Auswahl-, Eignungs- und Zuschlagskriterien im Vergaberecht
Bedeutung von Kriterien im Vergabeverfahren
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Häufig bereitet die Unterscheidung zwischen Auswahl- Eignungs- und Zuschlagskriterien sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Bieterseite große Probleme. Sie ist aber in der Praxis sehr bedeutsam, weil die (Nicht)Erfüllung dieser Kriterien über Sein oder Nichtsein im Vergabeverfahren entscheidet.
Im Bundesvergabegesetz 2018 sind folgende Arten von Kriterien angeführt:
- Auswahlkriterien
- Eignungskriterien
- Zuschlagskriterien sowie
- Beurteilungskriterien (bei Wettbewerben)
Auswahlkriterien
Auswahlkriterien sind die vom Auftraggeber in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegten, nicht diskriminierenden, unternehmerbezogene Kriterien, nach welchen die Qualität der Bewerber beurteilt wird. Sie kommen dann zum Tragen, wenn ein zweistufiges Verfahren zur Anwendung kommt. Das ist ein nicht offenes Verfahren und ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, eine elektronische Auktion mit beschränkter Teilnehmeranzahl oder ein nicht offener Wettbewerb.
In der ersten Stufe werden die Bewerber an Hand dieser Kriterien beurteilt und jene ausgewählt, welche in der zweiten Stufe zur Angebotsabgabe eingeladen werden. Derartige Kriterien ermöglichen eine Auswahl unter den insgesamt geeigneten Bietern zu dem Zweck, dass nur die „bestgeeigneten“ (und nicht alle geeigneten) Bewerber zur Angebotslegung einzuladen sind.
- Auswahlkriterien müssen in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegt werden.
- Sie dürfen nicht diskriminierend und müssen unternehmerbezogen sein, um damit die Qualität der Bewerber beurteilen zu können.
Mögliche Auswahlkriterien sind:
- Referenzen
- Ausbildung und Qualifikation des Schlüsselpersonals
- personelle und technische Ressourcen
- Ausstattung des Unternehmens
- und vieles andere mehr
Eignungskriterien
Eignungskriterien sind jene Kriterien, welche die Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Unternehmers beschreiben. Sie sind im Gegensatz zu Auswahlkriterien k.o.-Kriterien, d.h. es handelt sich um Mindestanforderungen an den Bewerber oder Bieter, deren Nichterfüllung einen Ausschluss vom Wettbewerb bedeutet. Im Gegensatz dazu werden Auswahl- und Zuschlagskriterien gewertet und gewichtet.
Eignungskriterien
- sind nicht diskriminierende Mindestanforderungen an den Bewerber oder Bieter
- müssen streng unternehmensbezogen sein
- können nur erfüllt oder nicht erfüllt werden (ja oder nein)
- als Eignungskriterien „verbrauchte“ Kriterien können nicht mehr als Auswahl- oder Zuschlagskriterien verwendet werden
Zuschlagskriterien
Zuschlagskriterien sind die vom Auftraggeber im Verhältnis oder ausnahmsweise in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegten, nicht diskriminierenden und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängenden Kriterien, nach welchen das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot (Bestbieterprinzip) ermittelt wird.
Nur dann, wenn die Ausnahmeregelung für das Billigstbieterprinzip zur Anwendung kommt, ist als einziges Zuschlagskriterium der Preis zulässig.
Anhand von Zuschlagskriterien ermittelt der Auftraggeber das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot. Sie sind die Grundlage für die Entscheidung des Auftraggebers und sind bereits in der Ausschreibung anzugeben. Dadurch kann sich der Bieter darauf einstellen, welche Besonderheiten seiner Leistung (Preis, Qualität, Folge- und Betriebskosten etc.) wie gewertet werden.
- Zuschlagskriterien dürfen nicht diskriminierend und müssen auftragsbezogen sein und damit ermöglichen, das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln.
- Sie müssen im relativen Verhältnis zueinander gewichtet bzw. in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegt werden.
Mögliche Zuschlagskriterien sind:
- Qualität
- Preis
- Technischer Wert
- Ästhetik
- Zweckmäßigkeit
- Umwelteigenschaften
- Betriebskosten
- Rentabilität
- Kundendienst und technische Hilfe
- Lieferzeitpunkt und Lieferungs- bzw. Ausführungsfrist
- Reaktionszeit
- Lehrlingsausbildung
Bestbieterkriterien-Katalog
Eine Auflistung möglicher Zuschlagskriterien für Bauaufträge enthält der „Bestbieterkriterien-Katalog“ unter: faire-vergaben.at
Für die Vergabe nach dem Bestbieterprinzip, bei der neben dem Preis zumindest ein zweites Zuschlagskriterium vorzusehen ist, können folgende mögliche qualitative Zuschlagskriterien zur Anwendung gelangen:
Systematisierung der Zuschlagskriterien in die Kategorien
- wirtschaftliche Kriterien
- ökologische Kriterien
- soziale Kriterien
Beurteilung von „wirtschaftlichen Kriterien“:
- Fachliche Qualifikation des Schlüsselpersonals (Referenzprojekte, Ausbildung u. Berufserfahrung, Schulungen)
- Beschäftigung von Facharbeitern
- Erhöhung der Qualitätssicherung
- Reduktion der projektspezifischen Sperrzeiten (z.B. Wochenendsperren)
- Reaktionszeit bei Wartungsleistungen und im Störfall zur Fehlerbehebung
Beurteilung von „ökologischen Kriterien“:
- Reduktion der Umweltbelastung durch Verringerung von Transportkilometern und LKW-Transporte (über 3,5t) auf die Baustelle
- Technische Ausstattung der einzusetzenden Fahrzeuge (Euro-Klasse, CO2-Emission)
Beurteilung von „sozialen Kriterien“:
- Beschäftigung von älteren Arbeitnehmerinnen bzw Arbeitnehmern (Beschäftigung ab dem vollendeten 50. Lebensjahr), die konkret auf der jeweiligen Baustelle eingesetzt werden.
- Beschäftigung bzw. Einsatz von Lehrlingen (und Personen im Ausbildungsverhältnis), die konkret auf der jeweiligen Baustelle eingesetzt werden.
- Zusätzliche Erhöhung der Arbeitssicherheit auf der Baustelle
Beurteilungskriterien
Beurteilungskriterien sind die vom Auftraggeber in der Reihenfolge ihrer Bedeutung festgelegten, nicht diskriminierenden Kriterien, nach welchen das Preisgericht bei Wettbewerben seine Entscheidungen trifft.
Dabei ist das Preisgericht bei der Auswahl des oder der Wettbewerbsgewinner unabhängig. Es hat diese Auswahl aufgrund von Wettbewerbsarbeiten, die anonym vorgelegt werden, und nur aufgrund der Beurteilungskriterien zu treffen.
Stand: 01.01.2024