Gewerbeausübung durch Drittstaatsangehörige, Flüchtlinge und Staatenlose in Österreich
Gewerberechtliche Aspekte
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Drittstaatsangehörige sind Angehörige von Staaten, die weder zur Europäischen Union (EU) noch zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören oder Staatsangehörige der Schweiz sind.
Voraussetzungen für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung in Österreich durch natürliche Personen
Ausländische natürliche Personen dürfen Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen (Gegenseitigkeit) festgelegt ist.
Solche Staatsverträge sind der EG-Vertrag, das EWR-Abkommen und das Abkommen über die Freizügigkeit EG-Schweiz.
Zu solchen Staatsverträgen zählen nicht die verschiedenen Europa-Abkommen, das WTO-Abkommen und der Freundschaftsvertrag mit den USA, weil diese Verträge Ausländern keine umfassende Freizügigkeit, insbesondere kein unbeschränktes Aufenthaltsrecht in Österreich vermitteln.
Die Staatsangehörigkeit zu einer EWR-Vertragspartei und ein Wohnsitz in einem EWR-Vertragsstaat sind für folgende Gewerbe erforderlich: Überlassung von Arbeitskräften, Arbeitsvermittlung, Rauchfangkehrer und Waffengewerbe [1].
Die Staatsangehörigkeit zur Schweizerischen Eidgenossenschaft und ein Wohnsitz in der Schweizerischen Eidgenossenschaft sind für folgendes Gewerbe erforderlich: Waffengewerbe
Angehörige von Drittstaaten [2], mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird und Staatenlose dürfen Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (selbständigen oder unselbständigen) bereits in Österreich aufhalten dürfen.
Die oben angeführten, für bestimmte Gewerbe geltenden Vorbehalte betreffend einer Staatsangehörigkeit zu einer EWR-Vertragspartei sind zu beachten.
Drittstaatsangehörige, die sich noch nicht rechtmäßig in Österreich aufhalten (Erstantragsteller), benötigen für die rechtmäßige Ausübung eines Gewerbes in Österreich den Erwerb eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit zulässt.
Nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz hat der Gewerbeanmelder vor Erteilung des Aufenthaltstitels die erforderliche Berechtigung zur Gewerbeausübung nachzuweisen. Die von der Gewerbebehörde ausgestellte Bescheinigung, dass alle Voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Ausnahme des Aufenthaltstitels vorliegen, gilt als diesbezüglicher Nachweis. Die Gewerbebehörden sind verpflichtet, derartige Bescheinigungen auszustellen.
Familienangehörige von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR, die das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR genießen,
dürfen ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit Gewerbe wie Inländer ausüben. Als Familienangehörige sind anzusehen: Ehegatte oder eingetragener Partner
Verwandte in gerade absteigender Linie eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR und des Ehegatten oder eingetragenen Partners, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird.
Verwandte in gerade aufsteigender Linie eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der EU oder eines Vertragsstaates des EWR und des Ehegatten oder eingetragenen Partners, denen von diesen Unterhalt gewährt wird.
Voraussetzungen für die Erlangung einer Gewerbeberechtigung in Österreich durch juristische Personen und sonstige ausländische Rechtsträger
Juristische Personen und sonstige ausländische Rechtsträger, die weder ihren Sitz noch eine Niederlassung im Inland haben dürfen, soweit Staatsverträge nicht anderes vorsehen, Gewerbe nicht ausüben.
Betreffend die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften und Rechtsträger, die nach den Rechtsvorschriften einer EWR-Vertragspartei gegründet wurden und ihren Sitz in einem EWR-Vertragsstaat haben bzw. nach schweizerischem Recht gegründet wurden und ihren Sitz in der Schweiz haben, siehe „Erbringung von Dienstleistungen in Österreich durch Unternehmer, die in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR niedergelassen sind“.
Die Gewerbeausübung durch juristische Personen oder sonstige ausländische Rechtsträger hat nicht die Gründung einer inländischen Gesellschaft zur Voraussetzung. Es genügt die Errichtung einer Zweigniederlassung im Inland, die in das Firmenbuch einzutragen ist.
Für den rechtmäßigen Bestand der ausländischen Gesellschaft sind die Rechtsvorschriften des ausländischen Staates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, maßgebend.
Grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen durch ausländische Unternehmen (natürliche Personen und sonstige ausländische Rechtsträger) in Österreich, die nicht Staatsangehörige der EU, eines Vertragsstaates des EWR oder der Schweiz sind bzw. Gesellschaften oder Rechtsträger sind, die nach den Rechtsvorschriften einer EWR-Vertragspartei bzw. nach schweizerischem Recht gegründet wurden und ihren Sitz in einem EWR-Vertragsstaat oder der Schweiz haben
Erbringung bestellter gewerblicher Tätigkeiten in Österreich durch Dienstleistungserbringer aus den Mitgliedstaaten des WTO-Abkommens (World Trade Organization):
Das WTO-Abkommen bildet das Rahmenwerk für das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS), das auf dem Prinzip der Meistbegünstigung basiert. Das WTO-Abkommen ist in Österreich im Rahmen der Gewerbeordnung umgesetzt worden.
Dienstleistungserbringer aus den Mitgliedstaaten der WTO dürfen bestellte gewerbliche Tätigkeiten in Österreich unter den gleichen Voraussetzungen ausführen, wie sie Österreicher erfüllen müssen.
In welchem Umfang die Dienstleistungserbringer tätig werden können, wird durch die österreichische Verpflichtungsliste vorgegeben. Dieser zufolge müssen natürliche Personen, die in Österreich Dienstleistungen erbringen, innerbetriebliche Entsandte von juristischen Personen sein, die
nur zeitlich beschränkt nach Österreich entsandt werden dürfen
nur vorübergehend Aufenthalt nehmen dürfen
zumindest seit einem Jahr vor der Einreise Arbeitnehmer oder Teilhaber der entsendenden juristischen Person sein müssen und
Führungskräfte (leitende Stellung in Form der Leitung von Niederlassungen, Überwachung leitender Angestellter, Einstellung oder Entlassung von Personal)
oder Wissensträger (Verfügen über außergewöhnliche für die Dienstleistung, Forschungseinrichtungen, Techniken oder Geschäftsführung der Niederlassung wesentliche Kenntnisse) sein müssen.
Diese Aufgaben und Funktionen stellen grundsätzlich auf eine Beschäftigung in einer Niederlassung des Dienstleistungserbringers ab.
Neben innerbetrieblichen Entsandten haben auch Vertreter von Dienstleistungserbringern das Recht, in Österreich einzureisen und einen beschränkten Aufenthalt von etwa 6 Monaten zu haben, um den Verkauf von Dienstleistungen anzubahnen oder Verträge über den Verkauf von Dienstleistungen abzuschließen. Die Erbringung von Dienstleistungen selbst oder das Tätigen unmittelbarer Verkäufe an die Allgemeinheit ist nicht erlaubt.
Erbringung bestellter gewerblicher Tätigkeiten in Österreich durch Dienstleistungserbringer, die nicht Staatsangehörige eines WTO-Mitgliedstaates sind:
Ausländische natürliche Personen und sonstige Rechtsträger, die eine Tätigkeit im Ausland befugt ausüben, die nach österreichischem Recht unter die Gewerbeordnung fällt und Angehörige eines Staates sind, der nicht Mitglied des WTO-Abkommens ist, bedürfen für die Ausführung bestellter gewerblicher Tätigkeiten in Österreich einer Gleichstellung (mittels Bescheid) durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung ist auszusprechen, wenn nachgewiesen wird, dass die Ausführung der Tätigkeit im volkswirtschaftlichen Interesse liegt und nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Ein volkswirtschaftliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Dienstleistung eine Qualität aufweist, die für die österreichische Wirtschaft nützlich ist oder zumindest eine lokale oder regionale Bereicherung darstellt.
Unter den sonstigen öffentlichen Interessen sind vor allem die der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verteidigung der Rechtsordnung, der Verhinderung von strafbar
en Handlungen sowie der Schutz der Gesundheit zu verstehen.
Von der Gruppe der Staaten, die nicht Mitglied des WTO sind, sind für Österreich von wirtschaftlicher Bedeutung vor allem Bosnien, Montenegro.
Langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige
- Der nach österreichischem Recht als "Daueraufenthalt – EU[1]" bezeichnete Aufenthaltstitel kann an Drittstaatsangehörige (Personen, die weder EU-Bürgerinnen/EU-Bürger noch sonstige EWR-Bürgerinnen/sonstige EWR-Bürger noch Schweizerinnen/Schweizer sind) erteilt werden. Diese sind damit iSd europäischen Rechts dauerhaft aufenthaltsberechtigt.
- Dennoch dürfen Drittstaatsangehörige, die dauerhaft aufenthaltsberechtigt sind, nicht grenzüberschreitend als Einzelunternehmer nach Österreich herüberarbeiten. Die Gewerbeordnung erlaubt nämlich eine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung des Einzelunternehmers nur dann, wenn dieser über eine Staatsbürgerschaft eines EU/EWR-Staates verfügt (vgl § 373a Abs 1 GewO).
Bei Gesellschaften wird nicht auf die Staatsbürgerschaft abgestellt (vgl § 373a Abs 3 GewO). Dementsprechend dürfen Gesellschaften von Drittstaatsangehörigen, die nach den Rechtsvorschriften einer EWR-Vertragspartei gegründet wurden und ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem EWR-Vertragsstaat haben, nach Österreich herüberarbeiten.[2]
[1] Das europäische Recht spricht idZ von einem „langfristig Aufenthaltsberechtigten“; vgl Art 2 lit b RL 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen.
[2] Wenn die genannten Gesellschaften lediglich ihren satzungsgemäßen Sitz in einem EWR-Vertragsstaat haben, muss ihre Tätigkeit in tatsächlicher und dauerhafter Verbindung mit der Wirtschaft eines EWR-Vertragsstaates stehen (vgl § 373a Abs 3 S 2 GewO).
[1] Im Zusammenhang mit dem Waffengewerbe ist auch ein Aufenthaltstitel mit einem Recht auf Niederlassung gemäß § 45 oder 49 Abs 2 und 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes ausreichend; vgl § 141 Abs 1 Z 1 lit b GewO.
[2] Flüchtlinge (Asylwerber, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte) dürfen 3 Monate nach Einbringung des Asylantrages ein Gewerbe unter Erfüllung der notwendigen rechtlichen Voraussetzungen anmelden.
Stand: 20.12.2023