
Bezahlung von Überstunden und der 12 Stunden Tag
Abgeltung - Wahlrecht des Arbeitnehmers - All In Vereinbarung
Lesedauer: 4 Minuten
Überstunden sind Arbeitszeiten, die die gesetzliche Normalarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag oder 40 Stunden pro Woche überschreiten. Bei einer Tagesarbeitszeit über 10 Stunden oder einer Wochenarbeitszeit über 50 Stunden können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wählen, ob sie diese Überstunden in Geld oder durch Zeitausgleich abgegolten haben möchten. Dieses Wahlrecht sollte möglichst frühzeitig, spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums, ausgeübt werden. Bei All-In-Vereinbarungen ist zu prüfen, ob und welche Überstunden durch die Überzahlung bereits abgegolten sind. Es ist wichtig, die kollektivvertraglichen Bestimmungen und individuellen Vereinbarungen zu berücksichtigen.
Inhaltsverzeichnis
Geleistete Überstunden sind grundsätzlich in Geld abzugelten. Davon abweichend kann vereinbart werden, dass die Abgeltung geleisteter Überstunden durch Zeitausgleich erfolgt. Der Überstundenzuschlag ist bei der Bemessung des Zeitausgleiches zu berücksichtigen.
Gibt es sohin keine Einigung über den Zeitausgleich sind geleistete Überstunden in Geld abzugelten. Diese Regelung gilt weiterhin für alle Überstunden, die weder die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden noch die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschreiten.
Wahlrecht des/der Arbeitnehmers:in
Für Überstunden, die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschreiten, gibt es andere Regelungen der Bezahlung.
Selbstredend sind diese Überstunden von dem/der Arbeitgeber:in abzugelten. Es kann aber ausschließlich der/die Dienstnehmer:in selbst festlegen, ob die Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich zu erfolgen hat.
Der/die Arbeitnehmer:in hat dieses Wahlrecht möglichst frühzeitig, spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes auszuüben.
Abrechnungszeitraum für die geleistete Überstunde ist der Monat, in dem die Überstunde geleistet worden ist. Sieht der Kollektivvertrag hingegen vor, dass die Überstunden spätestens am Ende der ihrer Leistung folgenden Gehaltsperiode zu bezahlen sind, endet der jeweilige Abrechnungszeitraum mit diesem Tag.
Beispiel:
Der Handelsangestellte arbeitet am 10. Oktober 2018 12 Stunden am Tag. Für die ersten beiden Überstunden an diesem Tag, also für die 9. und 10. Arbeitsstunde am Tag besteht mit dem Arbeitgeber die Vereinbarung, dass dafür ein Zeitausgleich gewährt wird.
Für die letzten beiden Überstunden an diesem Tag, also für die 11. und 12. Arbeitsstunde am Tag macht der Arbeitnehmer von seinem Wahlrecht Gebrauch. Er teilt seinem Arbeitgeber am 27. November 2018 mit, dass er für diese Überstunden die Abgeltung in Geld haben möchte. Die Arbeitgeberin muss das Überstundenentgelt Ende November überweisen.
Wählt der/die Arbeitnehmer:in den Zeitausgleich als Abgeltung für geleistete Überstunden, nimmt er/sie sein/ihr Wahlrecht schon alleine dadurch wahr, in dem er/sie bloß die Abgeltung in Zeitausgleich fordert, ohne dass dabei gleichzeitig auch der Zeitpunkt des Zeitausgleiches festgelegt wird.
Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechtes
Die Regelung, dass der/die Arbeitnehmer/in sein/ihr Wahlrecht möglichst frühzeitig auszuüben hat, spätestens jedoch am Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes, wirft die Frage auf, ob das Wahlrecht wirksam bereits zu einem solchen Zeitpunkt ausgeübt werden kann, in dem die dem Wahlrecht zugrunde liegende Überstunde noch nicht geleistet worden ist.
Die Antwort darauf ist umstritten, weshalb die Frage unbeantwortet bleiben muss.
Wahlrecht des/der Mitarbeiters:in und All In Vereinbarung
Bei All In Vereinbarungen ist zu unterscheiden:
Sind in einer All In Vereinbarung Überstunden, durch die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden, durch die Überzahlung nicht abgegolten, ist dies in der Lohnabrechnung völlig unproblematisch. Die Abrechnung hat so zu erfolgen, wie der/die Arbeitnehmer:in sein/ihr Wahlrecht ausgeübt hat. Die Überstunden sind je nach Wahl des/der Arbeitnehmers:in in Geld abzugelten oder es ist dafür Zeitausgleich zu gewähren.
Die bestehende All In Vereinbarung, die ohnedies die Abgeltung von Überstunden anderer Art regelt, bleibt davon unberührt.
Beispiel:
Es besteht eine All In Vereinbarung. Beide Vertragsparteien gehen davon aus, dass mit der Überzahlung nur solche Mehr- und Überstunden abgegolten sind, die innerhalb einer Tagesarbeitszeit von 10 Stunden liegen.
Der Arbeitnehmer arbeitet am 10. Oktober 2018 12 Stunden am Tag. Die ersten beiden Überstunden an diesem Tag, also die 9. und 10. Arbeitsstunde, sind nach der All In Vereinbarung bereits mit der Überzahlung abgegolten. Die beiden weiteren Überstunden, also 11. und die 12. Stunde am Tag sind, je nach Wahl des Arbeitnehmers, in Geld oder in Zeitausgleich abzugelten.
Sind aber in einer All In Vereinbarung mit der Überzahlung auch Überstunden abgegolten, durch die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden, ist bei der Lohnabrechnung gesondert darauf Rücksicht zu nehmen.
Inhalt der All In Vereinbarung ist, dass alle(!) Überstunden in Geld abgegolten werden. Die Abgeltung von Überstunden mit Zeitausgleich ist damit letztendlich ausgeschlossen.
Fraglich ist daher, ob der/die Arbeitnehmer:in dadurch, dass er die All In Vereinbarung abgeschlossen hat, sein Wahlrecht bereits, also möglichst frühzeitig ausgeübt hat, und zwar mit dem Inhalt, dass noch zu leistende Überstunden in Geld abgegolten werden.
Ist dies nicht der Fall, hat er/sie also sein/ihr Wahlrecht damit nicht ausgeübt, kann der/die Arbeitnehmer:in, obwohl die Überstunden durch die Überzahlung, und damit in Geld abgegolten sind, wegen seines/ihres weiterhin bestehenden Wahlrechts „zusätzlich“ die Gewährung des Zeitausgleiches geltend machen.
Beispiel:
Es besteht eine All In Vereinbarung. Beide Vertragsparteien gehen davon aus, dass mit der Überzahlung auch solche Mehr- und Überstunden abgegolten sind, durch die die Tagesarbeitszeit von 10 Stunden bzw. die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden überschritten werden.
Der Arbeitnehmer arbeitet am 10. Oktober 2018 12 Stunden am Tag. Die ersten beiden Überstunden an diesem Tag, also die 9. und 10. Arbeitsstunde, sind nach der All In Vereinbarung bereits mit der Überzahlung abgegolten.
Auch die beiden weiteren Überstunden, also 11. und die 12. Stunde am Tag sind nach dem Inhalt der All In Vereinbarung bereits mit der gewährten Überzahlung abgegolten.
Dennoch behauptet der Arbeitnehmer, dass sein Wahlrecht noch besteht, und macht Ende Oktober die Gewährung von Zeitausgleich für diese Überstunden, also für die 11. und die 12. Arbeitsstunde am Tag geltend.
Will der/die Arbeitgeber:in vermeiden, dass der/die Arbeitnehmer:in zusätzlich Freizeit fordert, muss er/sie die Vergütung neu fassen, etwa vereinbaren, dass im Fall der ausnahmsweisen Vergütung in Freizeit das Pauschalentgelt gekürzt wird.
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.01.2025