Kartellrecht in Österreich
Jeder Unternehmer ist an kartellrechtliche Regeln gebunden
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Jeder in Österreich tätige Unternehmer ist bei der Ausübung seiner wirtschaftlichen Tätigkeit an die kartellrechtlichen Regel gebunden. Diese ergeben sich einerseits unmittelbar aus dem europäischen Wettbewerbsrecht (Art. 101 und 102 AEUV) und andererseits aus heimischen Rechtsvorschriften (vor allem dem Kartellgesetz - KartG - und dem Wettbewerbsgesetz).
Unternehmer sind auf zweierlei Art vom Kartellrecht betroffen
- Unternehmer sind verpflichtet, die inhaltlichen und formellen Regeln zur Erhaltung funktionierenden Wettbewerbs zu beachten und können durch die Anwendung drastischer Zwangsmaßnahmen angehalten werden, den rechtskonformen Zustand herzustellen.
- Unternehmer sind (neben Konsumenten) Schutzsubjekte der kartellrechtlichen Regeln; sie können die Behörden auf Regelverstöße hinweisen und selber Maßnahmen zum Rechtsschutz ergreifen.
Problematische Tatbestände
Folgende Wettbewerbsbeschränkungen sind - insoweit sie nicht freigestellt sind – als verboten anzusehen:
- Horizontale Vereinbarungen, d.h. Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern (z.B. gemeinsame Festsetzung von Verkaufspreisen, koordinierte Einschränkung der Produktion, Aufteilung von räumlichen Märkten)
- Vertikale Vereinbarungen, d.h. Vereinbarungen zwischen Vertriebspartnern (z.B. Beschränkungen des Einzelhandels, die eigenen Verkaufspreise festzusetzen oder in einem selektiven Vertriebssystem passive Verkäufe an Endverbraucher vorzunehmen, Alleinbezugs- und Alleinvertriebsverträge)
- Der leistungswettbewerbswidrige Missbrauch der Marktmacht durch ein oder mehrere beherrschende Unternehmen (Behinderungs- und Ausbeutungsstrategien gegenüber Wettbewerbern und Lieferanten)
Fusionskontrolle
Zur Verhinderung einer konzentrierten Marktstruktur, die zu einer Verminderung an Wettbewerb führt, ist eine vorauseilende Kontrolle für Unternehmenszusammenschlüsse mit gewisser Bedeutung vorgesehen. Dazu müssen Fusionen, die genau festgelegten Umsatzschwellen überschreiten, eine Anmeldung bei der jeweils zuständigen Wettbewerbsbehörde (entweder bei der Bundeswettbewerbsbehörde oder bei der EU-Kommission) abgeben.
Abgrenzung gegenüber dem Recht gegen unlauteren Wettbewerb (UWG)
Im sogenannten Lauterkeitsrecht geht es im Wesentlichen darum, den Unternehmer die Möglichkeit einzuräumen, sich gegen schädigende Wettbewerbshandlungen der Konkurrenten zur Wehr zu setzen bzw. werden Konsumenten gegenüber unlauteren Geschäftspraktiken von Unternehmern geschützt. Das Kartellrecht dient demgegenüber in erster Linie der Verhinderung von Unternehmensabsprachen, die den Wettbewerb als Institution beschränken. Im Bereich des Missbrauchsverbotes gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen gibt es Überschneidungen zwischen Kartellrecht und dem UWG.
Bei Fällen, in denen beide Rechtsmaterien in Anspruch genommen werden können, hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob man sich besser vor dem Handelsgericht auf das Lauterkeitsrecht stützt oder vor dem Kartellgericht auf das Kartellrecht oder sogar parallele Anträge stellt.
Beschwerdewege eines Unternehmers gegen Wettbewerbsbeschränkungen
- Umfassende Antragslegitimation im KartG an das Kartellgericht (Ausnahme: Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen und Geldbußenanträge; Problem: Kostenrisiko, Beweispflichten)
- Informelle Beschwerde an Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt (Problem: kein Rechtsanspruch auf Verfahrenseinleitung)
- Informelle Beschwerde bei Unternehmensverbänden, die ihren Mitgliedern Rechtsbeistand gewähren (Problem: Beweispflichten, wenige Verbände übernehmen diese Funktion)
- Beschwerde an die Europäische Kommission nach Art. 101 und 102 AEUV (Problem: kein Rechtsanspruch auf Verfahrenseinleitung, konzentriert sich auf Fälle von europäischem Interesse)
Kontaktadressen der Wettbewerbsbehörden
Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht, Schmerlingplatz 11, 1016 Wien,
Tel.:01/52152 – 0 (entscheidungsbefugte Behörde nach KartG)
Bundeswettbewerbsbehörde, Radetzkystraße 2, 1. Stock, 1030 Wien,
Tel.: 01/24508-0 (antragsbefugte und ermittelnde Behörde nach
KartG)
Bundeskartellanwalt (Mag. Heinz Ludwig Majer), Schmerlingplatz 11, 1016 Wien, Tel.: 01/52152 – 0 (antragsbefugte Behörde nach KartG)
Europäische Kommission, Generaldirektion
Wettbewerb, B-1049, Brüssel (entscheidungsbefugte Behörde nach
EU-Wettbewerbsrecht)
Vorsicht:
Kartellrechtliche Sachverhalte sind meist extrem komplex und mit hohen
Geldstrafen verbunden (bis zu 10% des Jahresumsatzes). Eine entsprechende
Bewusstseinsbildung und sorgfältige Beachtung der kartellrechtlichen Regeln ist
daher eine wesentliche Pflicht des verantwortungsbewussten Firmenmanagements.
Zahlreiche international tätige Unternehmen haben im eigenen Bereich entsprechende
interne Compliance–Programme umgesetzt.
Stand: 13.11.2024