatsächlichen Bedarfes dar. Unter Berücksichtigung der Online-Jobportale sowie einer Bereinigung in Bezug auf Duplikate ergibt sich, dass der tatsächliche Bedarf im gleichen Zeitraum mit durchschnittlich 19.365 offenen Stellen mehr als doppelt so hoch ist. Rund ein Viertel der arbeitslos gemeldeten Personen hat eine verbindliche Wiedereinstellungszusage und steht der Vermittlung daher nicht zur Verfügung.

Nachjustierungen im vergangenen Jahr waren zu wenig

Nach der gescheiterten Arbeitsmarktreform, die für die Wirtschaft so wichtig gewesen wäre, gab es 2023 zwar einige zaghafte Verbesserungen, die für den WKS-Präsidenten jedoch nicht weit genug gegangen sind. „Betrachten wir beispielsweise die steuerliche Entlastung der Überstunden. Die Erhöhung des Deckels auf 200 € ist einfach zu wenig. Beim niedrigsten durchschnittlichen Stundensatz eines Handwerkers gehen sich keine zehn Überstunden aus. Das ist definitiv kein Anreiz“, verdeutlichte Buchmüller.

Gleiches gelte für die jüngsten Maßnahmen im Pensionsbereich. Rund 20% der (angehenden) Pensionist:innen sind laut Umfragen bereit, auch nach Erreichen des Regelpensionsalters etwas für den Arbeitsmarkt zu leisten — wenn es sich entsprechend lohnt. Bekanntlich zahlen Pensionist:innen künftig bis zu einer Zuverdienstgrenze von rund 1.000 € keine Beiträge zur Pensionsversicherung. Außerdem bekommen jene, die das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreicht haben, aber weiterarbeiten, danach eine um gut 5% höhere Pension. „Bei der Kombination von Pensions- und Erwerbseinkommen werden beide Einkommen zusammengerechnet. Da wir in Österreich ein progressives Steuersystem haben, rutschen die Betroffenen mitunter in eine höhere Lohnsteuerstufe. Damit ist auch der Anreiz, neben der Pension zu arbeiten, wieder dahin“, rechnete der WKS-Präsident vor und forderte: „Ich hoffe, die Bundesregierung setzt vor der Wahl noch nachhaltigere Maßnahmen im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Solche, die nicht nur gut gemeint, sondern auch durchdacht und gut gemacht sind.“ 

Keine gefährlichen Experimente mit der Arbeitszeit

Ein Wahlkampfthema im heurigen Superwahljahr wird vermutlich auch wieder die Forderung nach einer generellen Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich sein. „Das wäre eine weitere Belastung für die Betriebe, es würde den Faktor Arbeit weiter verteuern, den Arbeitskräftemangel zusätzlich verstärken und die Inflation anheizen. Derartig standortschädliche Ideen sind strikt abzulehnen“, sagte Buchmüller. Dieser Meinung schließen sich 90% der Salzburger Unternehmen an, wie eine Umfrage der WKS im vergangenen Jahr ergeben hat. Sie hätte auch drastische Auswirkungen auf Services und Dienstleistungen. Laut WKS-Umfrage würden Installateure und Elektrotechniker bei einer generellen Arbeitszeitverkürzung ihre Notdienste einschränken, ein Drittel der Befragten würde sie sogar völlig einstellen. „Wenn wir unseren Wohlstand, unseren Lebensstil und unseren Sozialstaat nicht gefährden wollen, dann müssen wir mehr arbeiten und nicht weniger. Dafür muss die Politik aber auch entsprechende Anreize setzen“, stellt Buchmüller klar. Im Übrigen hat sich die Forderung der Gewerkschaft nach einer Arbeitszeitverkürzung ohnehin bereits erfüllt, da die durchschnittliche Arbeitszeit in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich gesunken ist.    

Die Forderungen der WKS

Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung: Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist der stärkste Hebel, um zusätzliches Arbeitskräftepotenzial zu heben. Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung würde die Schaffung ausreichender räumlicher und personeller Vor­aus­setzungen in der Kinderbetreuung be­­schleunigen.

Neuordnung des Arbeitslosengeldes: Das Arbeitslosengeld soll degressiv gestaltet werden. Es kann anfangs durchaus etwas höher ausfallen, wenn es dann aber geringer wird, um eine Arbeitsannahme anzustoßen. 

Keine Zuverdienstmöglichkeiten oder zumindest deren massive Einschränkung in der Arbeitslosigkeit: Sie haben sich als Inaktivitätsfalle erwiesen und führen dazu, dass länger als notwendig Arbeitslosengeld  bezogen wird.

Bessere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt: Von den meist jungen Männern, die während der großen Flüchtlingswelle 2015 zu uns gekommen sind, arbeiten 40% immer noch nicht.Gleiches gilt für die Ukrainer:innen, für die es finanziell oft vorteilhafter ist, nicht arbeiten zu gehen.

Weitere Verbesserungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte: Die Anpassungen, die 2022 vorgenommen wurden, zeigen Wirkung, allerdings auf sehr niedrigem Niveau; diese können nur ein erster Schritt gewesen sein. 2022 wurden in Salzburg 471 positive Gutachten für eine RWR-Karte erstellt, 2023 waren es 665.

Die überregionale Vermittlung (auch jene von Asylberechtigten) ist weiter auszubauen und zu verbessern. Erste Versuche der Vermittlung von Asylberechtigten von Wien nach Salzburg brachten noch nicht das gewünschte Ergebnis.

Forcierung der Eingliederungsbeihilfe: Sie ist ein unbürokratisches und sehr effektives Instrument, Salzburg hat österreichweit bei der Arbeitsmarktintegration durch die Eingliederungsbeihilfe die besten Werte.

Ohne qualifizierte Zuwanderung wird Salzburg die Arbeitskräfte-Lücke nicht schließen können. Daher sollte sich das Bundesland Salzburg als Standort für qualifizierte Fachkräfte profilieren, wofür es ausreichend Ressourcen braucht.