
Überstunden: Basisinfos
Infos und Beispiele: Definition, Leistungsverpflichtung, Benachteiligungsverbot
Lesedauer: 3 Minuten
Begriff
Überstundenarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes liegt vor, wenn das gesetzlich festgelegte Ausmaß
- der täglichen Normalarbeitszeit,
- der wöchentlichen Normalarbeitszeit
überschritten wird.
Wird die tägliche oder die wöchentliche Normalarbeitszeit überschritten, fallen Überstunden an. Das AZG sieht grundsätzlich eine tägliche NAZ von 8 Stunden und eine wöchentliche NAZ von 40 Stunden vor.
Gesetz und Kollektivverträge sehen allerdings umfangreiche Ausnahmeregelungen von diesem Grundsatz vor.
Verpflichtung zur Überstundenleistung
Als Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Arbeitnehmer:innen zur Überstundenleistung kommt neben deren Treuepflicht in Notfällen, also der betriebliche Notstand
- der Arbeitsvertrag,
- die Betriebsvereinbarung sowie
- der Kollektivvertrag
in Frage.
Vertragliche Verpflichtung zur Leistung von Überstunden
Nach Lehre und Rechtsprechung ist aus den gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes, mit Ausnahme der Fälle des betrieblichen Notstandes, keine Pflicht der Arbeitnehmer:innen zur Leistung von Überstunden abzuleiten.
Die Verpflichtung der Arbeitnehmer:innen zum Leisten von Überstunden kann sich somit in der Regel nur aus vertraglichen Pflichten ergeben, die entweder im Dienstvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Kollektivvertrag selbst enthalten sind.
Die ordnungsgemäße Anordnung einer konkreten Überstunde ist nicht nur von einer vertraglichen Verpflichtung der Arbeitnehmer:innen zur Überstundenleistung abhängig.
Es ist außerdem darauf zu achten, dass die Überstundenleistung
- rechtzeitig angeordnet ist,
- gesetzlich zulässig ist, und damit nicht gegen bestimmte Höchstgrenzen der Arbeitszeit oder gegen Beschäftigungsverbote, wie sie bei Schwangeren bestehen, verstößt,
- die konkrete Leistung der Überstunde den Arbeitnehmer:innen zumutbar ist und von den Arbeitnehmer:innen nicht aus berücksichtigungswürdigen Interessen der Arbeitnehmer:innen, etwa wegen familiärer Betreuungspflichten, abgelehnt werden können.
Überstundenarbeit, die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschreitet
Ordnet der/die Arbeitgeber/in wegen des Vorliegens eines erhöhten Arbeitsbedarfes Überstunden an, die dazu führen, dass die Tagesarbeitszeit der Mitarbeiter:innen mehr als 10 Stunden beträgt, bzw. die Wochenarbeitszeit die Grenze von 50 Stunden übersteigt, dürfen die Arbeitnehmer:innen die Leistung dieser Überstunden ohne Angaben von Gründen ablehnen.
Beispiel 1:
Im Gasthaus wird eine größere Gesellschaft bewirtet. Die Laune ist gut, die Gäste bestellen immer wieder nach. Die Mitarbeiter:innen habenihren Dienst um 12 Uhr begonnen. Sie sind wegen der einstündigen Ruhepause um 23 Uhr bereits 10 Stunden beschäftigt. Der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin ordnet an, dass die Mitarbeiter:innen ihren Dienst verlängern, um die gut gelaunte Gesellschaft weiter bewirten zu können.
Die angeordnete Arbeitszeit führt dazu, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiter:innen an diesem Tag mehr als 10 Stunden beträgt. Die Mitarbeiter:innen lehnen die angeordnete Überstundenarbeit ohne Angabe von Gründen ab, wozu sie nachdem AZG auch berechtigt sind.
Beispiel 2:
Das Unternehmen muss einen übernommenen Auftrag bis Freitag 18 Uhr erfolgreich abgeschlossen haben, weil sonst eine hohe Vertragsstrafe zu zahlen ist. Daher arbeiten die Mitarbeiter:innen von Montag bis Donnerstag 11 Stunden am Tag. Überdies ordnet das Unternehmen für den Freitag Überstundenarbeit bis 18 Uhr an.
Freitag zu Mittag nach 6 Stunden Tagesarbeitszeit ist die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden erreicht. Einige Mitarbeiter:innen, die noch Überstundenarbeit zu leisten haben, weigern sich ohne Grund die angeordnete Überstundenarbeit zu erbringen. Der Auftrag kann nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. Die hohe Vertragsstrafe fällt an.
Die Weigerung der Mitarbeiter:innen die Überstundenleistung zu erbringen ist durch das Arbeitszeitgesetz gedeckt, weil die verweigerte Überstundenarbeit zu einer Wochenarbeitszeit von mehr als 50 Stunden geführt hätte.
Benachteiligungsverbot
Hat sich ein(e) Arbeitnehmer:in tatsächlich, ohne dafür einen Grund zu nennen, oder auch dafür einen Grund zu haben, eine solche Überstundenarbeit abgelehnt, die dazu geführt hätte, dass mit dieser Überstundenarbeit die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden oder die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten worden wäre, darf er/sie vom/von der Arbeitgeber:in deswegen nicht benachteiligt werden.
Die Benachteiligung darf insbesondere nicht hinsichtlich des Entgeltes, der Aufstiegsmöglichkeiten und auch nicht hinsichtlich der Versetzung erfolgen.
Motivkündigungsschutz
Wird ein(e) Mitarbeiter:in deswegen gekündigt, weil er/sie Überstundenarbeit, die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten hätte, abgelehnt hat, kann diese Kündigung innerhalb einer Frist von 2 Wochen bei Gericht angefochten werden.
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.01.2025