Erneuerbare Stromproduktion – Industrie fordert mehr Tempo
Spartenobmann Unterkofler: „Mit dem aktuellen Tempo sind die ambitionierten Ausbauziele für 2030 völlig außer Reichweite“.
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Österreich hat sich mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Stromverbrauch (bilanziell) aus erneuerbaren Energien darzustellen. Dazu soll die jährliche Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen vom Jahr 2020 bis zum Jahr 2030 mengenwirksam um 27 TWh gesteigert werden, pro Jahr also um 2,7 TWh. „Dieses Ziel muss erreicht werden“, sind sich die Obleute der Industriesparten der Bundesländer Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg bei ihrem Energiegipfel einig. „Schließlich erhöht jede in Österreich produzierte Kilowattstunde Strom die nationale Resilienz und macht die Strompreise mittelfristig von fossilen Preiseinflüssen unabhängiger. Eine ausreichende Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom ist außerdem die Voraussetzung, zahlreiche Industrieprozesse klimaneutral zu gestalten.“
Die nationale erneuerbare Stromproduktion stagniert seit Jahren
Im Jahr 2022 wurden in Österreich etwa 43 TWh Strom aus Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik gewonnen. 2021 konnten 45 TWh erzielt werden, und 2020 fast 48 TWh. Zwar wird 2023 wieder ein leichter Anstieg erwartet, doch hinkt die Produktion gerade bei Wasserkraft und Windkraft den Ausbauzielen deutlich hinterher. „In Summe ist somit eine deutliche nationale Zielverfehlung 2030 bei der erneuerbaren Stromproduktion zu erwarten“, betont Peter Unterkofler, Obmann der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Salzburg. Zudem sei in vielen Regionen eine einseitige Fokussierung auf Photovoltaik zu beobachten.
Netze stoßen schon heute an ihre Kapazitätsgrenzen
„Schon heute stößt das Netz an seine Grenzen, wenn der Verbrauch niedrig und die Produktion erneuerbarer Energien hoch ist. Das ist beunruhigend - denn bis 2030 werden sich die Erzeugungsspitzen von heute etwa 10 GW mehr als verdoppeln. Beim Netzausbau ist also die Geschwindigkeit deutlich zu erhöhen“, analysiert Spartenobmann Unterkofler.
Einseitiger Fokus auf Photovoltaik belastet Netze und treibt Netzgebühren in die Höhe
„Photovoltaik ist für viele Industriebetriebe eine attraktive Option, den Netzbezug deutlich zu reduzieren, sofern der Eigenverbrauch des PV-Stroms auf hohem Niveau gehalten werden kann“, sagt Unterkofler. „Eine mangelnde Balance zwischen Photovoltaik einerseits und der Stromproduktion aus anderen erneuerbaren Quellen andererseits birgt allerdings ein erhebliches Risiko für unseren Standort.“
Hintergrund ist, dass Photovoltaik-Anlagen im Jahresverlauf die Energie nur in etwa 1000 Volllaststunden liefern. Dies ist mit Abstand der niedrigste Wert aller erneuerbaren Quellen. Als Folge der höheren Peakleistungen und der Einspeisung auf allen Netzebenen sind bei einem Fokus auf Photovoltaik alleine deutlich höhere Netzausbaukosten und Netzwartungskosten zu erwarten als bei einem ausgewogenen Mix an erneuerbaren Energien. Es besteht das Risiko, dass sich die Netzgebühren entsprechend ungünstiger entwickeln als in anderen Regionen Europas.
Außerdem erzeugen Photovoltaikanlagen nur etwa ein Viertel ihres Ertrags im verbrauchsstarken Winterhalbjahr – Windkraftanlagen hingegen mehr als zwei Drittel. Ein Photovoltaik-Fokus erfordert daher einen stärkeren – und damit kostenintensiveren - Ausbau der Elektrolyseleistung und Speicherkapazität für klimaneutralem Wasserstoff, da mehr Strom durch verlustbehaftete Speicherung vom Sommer in den Winter transferiert werden muss.
Ausgewogener Zubau erneuerbarer Energieträger gefordert
„Die aktuell zu beobachtende Fokussierung vor allem auf Photovoltaik kann hinsichtlich Netzbelastung und Netztarifen signifikante Nachteile für den Wirtschaftsstandort mit sich bringen. Wir fordern daher einen Zubau erneuerbarer Energien, der einem ausgewogenen Mix aller erneuerbarer Quellen, also Wasserkraft, Windkraft und Photovoltaik Rechnung trägt“, bekräftigt der Spartenobmann. Schließlich sei auch die Förderlandschaft zu überarbeiten: „Das aktuelle Fördersystem orientiert sich nicht an der Eigenverbrauchsquote von Photovoltaikanlagen. Dies sollte geändert werden, denn hohe Eigenverbrauchsquoten, wie sie bei Industrieanlagen typischerweise erreicht werden, reduzieren die teuren Spitzenbelastungen der Netze deutlich.“