Zwei lächelnde Personen reichen sich in Besprechungsraum über Tisch hinweg die Hand
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Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen - Kartelle

Unter horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen versteht man alle Behinderungen oder Beeinträchtigungen des Wettbewerbs durch das gemeinsame Zusammenwirken von Unternehmen auf derselben Wirtschaftsstufe, die miteinander im Wettbewerb stehen.

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Neben ausdrücklichen Vereinbarungen können auch formlose Abmachungen, abgestimmte Verhaltensweisen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen horizontale Wettbewerbsbeschränkungen enthalten bzw. herbeiführen. Weltweit sind in einer Vielzahl von Ländern solche wettbewerbsbeschränkenden Praktiken oberhalb einer gewissen Schwelle (Bagatellgrenze; Bagatellkartelle) automatisch verboten, können aber, wenn sie überwiegend positive gesamtwirtschaftliche Wirkungen haben, freigestellt werden oder automatisch freigestellt sein. 

Europäisches Wettbewerbsrecht

Der AEU-Vertrag verbietet horizontale Wettbewerbsbeschränkungen, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn sie eine gewisse Größenordnung überschreiten und damit am Markt spürbar sind. Dabei ist unerheblich, ob die beteiligten Unternehmen den Wettbewerb beschränken wollten oder nicht, und ob sie die Beschränkung mit ihrer Absprache bezweckt haben oder diese einfach bewirkt wurde.


Beispiele für besonders problematische horizontale Vereinbarungen: die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen (z.B. Preiskartelle, Konditionenkartelle), die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen (z.B. Quotenkartelle) oder die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen (z.B. geographische oder kundenbezogene Marktaufteilungen). Es gibt aber unzählige weitere Varianten an möglichen Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Wettbewerbern. 


Für in der Praxis besonders bedeutende horizontale Kooperationsformen, deren Bewertung aber von den jeweiligen wirtschaftlichen Umständen im Einzelfall abhängt, hat die Kommission zwei Gruppenfreistellungsverordnungen (F&E-Vereinbarungen, Spezialisierungsvereinbarungen; neu seit 01.07.2023; Übergangsregime bis 30.06.2025) und Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit (ABl C 259 vom 21.07.2023) erlassen.  

Diese Regelungen betreffen die folgenden Arten von Vereinbarungen:

  • Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern: Alle Arten des Austausches von sensiblen und geheimen Geschäfts- und Marktinformationen zwischen Wettbewerbern sind grundsätzlich problematisch.
  • Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung: Dabei handelt es sich um Auslagerungen bestimmter F&E Tätigkeiten, die gemeinsame Verbesserung bestehender Techniken oder die Zusammenarbeit bei Forschung, Entwicklung oder Vermarktung völlig neuer Erzeugnisse.
  • Produktionsvereinbarungen: Darunter werden Vereinbarungen über die gemeinsame Produktion, bei denen die Partner bestimmte Erzeugnisse gemeinsam herstellen (z.B. in der Form eines Gemeinschaftsunternehmens) oder Spezialisierungsvereinbarungen, bei denen die Partner allein oder gemeinsam die Produktion eines bestimmten Erzeugnisses einstellen und dieses vom anderen beziehen oder Zuliefervereinbarungen verstanden, wobei letztere überwiegend vertikalen Charakter haben.
  • Einkaufsvereinbarungen: Hierunter werden alle gemeinsamen Einkaufsaktivitäten von Wettbewerbern verstanden.
  • Vermarktungsvereinbarungen: Darunter sind alle gemeinsamen Vertriebsaktivitäten von Wettbewerbern zu verstehen, angefangen bei einer koordinierten Produktförderung (Gemeinschaftswerbung) bis zum gemeinsamen Verkauf zu einheitlichen Preisen.
  • Vereinbarungen über Normen: Zweck solcher Vereinbarungen ist es, technische oder qualitätsmäßige Anforderungen an bestehenden oder zukünftigen Erzeugnissen, Herstellungsverfahren oder –methoden festzulegen; auch gemeinsam erarbeitete Gütezeichenlösungen fallen in diese Kategorie von horizontalen Kooperationen.
  • Standardbedingungen: In einigen Branchen verwenden Unternehmen Standardverkaufsbedingungen, die entweder von einem Wirtschaftsverband oder aber direkt von den Wettbewerbern ausgearbeitet wurden.
  • Nachhaltigkeitsvereinbarungen: Darunter sind Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern zu verstehen, die Nachhaltigkeitsziele verfolgen.



Tipp!

Zu den betreffenden Rechtsakten der Kommission


Österreichisches Kartellrecht

  • Seit 1.1.2006 ist das österreichische Kartellrecht dem europäischem inhaltlich weitgehend angeglichen.
  • Da das österreichische Kartellrecht außerhalb des Geltungsbereiches des EU-Wettbewerbsrechtes auch seinen eigenen Anwendungsbereich hat, gibt es Sonderbereiche, die vom generellen Kartellverbot nicht erfasst werden:
    • Genossenschaften, insoweit diese einen legitimen Genossenschaftszweck verfolgen (Genossenschaftsprivileg)
    • Bestimmte Vereinbarungen zwischen landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaften
    • Preisbindung bei Büchern, Kunstwerken, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften
    • Vereinbarungen zwischen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen mit Pressegrossisten

Die Wertungen der EU-Leitlinien „horizontale Zusammenarbeit“ können weitgehend auf die österreichische Rechtslage umgelegt werden.

2022 hat die Bundeswettbewerbsbehörde eigenständig neuartige Leitlinien zur Anwendung der österreichischen Legalausnahme betreffend Nachhaltigkeitskooperationen herausgegeben. Dabei geht es um die Frage des Verhältnisses zwischen Wettbewerb einerseits und Umwelt- bzw. Klimaschutz andererseits.

Stand: 21.11.2024