Domino Steine aus Holz fallen und werden von einer Hand einer Person in Businesskleidung aufgehalten
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Wider­­ruf der Aus­schreibung 

Zum Schutz der Bieter ist im BVergG genau fest­gelegt, unter welchen Voraus­setzungen ein Wider­ruf möglich oder notwendig ist.

Lesedauer: 3 Minuten

Gemäß § 146 Abs 1 Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG) endet das Vergabeverfahren mit dem Zustandekommen des Leistungsvertrages oder mit dem Widerruf des Vergabeverfahrens. Ein Widerruf einer Ausschreibung verursacht in vielen Fällen vergebliche Aufwendungen der Bieter. Zu deren Schutz ist daher im Bundesvergabegesetz genau festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Widerruf möglich oder notwendig ist.

Wann besteht die Verpflichtung zum Widerruf vor Ablauf der Angebotsfrist?

Ein Vergabeverfahren ist zu widerrufen, wenn Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor der Ausschreibung bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten. Es handelt sich dabei um Umstände, die zwar zum Zeitpunkt der Ausschreibung bereits vorhanden waren, die der Auftraggeber aber nicht wusste. Ein derartiger Umstand wäre z.B. eine mangelnde budgetäre Deckung, weil die Angebotspreise trotz sorgfältiger Schätzung des Auftragswertes über dem Ansatz liegen.

Wann besteht die Möglichkeit des Widerrufs vor Ablauf der Angebotsfrist?

Ein Vergabeverfahren kann widerrufen werden, wenn dafür sachliche Gründe bestehen. Derartige Gründe sind z.B. eine in der Zwischenzeit geänderte Technologie oder Angebote mit nicht angemessenen Preisen.

Wann besteht eine Verpflichtung zum Widerruf nach Ablauf der Angebotsfrist?

Ein Vergabeverfahren ist zu widerrufen, wenn

  1. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Aufschreibung ausgeschlossen hätten, oder
  2. Umstände bekannt werden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten oder
  3. kein Angebot eingelangt ist, oder
  4. nach dem Ausscheiden von Angeboten kein Angebot im Vergabeverfahren verbleibt.

Wann besteht die Möglichkeit des Widerrufs nach Ablauf der Angebotsfrist?

Die Ausschreibung kann widerrufen werden, wenn

1.   nur ein Angebot eingelangt ist,

2.   nach dem Ausscheiden von Angeboten nur ein Angebot verbleibt, oder

3.   dafür sachliche Gründe bestehen.

Wie erfährt der Bieter vom Widerruf?

Der Auftraggeber hat den Bietern mitzuteilen, dass er beabsichtigt, das Vergabeverfahren zu widerrufen.


Wichtig:
In dieser Mitteilung sind den Bietern

  • das jeweilige Ende der Stillhaltefrist sowie
  • die Gründe für den beabsichtigten Widerruf bekannt zu geben.

Bekanntmachung des Widerrufs?

Im Fall des Widerrufs eines Vergabeverfahrens vor Ablauf der Angebotsfrist ist die Widerrufsentscheidung in derselben Art bekannt zu machen wie die Bekanntmachung. Der öffentliche Auftraggeber hat überdies Bewerbern, Unternehmern, die eine Interessenbestätigung übermittelt haben und Bietern mitzuteilen, dass er beabsichtigt, das Vergabeverfahren zu widerrufen. Nach Ablauf der Teilnahmeantragsfrist in einem nicht offenen Verfahren oder einem Verhandlungsverfahren kann der öffentliche Auftraggeber von einer Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung gemäß dem ersten Satz absehen und die Widerrufsentscheidung den im Verfahren verbliebenen Unternehmern mitteilen. In der Bekanntmachung und in der Mitteilung sind die Gründe für den beabsichtigten Widerruf und das jeweilige Ende der Stillhaltefrist bekannt zu geben.

Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, falls kein Angebot eingelangt ist oder kein Bieter im Vergabeverfahren verblieben ist.

Dauer der Stillhaltefrist?

Der Auftraggeber darf den Widerruf bei sonstiger Unwirksamkeit nicht vor Ablauf der Stillhaltefrist erklären. Die Stillhaltefrist beginnt in der Regel mit der Absendung der Mitteilung der Widerrufsentscheidung.

Bei einer Übermittlung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung beträgt die Stillhaltefrist zehn Tage, bei einer Übermittlung auf brieflichem Weg 15 Tage.

Vor Ablauf der Stillhaltefrist darf ein neues Vergabeverfahren über den gleichen Auftragsgegenstand nicht eingeleitet werden, soweit die Beschaffung nicht aus dinglichen zwingenden Gründen erforderlich ist. Zum widerrufenen Verfahren bereits eingelangte Angebote dürfen nach der Mitteilung oder der Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung nicht geöffnet werden.

Nach Ablauf der Stillhaltefrist hat der Auftraggeber die Widerrufserklärung in derselben Art wie die Widerrufsentscheidung mitzuteilen oder, sofern dies nicht möglich ist, bekannt zu machen.

In diesem Fall hat der Auftraggeber die im Vergabeverfahren verbliebenen Unternehmer unverzüglich zu verständigen oder, sofern dies nicht möglich ist, die Widerrufserklärung bekannt zu machen.

Der Grund für diese Regelung lag in einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Dieser hat darin festgehalten, dass es verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn im Unterschwellenbereich die Bekämpfbarkeit des Widerrufs nicht in gleicher Weise wie im Oberschwellenbereich vorgesehen ist. Es ist daher laut VfGH nicht notwendig, die durch das BVergG 2006 erfolgte Einführung einer gesondert anfechtbaren Widerrufsentscheidung im Unterschwellenbereich zwingend beizubehalten. 

Beachte: 
Der Auftraggeber hat daher seit 01.01.2008 ein Wahlrecht, ob er die Widerrufsentscheidung anfechtbar macht oder nicht.

Mit der Erklärung des Widerrufes gewinnen der öffentliche Auftraggeber und die Bieter ihre Handlungsfreiheit wieder. Bereits eingelangte Angebote sind auf Verlangen zurückzustellen. Der Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufes ist zu dokumentieren.

Stand: 01.01.2024

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