„Begünstigte Behinderte“: Kündigungsverfahren und sonstige Beendigungsarten
Kündigungsverfahren - Entlassung - Beendigung durch den Arbeitnehmer - einvernehmliche Auflösung - Probezeit - Befristung
Lesedauer: 2 Minuten
Ist für die Kündigung eines „begünstigten Behinderten“ - so bezeichnet das Behinderteneinstellungsgesetz Personen mit einem behördlich festgestellten Grad der Behinderung von mindestens 50 % - die vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses beim Sozialministeriumservice erforderlich, ist das gesetzlich vorgesehene Kündigungsverfahren durchzuführen. Ungeachtet dessen bestehen auch andere Möglichkeiten, das Arbeitsverhältnis mit einem begünstigten Behinderten– ohne Mitwirkung des Behindertenausschusses – zu beenden.
Tipp!
Zur Frage, ob für die Kündigung eines begünstigt Behinderten die vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses erforderlich ist, siehe unsere Info „Begünstigte Behinderte: Arbeitgeberkündigung“!
Kündigungsverfahren
Der Arbeitgeber muss einen schriftlichen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Sozialministeriumservice des jeweiligen Bundeslandes stellen. Dieser Antrag hat detaillierte Kündigungsgründe sowie Beweismittel, wie Zeugen und Urkunden, zu enthalten.
Ist im Betrieb ein Betriebsrat gewählt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, vor Einleitung eines Kündigungsverfahrens den Betriebsrat davon zu verständigen. Der Betriebsrat kann dann innerhalb einer Woche zum beabsichtigten Kündigungsverfahren Stellung nehmen.
Während des Kündigungsverfahrens vor dem Sozialministeriumservice besteht das Arbeitsverhältnis unverändert weiter. Der Arbeitnehmer ist daher zur Arbeitsleistung und der Arbeitgeber zur Entgeltzahlung verpflichtet.
Tipp!
Eine Dienstfreistellung während des Kündigungsverfahrens ist aufgrund der zu erwartenden langen Verfahrensdauer meist nicht zu empfehlen. Erfolgt dennoch eine Dienstfreistellung, sollte sich der Arbeitgeber unbedingt den Widerruf vorbehalten!
Entlassung
Die Entlassung eines begünstigten Behinderten ist grundsätzlich auch ohne Zustimmung des Behindertenausschusses zulässig.
Tipp!
Aufgrund der Komplexität des Entlassungsrechtes sollten Sie Kontakt mit einem Arbeitsrechtsexperten der Wirtschaftskammer aufnehmen.
Kündigung bzw. vorzeitiger Austritt durch den Arbeitnehmer
Der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen bzw. kollektivvertraglich geregelten Kündigungsfristen und Kündigungstermine kündigen.
Der Arbeitnehmer kann bei Vorliegen wichtiger Gründe das Arbeitsverhältnis durch vorzeitigen Austritt beenden. Als Austrittsgrund kommen grundsätzlich alle gesetzlich genannten Austrittsgründe in Betracht.
Eine Zustimmung des Behindertenausschusses zur Kündigung bzw. zum vorzeitigen Austritt durch den Arbeitnehmer ist nicht erforderlich.
Einvernehmliche Auflösung
Zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kann jederzeit eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden.
Tipp!
Aus Beweisgründen sollte diese Vereinbarung unbedingt schriftlich abgeschlossen werden!
Probezeit
Der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses auf Probe mit einem begünstigten Behinderten ist im Rahmen der gesetzlichen bzw. kollektivvertraglichen Möglichkeiten zulässig. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer ohne Einhaltung von Fristen und Terminen beendet werden.
Erfolgte die Auflösung in der Probezeit durch den Arbeitgeber wegen einer Behinderung des Arbeitnehmers, also diskriminierend, kann der Arbeitnehmer nach einem Schlichtungsverfahren die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Gericht anfechten oder Schadenersatz verlangen.
Befristung
Der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses mit einem begünstigten Behinderten ist ebenfalls zulässig. Das befristete Arbeitsverhältnis endet automatisch und ohne weiteres Zutun mit Ablauf der Befristung.
Erfolgte die Nichtverlängerung des auf Zeit abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses wegen einer Behinderung des Arbeitnehmers, also diskriminierend, kann der betroffene Arbeitnehmer nach einem Schlichtungsverfahren die Forstsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend machen oder Schadenersatz verlangen.
Stand: 01.06.2024