Sanduhr mit Geldmünzen vor einer blauen Wand auf einem Holzuntergrund
© fotomek | stock.adobe.com

Bezahlung von Überstunden und der 12 Stunden Tag

Abgeltung - Wahlrecht des Arbeitnehmers -  All In Vereinbarung

Lesedauer: 4 Minuten

Geleistete Überstunden sind grundsätzlich in Geld abzugelten. Davon abweichend kann vereinbart werden, dass die Abgeltung geleisteter Überstunden durch Zeitausgleich erfolgt. Der Überstundenzuschlag ist bei der Bemessung des Zeitausgleiches zu berücksichtigen.

Gibt es sohin keine Einigung über den Zeitausgleich sind geleistete Überstunden in Geld abzugelten. Diese Regelung gilt weiterhin für alle Überstunden, die weder die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden noch die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschreiten.

Wahlrecht des Arbeitnehmers

Für Überstunden, die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschreiten, gibt es andere Regelungen der Bezahlung.

Selbstredend sind diese Überstunden vom Arbeitgeber abzugelten. Es kann aber ausschließlich der Dienstnehmer selbst festlegen, ob die Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich zu erfolgen hat.

Der Arbeitnehmer hat dieses Wahlrecht möglichst frühzeitig, spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes auszuüben.

Abrechnungszeitraum für die geleistete Überstunde ist der Monat in dem die Überstunde geleistet worden ist. Sieht der Kollektivvertrag hingegen vor, dass die Überstunden spätestens am Ende der ihrer Leistung folgenden Gehaltsperiode zu bezahlen sind, endet der jeweilige Abrechnungszeitraum mit diesem Tag. 


Beispiel:
Der Handelsangestellte arbeitet am 10. Oktober 2018 12 Stunden am Tag. Für die ersten beiden Überstunden an diesem Tag, also für die 9. und 10. Arbeitsstunde am Tag besteht mit dem Arbeitgeber die Vereinbarung, dass dafür ein Zeitausgleich gewährt wird.

Für die letzten beiden Überstunden an diesem Tag, also für die 11. und 12. Arbeitsstunde am Tag macht der Arbeitnehmer von seinem Wahlrecht Gebrauch. Er teilt seinem Arbeitgeber am 27. November 2018 mit, dass er für diese Überstunden die Abgeltung in Geld haben möchte. Der Arbeitgeber muss das Überstundenentgelt  Ende November überweisen.


Wählt der Arbeitnehmer den Zeitausgleich als Abgeltung für geleistete Überstunden, nimmt er sein Wahlrecht schon alleine dadurch wahr, in dem er bloß die Abgeltung in Zeitausgleich fordert, ohne dass dabei gleichzeitig auch der Zeitpunkt des Zeitausgleiches festgelegt wird.

Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechtes

Die Regelung, dass der Arbeitnehmer sein Wahlrecht möglichst frühzeitig auszuüben hat, spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes, wirft die Frage auf, ob das Wahlrecht wirksam bereits zu einem solchen Zeitpunkt ausgeübt werden kann, in dem die dem Wahlrecht zugrunde liegende Überstunde noch nicht geleistet worden ist.

Die Antwort darauf ist umstritten, weshalb die Frage unbeantwortet bleiben muss.

Wahlrecht des Mitarbeiters und All In Vereinbarung

Bei All In Vereinbarungen ist zu unterscheiden:

Sind in einer All In Vereinbarung Überstunden, durch die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden, durch die Überzahlung nicht abgegolten, ist dies in der Lohnabrechnung völlig unproblematisch. Die Abrechnung hat so zu erfolgen, wie der Arbeitnehmer sein Wahlrecht ausgeübt hat. Die Überstunden sind je nach Wahl des Arbeitnehmers in Geld abzugelten oder es ist dafür Zeitausgleich zu gewähren.

Die bestehende All In Vereinbarung, die ohnedies die Abgeltung von Überstunden anderer Art regelt, bleibt davon unberührt. 


Beispiel:
Es besteht eine All In Vereinbarung. Beide Vertragsparteien gehen davon aus, dass mit der Überzahlung nur solche Mehr- und Überstunden abgegolten sind, die innerhalb einer Tagesarbeitszeit von 10 Stunden liegen.

Der Arbeitnehmer arbeitet am 10. Oktober 2018 12 Stunden am Tag. Die ersten beiden Überstunden an diesem Tag, also die 9. und 10. Arbeitsstunde, sind nach der All In Vereinbarung bereits mit der Überzahlung abgegolten. Die beiden weiteren Überstunden, also 11. und die 12. Stunde am Tag sind, je nach Wahl des Arbeitnehmers, in Geld oder in Zeitausgleich abzugelten.


Sind aber in einer All In Vereinbarung mit der Überzahlung auch Überstunden abgegolten, durch die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden, ist bei der Lohnabrechnung gesondert darauf Rücksicht zu nehmen.

Inhalt der All In Vereinbarung ist, dass alle(!) Überstunden in Geld abgegolten werden. Die Abgeltung von Überstunden mit Zeitausgleich ist damit letztendlich ausgeschlossen.

Fraglich ist daher, ob der Arbeitnehmer, dadurch dass er die All In Vereinbarung abgeschlossen hat, sein Wahlrecht bereits, also möglichst frühzeitig ausgeübt hat, und zwar mit dem Inhalt, dass noch zu leistende Überstunden in Geld abgegolten werden.

Ist dies nicht der Fall, hat er also sein Wahlrecht damit nicht ausgeübt, kann der Arbeitnehmer, obwohl die Überstunden durch die Überzahlung, und damit in Geld abgegolten sind, wegen seines weiterhin bestehenden Wahlrechts „zusätzlich“ die Gewährung des Zeitausgleiches geltend machen.


Beispiel:
Es besteht eine All In Vereinbarung. Beide Vertragsparteien gehen davon aus, dass mit der Überzahlung auch solche Mehr- und Überstunden abgegolten sind, durch die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden. 

Der Arbeitnehmer arbeitet am 10. Oktober 2018 12 Stunden am Tag. Die ersten beiden Überstunden an diesem Tag, also die 9. und 10. Arbeitsstunde, sind nach der All In Vereinbarung bereits mit der Überzahlung abgegolten. 

Auch die beiden weiteren Überstunden, also 11. und die 12. Stunde am Tag sind nach dem Inhalt der All In Vereinbarung bereits mit der gewährten Überzahlung abgegolten.

Dennoch behauptet der Arbeitnehmer, dass sein Wahlrecht noch besteht, und macht Ende Oktober die Gewährung von Zeitausgleich für diese Überstunden, also für die 11. und die 12. Arbeitsstunde am Tag geltend.


Will der Arbeitgeber vermeiden, dass der Arbeitnehmer zusätzlich Freizeit fordert, muss er die Vergütung neu fassen, etwa vereinbaren, dass im Fall der ausnahmsweisen Vergütung in Freizeit das Pauschalentgelt gekürzt wird.


Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“

Stand: 01.02.2024

Weitere interessante Artikel
  • Kalenderblattansicht im Fokus
    Vorübergehend auftretender besonderer Arbeitsbedarf an Feiertagen / an Wochenenden  
    Weiterlesen
  • KI-generiertes Bild einer lachenden Person im Fokus an Tisch sitzend mit zwei weiteren Personen in Rückenansicht
    Flexible Arbeitszeit im Kollektivvertrag für Angestellte in Information und Consulting
    Weiterlesen