Besondere Auflösungsmöglichkeiten von Arbeitsverhältnissen bei Arbeitgeber-Insolvenz
Insolvenz - Austrittsrecht - Fristen - Kündigungsentschädigung
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Allgemeines
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beendet die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zum insolventen Betrieb nicht. Alle Arbeits- und Lehrverhältnisse bleiben grundsätzlich aufrecht, der Insolvenzverwalter übt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers aus.
Die Gewerbeberechtigung erlischt, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht rechtskräftig eröffnet oder aufgehoben wird, mit Rechtskraft des richterlichen Beschlusses
Durch den Verlust der Gewerbeberechtigung enden die Arbeiter-Dienstverhältnisse sowie das Lehrverhältnis automatisch!
Das Insolvenzrecht sieht aber unter besonderen Voraussetzungen die Möglichkeit einer begünstigten Auflösung der Arbeitsverhältnisse durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber vor. Diese besonderen Auflösungsmöglichkeiten knüpfen an das Unternehmensschicksal an, also an die Schließung oder die Fortführung des Betriebes.
Austrittsrecht des Arbeitnehmers
Ein Arbeitnehmer hat im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zusätzlich zur Arbeitnehmerkündigung bzw. einvernehmlichen Auflösung die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis durch einen berechtigten vorzeitigen Austritt aufzulösen. Dieser hat – vorzugsweise schriftlich – zu erfolgen, und zwar:
- binnen 1 Monat nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens bzw. sonst binnen 1 Monat nach Schließungsbeschlüssen,
- binnen 1 Monat nach der Berichtstagsatzung ohne Beschluss zur Fortführung des Unternehmens oder
- im vierten Monat nach Insolvenzeröffnung, wenn keine Berichtstagsatzung stattgefunden hat und die Fortführung des Unternehmens nicht in der Insolvenzdatei bekannt gemacht wurde.
Ein Lohnrückstand, der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, berechtigt den Arbeitnehmer nicht zum vorzeitigen Austritt und ist ausdrücklich unwirksam. Die ungebührliche Nichtzahlung oder Schmälerung des Entgelts nach der Insolvenzeröffnung berechtigt jedoch zum vorzeitigen Austritt.
Schließung eines Betriebsteiles
Sollte es zur Schließung nur eines Betriebsteiles kommen, können lediglich jene Arbeitnehmer ihren Austritt erklären, die in dem betroffenen Betriebsteil beschäftigt sind.
Arbeitnehmer, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter gekündigt wurden, steht während der einzuhaltenden Kündigungsfrist ein Austrittsrecht zu, sofern sie in einem von einer Betriebsteilschließung betroffenen Bereich beschäftigt waren.
Austrittsrecht im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
In diesem Verfahren kann der Unternehmer selbst rechtsverbindlich handeln, steht jedoch unter der Aufsicht des Insolvenzverwalters. Die neue Insolvenzordnung sieht für den vom Arbeitgeber gekündigten Arbeitnehmer im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung während der einzuhaltenden Kündigungsfrist ein Austrittsrecht vor. Der Arbeitnehmer muss dieses innerhalb eines Monats nach Insolvenzeröffnung ausüben.
Anspruch auf Kündigungsentschädigung
Beim Insolvenzaustritt des Arbeitnehmers gebührt diesem die normale Kündigungsentschädigung. Dies gilt unabhängig von einem Verschulden des Arbeitgebers an der Insolvenz. Die Kündigungsentschädigung verlängert die Pflichtversicherung, was bei der Beitragsberechnung und der Abmeldung zu beachten ist. Bei der Berechnung der Urlaubsersatzleistung ist die Zeit der Kündigungsentschädigung und bei der Berechnung der Abfertigung Alt die zustehende Kündigungszeit zu berücksichtigen.
Auflösungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter kann innerhalb der gleichen Zeiträume wie der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündigen, wobei er die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Kündigungsfristen einhalten muss.
Beachten muss er auch das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren. Er muss also einen etwaigen Betriebsrat von seiner Kündigungsabsicht verständigen.
Der Insolvenzverwalter ist bei seiner Kündigung weder an längere vertragliche Kündigungsfristen noch die gesetzlichen oder sonstigen Kündigungstermine gebunden. Der Arbeitnehmer hat jedoch Anspruch auf jene Kündigungsentschädigung, die unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist bis zum Kündigungstermin anfallen würde.
Die Auflösungserklärung muss dem Arbeitnehmer innerhalb der Monatsfrist zugehen. Die Kündigung ist auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen zulässig.
Der Insolvenzverwalter hat die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen, also zum Beispiel den besonderen Kündigungsschutz von Müttern, Vätern, Betriebsratsmitgliedern, etc., zu beachten! Bei besonders kündigungsgeschützten Personen ist die Frist von einem Monat für die begünstigte Kündigung gewahrt, wenn die Klage bzw. der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung durch den Insolvenzverwalter fristgerecht eingebracht wird.
Der Insolvenzverwalter ist darüber hinaus an das arbeitsmarktpolitische Frühwarnsystem gebunden.
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.01.2024