Person beugt sich an Tisch über Dokument und unterzeichnet dieses, im Hintergrund verschwommen weitere Personen
© alfa27 | stock.adobe.com

Rahmen­verein­barung und Rahmen­vertrag im Vergabe­recht

Wo liegt der Unterschied

Lesedauer: 3 Minuten

Abnahmeverpflichtung

Die beiden Begriffe scheinen sehr ähnlich, haben jedoch im Vergaberecht eine unterschiedliche Bedeutung. Rahmenverträge und Rahmenvereinbarungen sind hilfreich, wenn Auftraggeber einen regelmäßigen Bedarf an gleichartigen Leistungen haben, dessen Umfang im Vorhinein aber nicht genau festgestellt oder vorhergesehen werden kann.  

Ein Rahmenvertrag ist ein Instrument des allgemeinen Zivilrechts. Er hat Bindungswirkung, regelt die wechselseitigen Pflichten genau und weist in der Regel folgende Besonderheiten auf:

  • eine Abnahmeverpflichtung des Auftraggebers während der Laufzeit zu den festen Konditionen des Rahmenvertrags,
  • eine bestimmte Laufzeit,
  • eine im Vorhinein exakt ermittelte Menge der Lieferungen bzw. Leistungen. Dafür eine aufgrund einer Prognose ermittelte Menge, die während der Laufzeit durch Abruf von Teilmengen konkretisiert wird. 

Dagegen besteht bei einer Rahmenvereinbarung keine Abnahmeverpflichtung des Auftraggebers; der Auftrag entsteht durch einen konkretisierenden Zuschlag. 

Dementsprechend definiert § 31 Abs. 7 BVergG 2018 die Rahmenvereinbarung wie folgt: „Eine Rahmenvereinbarung ist eine Vereinbarung ohne Abnahmeverpflichtung zwischen einen oder mehreren öffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraumes vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den in Aussicht genommenen Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge. Nach Abgabe von Angeboten einer Leistung wird diese mit oder ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb bezogen.“

Beachte:

Der wesentliche Unterschied des Rahmenvertrags zur Rahmenvereinbarung liegt im beidseitig verbindlichen Charakter des Rahmenvertrags, der die Auftraggeber zur Abnahme der Leistung von seinem Vertragspartner verpflichtet. Rahmenverträge fallen nämlich unter den Auftragsbegriff des Bundesvergabegesetzes. Auftraggeber müssen während der Laufzeit des Vertrags die Leistung ausschließlich von ihren Vertragspartnern beziehen.

Beispiele: 

Es wird eine Bewachungsleistung ausgeschrieben. Die Leistungsbedingungen (Zeitraum und Umfang der Bewachung, monatliches Pauschalentgelt etc.) sind genau festgelegt und es besteht auch eine Abnahmeverpflichtung des Auftraggebers. Daher liegt ein Rahmenvertrag vor. 

Es werden Werbeagenturleistung vergeben. Allerdings liegt nur ein bestimmter Rahmen vor, die genauen Abrufe ergeben sich erst nach dem erst noch festzulegenden Bedarf des Auftraggebers. Eine Abnahmeverpflichtung wird ausgeschlossen. Es handelt sich um eine Rahmenvereinbarung.

Laufzeit

Die Laufzeit bei der Rahmenvereinbarung darf maximal 4 Jahre (Sektorenauftraggeber 8 Jahre) betragen. Aus sachlich gerechtfertigten Gründen ist jedoch eine – zeitlich im Gesetz nicht näher definierte - Verlängerung möglich. Die Laufzeit der Einzelaufträge muss allerdings nicht der Laufzeit der Rahmenvereinbarung entsprechen, sondern kann länger oder kürzer sein. 

Dagegen kann ein Rahmenvertrag auch auf eine längere Dauer als die 4 Jahre oder unbefristet vereinbart werden.

Ablauf eines Verfahrens bei der Rahmenvereinbarung (§§ 153 bis 155 BVergG)

Es wird nach Abschluss des Vergabeverfahrens festgelegt, mit welchem Unternehmen beabsichtigt ist, eine Rahmenvereinbarung abzuschließen. Das kann ein oder mehrere (mindestens drei) Unternehmen sein, was vorher in der Ausschreibung festgelegt werden muss. Nach Ablauf der Stillhaltefrist (im Regelfall 10 Tage) ist die Auswahl bestandfest.
Danach erfolgt – sobald ein Bedarf vorliegt - der Abruf mit oder ohne neuerlichem Aufruf zum Wettbewerb. Dieser Leistungsabruf stellt die Auftragserteilung dar und ist der eigentliche Vertragsabschluss.  Die ausgewählten Unternehmen   sind in der Abrufphase an ihre in der Ausschreibung angegebenen Preise gebunden bzw. können sie nur billiger anbieten.  

Das „Kaskadenprinzip“ beschreibt eine Vorgehensweise, nach der aus einem Pool ausgewählt wird. Der Auftraggeber ersucht zunächst den Bieter mit dem bestbewerteten Angebot um die Leistungserbringung. Lehnt der Bieter ab, wird der Bieter mit dem zweitgereihten Angebot um die Leistungserbringung ersucht, lehnt dieser ab, der Drittgereihte usw. 

Bei einem Aufruf zu einem neuen Wettbewerb muss der Auftraggeber jene Unternehmen konsultieren, die in der Lage sind, die Leistung zu erbringen. Es ist eine angemessene Frist zu Abgabe der Angebote für den Einzelauftrag zu gewähren. Die Angebote sind schriftlich einzureichen und dürfen bis zum Ende der Angebotsfrist nicht geöffnet werden. Der Zuschlag ist dann gemäß den in der Ausschreibung festgesetzten Zuschlagskriterien dem Bestbieter zu vergeben.  

Beachte:

Der Auftraggeber darf bei der Rahmenvereinbarung nur bis zur Höhe des geschätzten Gesamtauftragsvolumens vergeben; ansonsten müsste neu ausgeschrieben werden bzw. läge eine unzulässige Direktvergabe vor. Auch müssen beim Bestehen von mehreren Auftraggebern diese transparent ersichtlich sein. 

Stand: 01.01.2024

Weitere interessante Artikel
  • Person mit kurzen Haaren und schwarzer Brille sowie Hemd steht bei einem Besprechungstisch an dem andere Personen sitzen
    Nicht-Dis­kriminierung von Klein- und Mittel­unter­nehmen (KMU) im Vergabe­­recht
    Weiterlesen