Detailansicht Brille neben Taschenrechner auf Papier mit Zahlen liegend
© pit24 | stock.adobe.com

Besteuerung von Vergleichssummen

Wie wird die Lohnsteuer bei einem Vergleich berechnet?

Lesedauer: 5 Minuten

Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden oftmals durch Vergleich bereinigt.

Ein Vergleich ist ein Vertrag, mit dem unter beiderseitigem Nachgeben strittige oder zweifelhafte Rechte einvernehmlich festgelegt werden.

Der Vergleich unterliegt grundsätzlich keinen arbeitsrechtlichen Beschränkungen und kann sowohl nach Beendigung des Dienstverhältnisses als auch während eines aufrechten Dienstverhältnisses (z.B. über die Höhe geleisteter und abzugeltender Überstunden, Anzahl der offenen oder bereits verbrauchten Urlaubstage) rechtswirksam geschlossen werden.

Als Vergleichssummen sind nicht nur Zahlungen aufgrund gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleiche, sondern auch Bereinigungen und Nachzahlungen aufgrund von Gerichtsurteilen oder Bescheiden von Verwaltungsbehörden zu verstehen. Weiters sind auch Zahlungen an den Arbeitnehmer für den Verzicht auf eine Kündigungsanfechtungsklage als Vergleichssumme zu versteuern. 

Nicht als Vergleichssumme zu behandeln sind Pensionsabfindungen und Zahlungen aufgrund eines Sozialplanes.

Die Vergleichssummenbesteuerung ist i.d.R. vergangenheitsbezogen. Es ist daher nicht erforderlich, dass eine Vergleichssumme neben laufenden Bezügen bezahlt wird.

Bei der Besteuerung einer Vergleichssumme ist vorerst zu unterscheiden, ob der Arbeitnehmer, mit dem der Vergleich abgeschlossen wird, dem Abfertigungssystem "Alt“ oder "Neu“ unterliegt:

Abfertigungssystem "Alt“

Besteht keine Anwartschaft gegenüber einer Betrieblichen Vorsorgekasse – das heißt der Arbeitnehmer befindet sich zur Gänze im Abfertigungssystem „alt“ oder der Vergleichsbetrag bezieht sich bei einem Teilübertritt auf „eingefrorene“ Zeiträume – erfolgt die Besteuerung der Vergleichssumme nach folgendem Schema:

1. Ausscheiden der folgenden Bezüge aus der Vergleichssumme (gesonderte steuerliche Behandlung), wenn eindeutig feststeht, in welchem Ausmaß die Vergleichssumme auf derartige Bezugsbestandteile entfällt: 

  • steuerfreie Kostenersätze (Taggeld, Nächtigungsgeld, Kilometergeld)
  • steuerfreie Bezüge nach § 3 EStG (z.B. Auslandsbezüge), nicht jedoch steuerfeie Zulagen und Zuschläge gem. § 68 EStG
  • Gesetzliche, vertragliche bzw. freiwillige Abfertigungen
    Pensionsabfindungen
    Sozialplanzahlungen  

2. Abzug allfälliger Sozialversicherungsbeiträge, AK-Umlage und Wohnbauförderungsbeitrag

3. Von der so erhaltenen Zwischensumme kann ein Fünftel steuerfrei belassen werden, maximal 1/5 der 9-fachen monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (Wert 2024: 10.908 EUR).

Die Steuerfreiheit von einem Fünftel als pauschale Berücksichtigung für allfällige steuerfreien Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen bleibt auch bei einer allfälligen Veranlagung erhalten. 

4. Der verbleibende Betrag ist  wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zuflusses nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern. Dieser Betrag erhöht nicht das Jahressechstel.

Beispiel (Der Arbeitnehmer befindet sich im Abfertigungssystem „alt“)

Am 3.5.2024 (Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgte im Jänner 2024) wird eine Vergleichszahlung iHv 60.000 EUR für die Kalenderjahre 2024, 2023 und 2022 geleistet. Davon entfallen 1.000 EUR auf Reisekostenersätze für den Monat Jänner 2024 und 10.000 EUR auf eine gesetzliche Abfertigung. Die Sozialversicherungsbeiträge für die restlichen Bezüge betragen 2.000 EUR (Betrag angenommen):

Bruttovergleichsbetrag 60.000 EUR
- steuerfreie Ersätze nach § 26 EStG - 1.000 EUR
- steuerfreie Bezüge nach § 3 EStG -  0 EUR
- gesetzliche Abfertigung (6 % Lohnsteuer) - 10.000 EUR
- Bezüge nach § 67 Abs. 6 EStG, soweit mit 6 % versteuert - 0 EUR
   
Zwischensumme 49.000 EUR

-  einbehaltene Sozialversicherung (Betrag angenommen)

   

- 2.000 EUR
   
Zwischensumme 47.000 EUR
- ein Fünftel (-20 %) von 47.000 EUR
= 9.400 EUR, steuerfrei max. 10.908 EUR)
- 9.400   EUR
verbleibenden Restbetrag, wie laufender Bezug zu versteuern (keine Erhöhung des Jahressechstels) 37.600   EUR

Der Lohnzettel ist in diesem Beispiel für den Zeitraum 1.5. bis 31.5.2024 auszustellen.

Abfertigungssystem "Neu“

Fallen Vergleichssummen bei oder nach Beendigung eines Dienstverhältnisses an und werden sie für Zeiträume ausbezahlt, für die eine Anwartschaft gegenüber einer Betrieblichen Vorsorgekasse besteht, sind sie bis zu einem Betrag von 7.500 EUR mit dem festen Steuersatz von 6 % zu versteuern. Dabei bleibt das Jahressechstel unberücksichtigt.

Vergleichszahlungen, die den Betrag von 7.500 EUR übersteigen, bleiben im Ausmaß eines Fünftels des 7.500 EUR übersteigenden Betrages steuerfrei, jedoch maximal 1/5 der neunfachen monatlichen Höchstbeitragsgrundlage (Wert 2024: 10.908 EUR)

Der Restbetrag ist wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zuflusses nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern (erhöht nicht das Jahressechstel).

Die einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge sind den jeweiligen Teilbeträgen anteilsmäßig zuzuordnen.


Beispiel (Der Arbeitnehmer befindet sich im Abfertigungssystem „neu“)

Beginn des Dienstverhältnisses 1.1.2012. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses im Oktober 2024 wird eine Vergleichssumme von 16.000 EUR geleistet.

Sozialversicherungsbeiträge i.H.v. 2.000 EUR (angenommener Betrag) werden einbehalten: 

  1. Vom Vergleichsbetrag von 16.000 EUR sind 7.500 EUR (= 46,875 % der gesamten Vergleichssumme) mit dem festen Steuersatz (6 %) zu versteuern. 
  2. Der übersteigende Betrag von 8.500 EUR (= 53,125 %) ist unter Anwendung der „Fünftelregelung“ nach Tarif zu versteuern. 

Die Sozialversicherungsbeiträge sind dem jeweiligen Teilbetrag quotenmäßig zuzuordnen. 

ad 1.) Versteuerung mit dem festen Steuersatz: 

  7.500,00 EUR
Abzüglich darauf entfallende Sozialversicherung (46,875 % von 2.000 EUR)

      

- 937,50 EUR 

Bemessungsgrundlage 6.562,50 EUR
   
Davon 6 % Lohnsteuer 393,75 EUR

ad 2.) Restbetrag: 1/5 steuerfrei (max. 10.908 EUR), Rest: Versteuerung nach Monatstarif: 

  8.500,00 EUR
Abzüglich darauf entfallende Sozialversicherung (53,125 % von 2.000 EUR)

 

- 1.062,50 EUR

   
Zwischensumme 7.437,50 EUR

Abzüglich steuerfreies Fünftel von

7.437,50 EUR

 

- 1.487,50 EUR

Bemessungsgrundlage 5.950,00 EUR
   
Lohnsteuer laut Monatstarif 1.954,99 EUR
   
Gesamte Lohnsteuer 2.348,74 EUR

Lohnsteuerberechnung

Bei der Lohnsteuerberechnung ist ein monatlicher Lohnzahlungszeitraum zu unterstellen. Werden im Kalendermonat der Auszahlung Vergleichssummen gleichzeitig mit laufenden Bezügen, die zum Tarif zu versteuern sind, ausgezahlt, sind sie den laufenden Bezügen des Kalendermonats zuzurechnen und gemeinsam nach dem Monatstarif (unter Berücksichtigung eines monatlichen Lohnzahlungszeitraumes) zu versteuern.

Erfolgt die Zahlung zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses, ist trotz der Unterstellung des monatlichen Lohnzahlungszeitraumes am Lohnzettel als Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses der Tag der tatsächlichen Beendigung des Dienstverhältnisses (somit das arbeitsrechtliche Ende) anzuführen. Erfolgt die Zahlung nicht im Kalendermonat der Beendigung des Dienstverhältnisses, sondern zu einem späteren Zeitpunkt, ist ein gesonderter Lohnzettel für diesen Kalendermonat auszustellen (Beginn: erster Tag des Kalendermonats der Auszahlung; Ende: letzter Tag des Kalendermonats).

Aufteilung auf einzelnen Komponenten

Eine Aufteilung der Vergleichssumme (Herausschälen von Ansprüchen) auf erhaltene Kostenersätze, steuerfreie Bezüge, gesetzliche sowie freiwillige Abfertigungen, Pensionsabfindungen oder Zahlungen aufgrund eines Sozialplanes hat nur dann zu erfolgen, wenn eindeutig erkennbar ist, in welchem Ausmaß die Vergleichssumme auf einen derartigen Betrag entfällt. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn Gegenstand des Verfahrens nur ein derartiger Anspruch war.

Wenn Anspruch auf unterschiedlich zu versteuernde Bezugsarten gestellt wird, ist es zulässig, bei der Vergleichsvereinbarung steuerlich begünstigte Bezugsarten in höherem Ausmaß anzusetzen und dafür auf steuerlich nicht begünstigte Ansprüche zu verzichten.

Es darf jedoch eine Bezugsart - um Abgaben zu sparen - nicht willkürlich angesetzt werden, sondern muss dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entsprechen. Zum Beispiel widerspricht es jeder Lebenserfahrung, dass ein Arbeitgeber, der sich von seinem Arbeitnehmer im Streit trennt, aus freien Stücken eine Abfertigung zahlt, die über die vertragliche Verpflichtung hinausgeht.

Praxistipp

In Hinblick auf eine steuer- und abgabenrechtliche Optimierung des Vergleichs ist besonders auf folgende Punkte zu achten:

  • Einigung auf abgabenschonende Positionen
  • Aufgliederung der Vergleichssumme in einzelne Positionen in der Vergleichsvereinbarung.

Stand: 01.01.2024