70 Jahre Leidenschaft für das Süße
Die Konditorei Moser in Seekirchen feiert ihr 70-jähriges Firmenjubiläum. Im SW-Interview sprechen Martina Moser und ihr Vater über die Entwicklung des Familienbetriebes und darüber, was es braucht, um über Jahrzehnte auf Qualität zu setzen und erfolgreich zu sein
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Herr Moser, können Sie die Geschichte Ihres Betriebes skizzieren?
Walter Moser (WM): Die Ursprünge liegen im Jahr 1953, als meine Mutter den „Flachgauer Hof“ als Gastbetrieb mit 14 Fremdenzimmern gebaut hat. 1973 habe ich diesen gemeinsam mit meiner Frau übernommen und zu einer Café-Konditorei umgestaltet. Auch wenn ich ursprünglich Steinmetz oder Förster werden wollte, kann ich mir rückblickend keinen schöneren Beruf als den Konditorberuf vorstellen.
Wie waren die ersten Jahre?
WM: Wir hatten Anlaufschwierigkeiten. Damals war es nicht gang und gäbe, ins Kaffeehaus zu gehen. Man hat zu Hause gebacken. Aber im Laufe der Zeit ist das Geschäft gerade an den so genannten „Konditorfeiertagen“ wie Muttertag, Allerheiligen und Weihnachten explodiert.
Welche Kuchen und Torten haben Sie damals angeboten?
WM: Das Angebot war auf keinen Fall so umfangreich wie heute. Die beiden gängigsten Torten waren die Topfen-Sahne-Torte, die Cremeschnitte und die Esterhazy-Schnitte. Die finden sich heute noch in der Vitrine. Generell waren alle Mehlspeisen kalorienhaltiger und üppiger.
Wie schaut es mit dem Lehrlingsnachwuchs aus?
Martina Moser (MM): Wir haben aktuell nur einen Lehrling, obwohl das Interesse am Beruf derzeit schon groß ist – hervorgerufen auch durch den Backtrend, der in den Sozialen Medien zu verfolgen ist. In Salzburg haben wir jährlich ca. 25 bis 30 Lehrlinge.
Frau Moser, Sie waren sieben Jahre Innungsmeisterin. Was tut die Innung, um junge Menschen für dieses Handwerk zu begeistern?
MM: Ich habe in meiner Funktionsperiode sehr viel dafür gemacht: Qualitätsverbesserungen in der Ausbildung vorgenommen, einen Vorbereitungskurs für die Lehrabschlussprüfung aufgestellt, den Meisterprüfungskurs erweitert. Leider musste wegen Corona vieles zurückgefahren werden. Kürzlich wurde ich von der Innung eingeladen, bei der Umsetzung neuer Aktivitäten mitzuwirken. Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen und gut zusammenarbeiten – Lehrbetriebe und Ausbilder sowie Lehrlinge und Berufsschule!
Wo liegen die größten Herausforderungen?
MM: Was die Meisterprüfung betrifft, in dem enormen Zulauf aus den anderen Bundesländern, weil die keine Kurse und Prüfungen anbieten, und auch aus Deutschland, weil es dort aufwendiger und teurer ist. Allgemein haben wir ein Qualitätsproblem, weil zur Meisterprüfung jeder, auch ohne fachliche Qualifikation – Voraussetzung ist Matura – zugelassen ist. Unsere Kursleiter:innen sind zu viel mit einfachen Standards beschäftigt, die Zeit für ein vertieftes Kursangebot für Fachkräfte fehlt.
Was sind Ihre Ziele?
MM: Es geht hauptsächlich um Qualitätssteigerung bzw. -sicherung in der Ausbildung. Da spielen verschiedene Arbeitszeitmodelle für Mütter eine große Rolle.
Wie viele Mitarbeiter:innen beschäftigen Sie?
MM: Aktuell beschäftige ich drei Teilzeitkräfte und eine Vollzeitkraft sowie einen Lehrling. Früher, im Café, hatte ich 15 Mitarbeiter:innen, hauptsächlich Teilzeitkräfte.
Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis, das Sie zu diesem Beruf geführt hat?
MM: Ja, weil ich quasi im Geschäft und in der Backstube aufgewachsen bin. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich bereits als Schulkind sehr zeitig in der Früh gemeinsam mit meinem Vater in der Backstube Krapfen geschliffen habe.
Nach der Tourismusschule in Bad Hofgastein und der verkürzten Lehre in der Konditorei Schatz verschlug es Sie ins Ausland. Wie kam es dazu?
MM: Das Sheraton, wo ich unter der Führung des damaligen Küchenchefs Josef Illinger als Commis Pâtissier gearbeitet habe, bot mir die Möglichkeit, für einige Monate in den Sheraton Backstuben in Südamerika oder China zu arbeiten. Danach war ich lange für Do & Co tätig, habe die Welt bereist und war auch in Berlin länger stationiert. Die Auslandsaufenthalte waren eine tolle und wichtige Erfahrung für mich.
Was hat Sie dazu bewegt, in die Heimat zurückzukehren?
MM: Als mich der Anruf meines Vaters erreicht hat und er mir mitgeteilt hat, dass er in Pension gehen will. Das war 2003. Im April 2006 habe ich nach einer zweimonatigen Umbauphase dann den Betrieb weitergeführt.
Was braucht es für die Übernahme eines Familienbetriebes?
MM: Vertrauen und Wertschätzung von beiden Seiten. Leider ist es oft so, dass die ältere Generation das Gefühl hat, dass man das Alte schlechtmacht, wenn man einiges verändern will. Aber man macht sich ja deshalb selbstständig, weil man sich selbst verwirklichen will. Ich habe meinem Vater gesagt, dass ich den Betrieb gerne übernehme, aber nach meinen eigenen Vorstellungen weiterführen möchte.
Herr Moser, wie ist es Ihnen dabei ergangen?
WM: Ich war sehr froh, dass Martina wieder zurückkommen wollte. Ich habe dann auch eingesehen, dass ich bereit sein muss, die Veränderungswünsche meiner Tochter mitzutragen, weil ich gespürt habe, dass meine Tochter darin ihre Erfüllung findet.
Was haben Sie bei Ihrer Übernahme 2006 alles verändert?
MM: Ich habe baulich einiges verändert, aber auch das Angebot an die Zeit angepasst. 2005 ist der Trend des Frühstücken-Gehens aufgekommen. Das war für die Konditorei ein großes Glück, weil der Vormittag in der Konditorei früher eher ruhig war.
Wie hat sich das Handwerk des Konditorengewerbes im Laufe der Jahre verändert?
MM: Wenig. Wir sind immer noch ein richtiger Handwerksberuf, der mit wenig Maschinen auskommt. Jede Masse wird mit der Hand eingerührt, jede Torte wird von Hand eingestrichen und das Aufschneiden der Torten per Hand kann am Sonntag schon mal drei Stunden dauern.
Wie viele Sorten Mehlspeisen bieten Sie an?
MM: An die 30, wobei wir saisonal wechseln. Jetzt kommt bald die Mohn-Zwetschgen-Torte oder die Kürbis-Schokomousse-Torte in die Vitrine oder eine Apfel-Zimt. Wir sind unglaublich innovativ und flexibel. Zum Glück sind meine Mitarbeiter:innen genauso experimentierfreudig wie ich.
Was war der Grund, Ihr Café zu verpachten?
MM: Ich war überlastet. Zwölf Jahre lang hatte ich nur einen Ruhetag in der Woche. Das war der Grund, warum ich das Café an meinen langjährigen Mitarbeiter Harald Soyer verpachtet habe. Das erforderte einiges an Investitionen in Strom- und Wasserzähler, damit die Abtrennung reibungslos funktioniert. Nun kann ich mich mehr meiner Leidenschaft als Konditormeisterin widmen.
Was braucht es für den beständigen Erfolg?
MM: Die Leidenschaft für den Beruf, Fleiß, die Kreativität und den gleichbleibend hohen Qualitätsstandard. Immer wichtiger wird das Kalkulieren, bei unberechenbar steigenden Preisen und Lohnkosten, um auch langfristig wirtschaftlich leben zu können.