
Vergaberecht warum?
Die wichtigsten Vergabegrundsätze
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Inhaltsverzeichnis
Welche Ziele sollen mit dem Vergaberecht erreicht werden?
Das Vergaberecht regelt, wie öffentliche Auftraggeber, d.h. Bund, Länder und Gemeinden sowie Sektorenauftraggeber in den Bereichen Verkehr, Energie, Wasser und Post Waren und Leistungen beschaffen. Im Gegensatz zu Privaten sind staatliche Stellen nicht nur öffentlich-rechtlichen Regelungen wie dem Verfassungsrecht oder dem Haushaltsrecht unterworfen, sondern haben auch eine starke Nachfrageposition auf den Beschaffungsmärkten.
Im Jahr 2023 lag die Staatsquote in Österreich bei 52,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Jahr 2024 wird die Staatsquote in Österreich laut Prognosen voraussichtlich bei rund 54,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Damit würde sie gegenüber dem Vorjahr steigen. Die Staatsquote bezeichnet das Verhältnis der Staatsausgaben zum Bruttoinlandsprodukt (BIP).
Sie liegt auch in den anderen europäischen Ländern durchschnittlich nicht wesentlich darunter. Mit dieser geballten Finanzkraft tritt der Staat in Gestalt des Bundes, der Länder sowie der Gemeinden und aller Gesellschaften, an denen diese Gebietskörperschaften einen Mehrheitsanteil halten, als Nachfrager von Waren und Leistungen auf dem Markt auf. Das Vergaberecht soll u.a. durch standardisierte Verfahrensabläufe und transparente, nachprüfbare Entscheidungen die Effizienz der Mittelverwendung garantieren. Die Aufgabe des Vergaberechtes ist zum einen die Wirtschaftlichkeit des Einkaufs öffentlicher Auftraggeber sicherzustellen, zum anderen den Bietern aber auch der Öffentlichkeit Fairness, Transparenz und Wettbewerb nicht zuletzt durch spezifischen Vergaberechtschutz zu garantieren.
Vor dem Hintergrund dieser Zahlen und angesichts der hohen Verantwortung im Umgang mit öffentlichen Geldern zeigt sich, dass die öffentliche Beschaffung einer gesetzlichen Regelung bedarf. Dieser Rechtsrahmen hat die Aufgabe, einen ökonomisch effizienten, transparenten und korruptionsfreien Einsatz öffentlicher Mittel sicherzustellen. Darüber hinaus ist eine in der Praxis umgesetzte Vergabe-Compliance ein Wesensmerkmal eines stabilen, vertrauenswürdigen und integren Rechtsstaats.
Der Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe ist als Teil des EU-Binnenmarktes sowohl durch EU-Rechtsakte (z.B. primärrechtliche Grundfreiheiten wie das Diskriminierungsverbot, EU-Vergaberichtlinien) als auch durch innerstaatliches Recht (z.B. BVergG) geregelt. Die EU rechtlichen Grundsätze wie z.B. das Gleichbehandlungsgebot, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Transparenzgebot, der Grundsatz des freien, fairen und lauteren Wettbewerbs sowie der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit sind vom Auftraggeber unabhängig vom Auftragswert und der Verfahrensart zwingend in jedem Beschaffungsprozess einzuhalten.
Ziel des Vergaberechts
Ziel des Vergaberechtes ist die Vergabe von öffentlichen Liefer- und Leistungsaufträgen an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu marktgerechten Preisen. Die Generalklausel dazu lautet:
Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen (§ 20 BVergG).
Die wichtigsten Rechtsgrundsätze des Vergaberechtes
Aus dem Bundesvergabegesetz und aus der Bundesverfassung in Verbindung mit der Kontrolle durch Gerichte und den Rechnungshof lassen sich die folgenden Grundsätze für das Recht der Vergabe entnehmen. Wenn sich bei der Auslegung einzelner Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes zwei oder mehrere Möglichkeiten ergeben, so können diese Grundsätze zusätzlich herangezogen werden.
Die wichtigsten Grundsätze des Vergaberechts im Überblick
- Freier und lauterer Wettbewerb
- Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter – Diskriminierungsverbot
- Angemessenheit der Preise
- Auftragsvergabe an rechtlich befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer
- Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen
- rein sachliche Beurteilung der Bieter und der Angebote
- Transparenz im Vergabeverfahren
- Absicht zur tatsächlichen Leistungsvergabe
- Bedachtnahme auf die Umweltgerechtigkeit der Leistung
- Möglichkeit der Bedachtnahme auf die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren Arbeitnehmern sowie auf Maßnahmen zur Umsetzung sonstiger sozialpolitischer Belange
- Möglichkeit der Bedachtnahme auf innovative Aspekte
- Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens soll nach Möglichkeit so erfolgen, dass kleine und mittlere Unternehmen am Vergabeverfahren teilnehmen können
Das Vergaberecht regelt auch den Rechtsschutz für Bieter gegen Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers. Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen sind primär bei den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. Sie können schwerwiegende Rechtsfolgen haben und reichen von der Nichtigerklärung einzelner vom öffentlichen Auftraggeber gesetzten Verfahrensschritte (z.B. Ausschreibungsunterlagen oder Zuschlagsentscheidung) bis zur Vertragsauflösung oder Schadenersatz.
Stand: 21.03.2025