Personen im Beratungsgespräch in Businesskleidung vor einem Bürohintergrund mit Regalen und Mappen
© contrastwerkstatt | stock.adobe.com

Erbringung von Dienst­leistungen in Österreich durch Unter­nehmer, die in einem Mitglied­staat der EU, einem Vertrags­­staat des EWR oder in der Schweiz nieder­gelassen sind

Gewerberechtliche Aspekte

Lesedauer: 6 Minuten

Unternehmer der 27 Mitgliedstaaten der EU,

Belgien, Italien, Schweden, Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Spanien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Portugal, Niederlande, Österreich, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Polen, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Zypern, Rumänien, Bulgarien, Kroatien,

der 3 nicht der EU angehörenden Vertragsstaaten des EWR

Island, Norwegen, Liechtenstein

und unter gewissen Einschränkungen der Schweiz,

die in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, die nach österreichischem Recht unter die Gewerbeordnung fällt, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).

Eine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung liegt dann nicht mehr vor, wenn das EU/EWR ausländische oder Schweizer Unternehmen systematisch und schwerpunktmäßig nach Ausübungsmöglichkeiten seiner Tätigkeit in Österreich sucht. In diesem Fall ist in Österreich eine Niederlassung zu begründen.

Keine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung liegt auch bei Handelstätigkeiten (Akquisition von Warenhandelsgeschäften und Warenlieferungen) vor, da diese Tätigkeiten unter die Warenverkehrsfreiheit fallen.

Ausgenommen von der Dienstleistungsfreiheit sind: 

Rauchfangkehrer, insoweit sie durch landesrechtliche Vorschriften zu sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, insbesondere Tätigkeiten der Feuerpolizei, Baupolizei oder vergleichbaren Tätigkeiten, wie Überprüfungen und damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen zur unmittelbaren Gefahrenabwehr, verpflichtet werden. 

Handelt es sich bei der grenzüberschreitenden Dienstleistung um ein freies Gewerbe, dann kann die Dienstleistung ohne vorherige Behördenschritte erbracht werden. Eine Anzeige der Dienstleistungserbringung ist nicht erforderlich. Es sind aber die für das jeweilige Gewerbe in Österreich geltenden Ausübungsvorschriften zu beachten.        

Handelt es sich bei der grenzüberschreitenden Dienstleistung um ein an einen Befähigungsnachweis gebundenes Gewerbe (reglementiertes Gewerbe) gilt Folgendes:

Die Erbringung eines Befähigungsnachweises ist nicht erforderlich, wenn

  • die Tätigkeit im Niederlassungsstaat reglementiert ist oder  eine reglementierte Ausbildung vorliegt oder

  • die Tätigkeit im Niederlassungsstaat zwar nicht reglementiert ist, aber der Dienstleister die gewerbliche Tätigkeit mindestens ein Jahr während der vorhergehenden 10 Jahre im Niederlassungsstaat ausgeübt hat. 

Erforderliche Verfahrensschritte durch den Dienstleistungserbringer

Die beabsichtigte Dienstleistung ist vor ihrer erstmaligen Ausführung dem BMDW schriftlich anzuzeigen.

Formulare für die Dienstleistungsanzeige sind auf der Homepage des BMAW abrufbar.

In diesen Formularen ist sowohl für Einzelunternehmen als auch für Gesellschaften angeführt, welche Beilagen im Original oder beglaubigter Kopie, bei nicht in deutscher Sprache verfassten Urkunden in beglaubigter Übersetzung, anzuschließen sind.

Achtung:
Die Berechtigung für die grenzüberschreitende Dienstleistung gilt nur für jeweils 1 Jahr. Die Anzeigen sind jährlich zu erneuern. Formulare für die Erneuerungsanzeige sind auf der Homepage des BMDW abrufbar.

Weitere Vorgangsweise durch das BMAW: 

Die Anzeigen sind zu überprüfen. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen überhaupt nicht vor, ist die Dienstleistungserbringung zu untersagen.

Ansonsten ist dem Antragsteller binnen 1 Monat der Empfang der Unterlagen zu bestätigen und mittzuteilen, welche Unterlagen allenfalls fehlen bzw dass gegen die Ausübung der Tätigkeit kein Einwand besteht.

Wenn bis zum Ablauf des 2. Monats ab Eingang der vollständigen Unterlagen keine Reaktion des BMAW erfolgt, darf die Dienstleistung erbracht werden.

Bei nachstehenden reglementierten Gewerben gemäß § 94 GewO 1994 hat der BMAW vor der ersten Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit zu prüfen, ob durch eine mangelnde Berufsqualifikation des Dienstleisters eine schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit bzw der Gesundheit oder Sicherheit des Dienstleistungsempfängers zu befürchten ist, sofern es sich um folgende Gewerbe oder diesen Gewerben zuzuordnende Tätigkeiten handelt: 

Z 2 Augenoptik (Handwerk)

Z 4 Bandagisten; Orthopädietechnik; Miederwarenerzeugung (verbundenes Handwerk)

Z 5 Baumeister, Brunnenmeister hinsichtlich der Planung, Berechnung und Leitung von Bauten

Z 14 Drogisten

Z 23 Fußpflege

Z 32 Herstellung von Arzneimitteln und Giften und Großhandel mit Arzneimitteln und Giften

Z 33 Herstellung und Aufbereitung sowie Vermietung von Medizinprodukten, soweit diese Tätigkeiten nicht unter ein anderes reglementiertes Gewerbe fallen und Handel mit sowie Vermietung von Medizinprodukten

Z 34 Hörgeräteakustik (Handwerk)

Z 41 Kontaktlinsenoptik

Z 46 Lebens- und Sozialberatung

Z 48 Massage

Z 53 Orthopädieschuhmacher (Handwerk)

Z 55 Rauchfangkehrer

Z 62 Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe)

Z 69 Ingenieurbüros (Beratende Ingenieure)

Z 81 Zahntechniker (Handwerk)

Z 82 Holzbau-Meister hinsichtlich der Planung, Berechnung und Leitung von Holzbauten

Bei nachstehenden reglementierten Gewerben gemäß § 94 GewO 1994 hat eine derartige Prüfung durch den BMAW zu erfolgen, wenn der Dienstleister die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß der § 373c Abs 2 GewO erlassenen Verordnung nicht erfüllt:

Z 5 Baumeister, Brunnenmeister hinsichtlich der ausführenden Tätigkeiten

Z 6 Bestattung

Z 10 Chemische Laboratorien

Z 16 Elektrotechnik

Z 18 Erzeugung von pyrotechnischen Artikeln sowie Handel damit

Z 25 Gas- und Sanitärtechnik

Z 28 Glaser, Glasbeleger und Flachglasschleifer; Glasbläser und Glasinstrumentenerzeugung (verbundenes Handwerk)

Z 30 Hafner (Handwerk)

Z 42 Kosmetik (Schönheitspflege)

Z 43 Kraftfahrzeugtechnik; Karosseriebauer einschließlich Karosseriespengler und Karosserielackierer (verbundenes Handwerk)

Z 58 Schädlingsbekämpfung (Handwerk)

Z 65 Sprengungsunternehmen

Z 66 Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeugung und Terrazzomacher

Z 80 Waffengewerbe einschließlich Waffenhandel

Z 82 Holzbau-Meister hinsichtlich der ausführenden Tätigkeit

Ist der Unterschied zwischen der beruflichen Qualifikation des Dienstleisters und der in Österreich geforderten Ausbildung so groß, dass dieser der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit abträglich ist, so ist vom BMAW die Anzeige nur unter der Bedingung binnen einer Frist von höchstens einem Monat nach Eingang der vollständigen Unterlagen mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, dass der Anzeiger eine Eignungsprüfung erfolgreich ablegt. Von einer solchen ist aber abzusehen, wenn dieser Unterschied durch Berufserfahrung oder durch Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen des Dienstleisters, die durch lebenslanges Lernen erworben und hiefür förmlich von einer dafür zuständigen Stelle als gültig anerkannt worden sind, ausgeglichen werden kann. 

Der Inhalt der Eignungsprüfung ist vom BMAW im Bescheid festzulegen.

Die Eignungsprüfung ist vor einer von der Meisterprüfungsstelle zu bildenden Kommission abzulegen.

Dem Anzeiger ist es zu ermöglichen, die Eignungsprüfung innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Bescheides abzulegen. 

Dienstleisterregister

Der BMAW hat Dienstleister, die zur Anzeige verpflichtet sind, unter Angabe von Name (Firma), Vorname, Adresse der Niederlassung, etwaiger Kontaktadressen im Inland, etwaiger sonstiger Kontaktdaten im Inland, der ausgeübten Tätigkeit im Internet sichtbar zu machen.

In Umsetzung dieser Verpflichtung wurde beim Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft das Dienstleisterregister eingerichtet.

Der Zugriff auf dieses Register erfolgt über Homepage des BMAW. Eine Zugriffsberechtigung ist nicht erforderlich.

Information für den Dienstleistungsempfänger

Bei den Gewerben, wo aufgrund der mangelnden Berufsqualifikation des Dienstleisters eine schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit bzw der Gesundheit oder Sicherheit des Dienstleistungsempfängers zu befürchten ist, hat die Dienstleistung unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmemitgliedstaates (Staat in dem die Dienstleistung erbracht wird) zu erfolgen:

Bei allen anderen Gewerben unter der Berufsbezeichnung des Niederlassungsmitgliedstaates des Dienstleistungserbringers in einer Amtssprache des Niederlassungsmitgliedstaates.

Bei den Gewerben, wo dies nicht zu befürchten ist, hat der Dienstleister zusätzlich zur Erfüllung sonstiger Informationsanforderungen dem Dienstleistungsempfänger vor Vertragsabschluss schriftlich folgende Informationen zu liefern:

  • wenn der Dienstleister in ein Handelsregister oder öffentliches Register eingetragen ist, das Register, die Nummer der Eintragung, Angaben, die der Identifikation dienen

  • wenn die Tätigkeit im Niederlassungsmitgliedstaat zulassungspflichtig ist, Name und Anschrift der zuständigen Aufsichtsbehörde

  • die Berufskammern oder vergleichbare Organisationen denen der Dienstleister angehört

  • die Berufsbezeichnung bzw den Ausbildungsnachweis des Dienstleisters und den Mitgliedstaat, in dem die Berufsbezeichnung verliehen bzw der Ausbildungsnachweis ausgestellt wurde

  • die Umsatzsteueridentifikationsnummer

  • Einzelheiten über das Bestehen eines Versicherungsschutzes oder einer Berufshaftpflichtversicherung

Sonderregelung für Staatsangehörige der schweizerischen Eidgenossenschaft und Gesellschaften, die nach schweizerischem Recht gegründet wurden und ihren Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Schweiz haben

  • es gelten die Regelungen wie für EU/EWR-Staatsangehörige
  • die tatsächliche Dauer der Dienstleistungen darf aber 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr nicht überschreiten
  • diese zeitliche Beschränkung erstreckt sich auf alle gewerblichen Dienstleistungen unabhängig davon, ob es sich um Tätigkeiten handelt, die freie Gewerbe sind oder befähigungsnachweisgebundenen Gewerben (reglementierte Gewerbe, Teilgewerbe) vorbehalten sind. 

[1] Entfall der Teilgewerbe seit 17.10.2017; vgl § 382 Abs 85 GewO. Das Betonbohren und –schneiden und der Erdbau bleiben auch nach diesem Zeitpunkt reglementiert. Die diesbezüglichen Qualifikationsvoraussetzungen der Teilgewerbeverordnung bleiben weiterhin aufrecht; vgl § 376 Z 62 lit a und b GewO.

[2] Entfall der Reglementierung seit 17.10.2017; vgl § 382 Abs 85 GewO

Stand: 20.12.2023

Weitere interessante Artikel
  • Detailansicht Hand einer Person, die andere Hand einer älteren Person ergreift
    Aus welchen Ländern dürfen Personenbetreuer nach Österreich herüberarbeiten?
    Weiterlesen