Tätigkeiten, die nicht unter die Gewerbeordnung fallen
Für diese Tätigkeiten benötigt man keine Gewerbeberechtigung
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Die meisten selbständig ausgeübten Tätigkeiten unterliegen der Gewerbeordnung und setzen die Erlangung einer Gewerbeberechtigung voraus. Daneben gibt es aber auch noch Tätigkeiten, die von der Gewerbeordnung ausgenommen sind und für die daher keine Gewerbeberechtigung erlangt werden kann.
Dazu zählen insbesondere:
Beeidete Sachverständige/ Zertifizierungsstellen
Sachverständige, die in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren durch die Behörde bestellt werden, benötigen für die im Rahmen dieser Bestellung ausgeübte Gutachtertätigkeit keine Gewerbeberechtigung. Für die Tätigkeit eines Privatsachverständigen ist aber eine der jeweiligen Fachrichtung entsprechende Gewerbeberechtigung erforderlich.
Für Untersuchungs- und Prüftätigkeiten ist nur dann keine Gewerbeberechtigung erforderlich, wenn es sich um eine durch Bescheid akkreditierte Prüf- Überwachungs- und Zertifizierungsstelle handelt.
Häusliche Nebenbeschäftigung
Darunter fällt unter anderem die Privatzimmervermietung. Das ist die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebene Vermietung von nicht mehr als 10 Fremdenbetten als häusliche Nebenbeschäftigung. Zu den gewöhnlichen Mitgliedern des eigenen Hausstandes zählen die im Haushalt wohnenden Familienmitglieder, und auch jene Personen, die ständig dem Haushalt der Familie angehören, z.B. Hausgehilfen.
Häuslich ist eine Nebenbeschäftigung, wenn sie im eigenen Haus ausgeübt wird und es sich um Räume handelt, die dem Wohnbedürfnis des Vermieters oder dessen Hausgenossen dienen oder gedient haben. Ein wesentliches Merkmal ist auch, dass es sich um eine im Vergleich zu den anderen häuslichen Tätigkeiten dem Umfang nach untergeordnete Erwerbstätigkeit handelt. Die Zulässigkeit ergibt sich aus einem Vergleich der in einem Durchschnittshaushalt anfallenden häuslichen Tätigkeiten mit den Tätigkeiten für die Nebenbeschäftigung. Tätigkeiten z.B. im Rahmen einer unselbständigen Arbeit bei einem externen Arbeitgeber sind nicht zu berücksichtigen. Es ist auch nicht entscheidend, ob die aus der häuslichen Nebenbeschäftigung erzielten Einkünfte die einzigen bzw. im Vergleich zu den sonstigen Einkünften untergeordnet sind.
Heilkunde
Dazu zählt die Untersuchung betreffend das Vorliegen von Krankheiten, Gebrechen, Missbildungen, Anomalien, deren Behandlung sowie die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln.
Hierbei kommt es nicht darauf an, ob Methoden der Schul- oder Alternativmedizin angewendet werden.
Unter diese Ausnahme fallen vor allem Human- und Veterinärmediziner, Apotheker, Hebammen, die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, die gehobenen medizinisch-technischen Dienste, der Betrieb von Kranken- und Kuranstalten.
Davon zu unterscheiden, ist das freie Gewerbe der Personenbetreuung. Personenbetreuer leisten Hilfestellung bei der Haushalts- und Lebensführung betreuungsbedürftiger Personen.
Herausgabe periodischer Druckwerke durch das Medienunternehmen
Als periodische Druckwerke gelten jene, die unter demselben Namen, fortlaufender Nummer und einheitlichem Erscheinungsbild wenigsten viermal im Kalenderjahr erscheinen.
Von dieser Ausnahmebestimmung umfasst sind auch Online Medien.
Kinderbetreuung
Der Betrieb von Schulen, Kindergärten, Kindertagesheimen und sonstigen Einrichtungen, die zur Beaufsichtigung und Erziehung von Kindern bestimmt sind, ist Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Ebenso ausgenommen sind die Tätigkeiten der Tagesmütter und Babysitter. Maßgeblich sind hier die landesgesetzlichen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes, in welchem eine solche Einrichtung betrieben oder Dienstleistung erbracht wird.
Künstler
Die Ausübung der schönen Künste ist vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen. Zur Personengruppe der Künstler zählen z.B. Maler, Musiker, Schauspieler, Sänger, Dirigenten, Tänzer, Diskjockeys. Ebenso sind literarische Tätigkeiten ausgenommen, zu denen vor allem Tätigkeiten der Schriftsteller und Journalisten zählen. Der Künstler hat das Recht zu Verwertung, Vervielfältigung und Vertrieb seiner Kunstwerke im Rahmen des Selbstverlagsrechts.
Auch die Restaurierung von Kunstwerken ist dann vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen, wenn für diese Tätigkeit nachgestaltende künstlerische Fähigkeiten erforderlich sind.
Von der künstlerischen Tätigkeit ist aber das Kunsthandwerk zu unterscheiden; dieses ist den einschlägigen reglementierten Gewerben (z.B. Tischler, Metalltechniker, Kleidermacher) zuzurechnen und erfordert daher einen entsprechenden Befähigungsnachweis und eine Gewerbeberechtigung.
Der Handel mit Kunstwerken (Galerie), erfordert eine Gewerbeberechtigung für das freie Handelsgewerbe.
Land- und Forstwirtschaft/ Tierzucht
Zur Landwirtschaft zählt die Aufzucht und Vermehrung jedweder Art von Pflanzen sowie das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung, Gewinnung tierischer Erzeugnisse, unabhängig ob es sich um „Nutztiere“ (Kühe, Schweine), „Haustiere“ (Ziervögel, Zierfische) oder speziell ausgebildete Tiere (Polizei-, Blindenhunde) handelt. Auch die Verarbeitung der eigenen Naturprodukte bedarf keiner Gewerbeberechtigung, wenn der Charakter des landwirtschaftlichen Betriebes gewahrt bleibt.
Landesgesetzlich geregelte Tätigkeiten
Nicht alle selbständigen Tätigkeiten unterliegen der Gewerbeordnung. Es gibt Tätigkeiten, die in die Regelungskompetenz der Länder fallen, wie z.B. die Altenpflege, der Betrieb von Campingplätzen, Tanzschulen oder Schischulen, die Tätigkeit der Schi- und Bergführer, die Errichtung und der Betrieb von Friedhöfen und Krematorien. Hier sind die gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Bundeslandes zu beachten. Eine Gewerbeberechtigung ist jedoch nicht erforderlich.
Literarische Übersetzungen
Übersetzer- und Dolmetschdienstleistungen sind Gegenstand eines freien Gewerbes. Keine Gewerbeberechtigung ist für literarische Übersetzungen erforderlich. Dabei ist die Übersetzung als eigene schöpferische Leistung anzusehen, wie auch das Schaffen der literarischen Grundlage selbst. Eine weitere Ausnahme von der Gewerbeordnung besteht für gerichtlich beeidete Dolmetscher, die von einer Behörde besonders bestellt wurden.
Rechtsberatung/ Vertretung
Nur wenigen Gewerbetreibenden steht das Recht zu, Rechtsberatungen und Vertretungen durchzuführen: Ein Vertretungsrecht ihrer Auftraggeber vor Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die reglementierten Gewerbe der Baumeister, Immobilientreuhänder, Ingenieurbüros, Unternehmensberater und Holzbau-Meister. Vom Gewerbeumfang der Reisebüros ist auch die Beantragung von Visa umfasst. Andere Rechtsberatungen und Vertretungen von Parteien sind den rechtsberatenden Berufen (z.B. Rechtsanwälten, Patentanwälten, Wirtschaftstreuhändern, Notaren etc.) vorbehalten.
Selbständige Trainer
Die Durchführung von Unterricht, Seminaren, Vorträgen, Workshops, Lehrveranstaltungen udgl. unterliegt nicht der Gewerbeordnung. Ob die Zielgruppe Kinder oder Erwachsene sind, eine Gruppe von Personen oder ein Einzelner unterrichtet wird, ist für die Qualifizierung als ausgenommene Tätigkeit unerheblich.
Der Unterschied zwischen Seminaren als von der Gewerbeordnung ausgenommene Unterrichtstätigkeit und persönlicher Beratung als gewerbliche Tätigkeit ist fließend. Wenn aufgrund eines bereits vorgegebenen Schulungskonzeptes allgemeine und fachliche Lehrinhalte vermittelt werden, wie z.B. Kommunikationstraining, Bewerbungstraining, Verkaufstechniken, Aufbau von Organisationsstrukturen, Instrumente der Mitarbeiterführung, etc liegt eine Unterrichtstätigkeit vor. Im Rahmen der Unterrichtstätigkeit ist auch eine individuelle Anpassung der Lehrinhalte nach Kundenwunsch aus vorhandenen Modulen möglich. Werden hingegen durch Analyse der „Ist-Situation“ Defizite ausgelotet und auf den individuellen Fall zugeschnittene Wissensinhalte mit einer Anleitung zu deren Umsetzung vermittelt, liegt bereits eine gewerbliche Beratungstätigkeit vor. Welchem Gewerbe diese Beratungstätigkeit zuzuordnen ist, hängt von ihrem Inhalt ab; in Frage kommen etwa die Gewerbe „Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation“, „Lebens- und Sozialberatung“, „ Werbeagentur“, „PR Berater“.
In der Praxis wird von selbständigen Trainern immer wieder die Anmeldung des freien Gewerbes „Organisation von Veranstaltungen, Märkten und Messen (Eventmanagement)“ verlangt. Diese Berechtigung geht aber am Kern der Tätigkeit vorbei, denn sie deckt nur die sekretariatsmäßige Organisation eines Seminares für den Veranstalter ab, z.B. Koordination der Trainer, Versenden von Teilnahmebestätigungen, Austeilen von Schulungsunterlagen, technischer Support vor Ort.
Selbständige Trainer sind als „Neue Selbständige“ bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen versichert. Das ist auch die zuständige Stelle für die Ausstellung der NeuFöG Bestätigung.
Veranstaltungen
Darunter fallen Konzerte, Lesungen, Sportveranstaltungen, Feuerwerke, Straßenkunstdarbietungen, Zirkusse, Volksvergnügungen, etc. Veranstaltungen sind Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung, unter welchen Voraussetzungen Veranstaltungen abgehalten werden dürfen, regelt jedes Bundesland autonom. Eine Gewerbeberechtigung ist zwar nicht erforderlich, eine Genehmigung für eine Dauerveranstaltung kann aber zu einer Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer führen.
Verrichtungen einfachster Art
Die Verrichtung einfachster Art umfasst die Zurverfügungstellung der eigenen Arbeitskraft, wobei einfache Tätigkeiten ohne Verwendung technischer Hilfsmittel verrichtet werden, für die besondere Fachkenntnisse nicht erforderlich sind, z.B. Tragen von Lasten, händisches Be- und Entladen von Transportmitteln, Botengänge, Vorleser, Gesellschafter zum Zeitvertreib, Zeitungszusteller.
Selbst wenn die Tätigkeit eine Verrichtung einfachster Art ist, kann auf Grund der beabsichtigten betriebsorganisatorischen Struktur und der dadurch erforderlichen unternehmerischen Fähigkeiten und Kenntnisse, wie etwa beim Einsatz von Arbeitnehmern bei gleichzeitiger Ausübung der Tätigkeit an mehreren Standorten, die Notwendigkeit einer Gewerbeberechtigung bestehen.
Stand: 01.07.2024