Zwei Personen sitzen auf einer Couch, eine Person hält Unterlagen in der Hand und beide blicken darauf
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Die neutrale Leistungs­beschreibung

Was kann ich als Unternehmer tun, wenn die Leistungsbeschreibung nicht neutral ist?

Lesedauer: 5 Minuten

Grundsätze der Ausschreibung

Ausschreibungsunterlagen sind gemäß Bundesvergabegesetz so auszuarbeiten, dass die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risiken und ohne unverhältnissmäßige Ausarbeitungen von den Bietern ermittelt werden können. Die Vergleichbarkeit der Angebote muss sichergestellt sein; beim Verhandlungsverfahren gilt dies nur für die endgültigen Angebote. 

Arten der Leistungsbeschreibung 

Die Beschreibung der Leistung kann wahlweise konstruktiv oder funktional erfolgen. Während bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung die Leistung eindeutig und vollständig zu beschreiben ist, ist bei der funktionalen Leistungsbeschreibung die Leistung als Aufgabenstellung durch Festlegung von Leistungs- oder Funktionsanforderungen zu beschreiben.

Wichtig:

Bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung sind die Leistungen so eindeutig, vollständig und neutral zu beschreiben, dass die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist. Die konstruktive Leistungsbeschreibung hat technische Spezifikationen zu enthalten und ist erforderlichenfalls durch Pläne, Zeichnungen, Modelle, Proben, Muster und dergleichen zu ergänzen.

Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung haben die technischen Spezifikationen das Leistungsziel so hinreichend genau und neutral zu beschreiben, dass alle für die Erstellung des Angebotes maßgebenden Bedingungen und Umstände erkennbar sind. Aus der Beschreibung der Leistung müssen sowohl der Zweck der fertigen Leistung als auch die an die Leistung gestellten Anforderungen in technischer, wirtschaftlicher, gestalterischer und funktionsbedingter Hinsicht soweit erkennbar sein, dass die Vergleichbarkeit der Angebote im Hinblick auf die vom Auftraggeber vorgegebenen Leistungs- oder Funktionsanforderungen gewährleistet ist. Leistungs- oder Funktionsanforderungen müssen so ausreichend präzisiert werden, dass sie den Bewerbern und Bietern eine klare Vorstellung über den Auftragsgegenstand vermitteln und dem Auftraggeber die Vergabe des Auftrages ermöglichen. Eine funktionale Leistungsbeschreibung hat technische Spezifikationen zu enthalten und ist erforderlichenfalls durch Pläne, Zeichnungen, Modelle, Proben, Muster udgl. zu ergänzen. 

In der Beschreibung der Leistung und der Aufgabenstellung sind alle Umstände anzuführen (z.B. örtliche oder zeitliche Umstände oder besondere Anforderungen hinsichtlich der Art und Weise der Leistungserbringung), die für die Ausführung der Leistung und damit für die Erstellung des Angebotes von Bedeutung sind. Dies gilt ebenso für besondere Erschwernisse oder Erleichterungen.

Technische Spezifikationen

Soweit es nicht durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt ist, darf in technischen Spezifikationen nicht auf eine bestimmte Produktion oder Herkunft oder ein besonderes Verfahren, dass die von einem bestimmten Unternehmer bereit gestellten Produkte oder Dienstleistungen charakterisiert, oder auf Marken, Patenten, Typen, einen bestimmten Ursprung oder eine bestimmte Produktion verwiesen werden, wenn dadurch bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produkte begünstigt oder ausgeschlossen werden. Solche Verweise sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn der Auftragsgegenstand nicht hinreichend genau und allgemein verständlich beschrieben werden kann. Solche Verweise sind ausnahmslos mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ zu versehen.

Erfolgt ausnahmsweise die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz „oder gleichwertig“, sind in freien Zeilen (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses nach der entsprechenden Position vom Bieter Angaben über Fabrikat und Type der von ihm gewählten gleichwertigen Produkte und, sofern gefordert, sonstige diese Produkte betreffende Angaben zu verlangen. Die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit sind in der Leistungsbeschreibung anzugeben.

Erfolgt ausnahmsweise die Ausschreibung eines bestimmten Erzeugnisses mit dem Zusatz „oder gleichwertig“, so kann der Bieter in frei befüllbaren Feldern (Bieterlücken) des Leistungsverzeichnisses ein gleichwertiges Erzeugnis angeben. Die Gleichwertigkeit ist vom Bieter nachzuweisen. Die in der Ausschreibung als Beispiele genannten Erzeugnisse gelten als angeboten, wenn vom Bieter keine anderen Erzeugnisse in die frei befüllbaren Felder des Leistungsverzeichnisses eingesetzt wurden. Wenn die vom Bieter genannten Erzeugnisse nach sachverständiger Prüfung den in der Ausschreibung angeführten Kriterien der Gleichwertigkeit nicht entsprechen, gilt das ausgeschriebene Erzeugnis nur dann als angeboten, wenn der Bieter dies in einer zu seinem Angebot gesonderten Erklärung erklärt hat.

Was kann ich als Unternehmer nun tun, wenn das Leistungsverzeichnis einer öffentlichen Ausschreibung nicht neutral gestaltet wurde?

Hier empfiehlt es sich grundsätzlich, so bald wie möglich mit dem öffentlichen Auftraggeber Kontakt aufzunehmen und ihn darauf aufmerksam zu machen. Dies kann etwa im Zuge einer Anfrage vor Angebotsabgabe mit der Bitte um Änderung des Leistungsverzeichnisses an den öffentlichen Auftraggeber erfolgen.

Sollte der öffentliche Auftraggeber nicht umgehend reagieren, indem er eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlage durchführt, so gibt es noch die Möglichkeit sich an eine Vergaberechtsschutzinstanz zu wenden und dort einen formalen Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibungsunterlage gleichzeitig mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung einzubringen.

ABER VORSICHT: die Fristen sind kurz! 

Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung können bis spätestens 7 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten oder der Teilnahmeantragsfrist eingebracht werden, sofern diese Frist mehr als 17 Tage beträgt.

Weitere wichtige Informationen rund um den vergabespezifischen Rechtsschutz finden Sie unter: Rechtsschutz.

Wie kann ein Verfahren vor einer Vergabenachprüfungsinstanz verhindert werden?

Öffentliche Auftraggeber können, damit es nicht zu einem Verfahren vor einem Gericht kommen muss, eine Berichtigung der Ausschreibung vornehmen.

Werden während der Angebotsfrist Änderungen der Ausschreibung erforderlich, so sind die Ausschreibungsunterlagen und erforderlichenfalls auch die Bekanntmachung zu berichtigen und die Angebotsfrist erforderlichenfalls entsprechend zu verlängern.

Ist eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen erforderlich, so ist allen Bewerbern oder Bietern die Berichtigung zu übermitteln bzw. bereitzustellen. Ist dies nicht möglich, so ist die Berichtigung in gleicher Weise wie die Ausschreibungsunterlagen zur Verfügung zu stellen, zu übermitteln oder bereitzustellen.

Oft kann eine rechtzeitige Aufforderung zur Berichtigung der Ausschreibung durch einen Unternehmer vor Ende der Rechtsmittelfrist schon den gewünschten Erfolg herstellen. Eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen kann auch dazu führen, dass der öffentliche Auftraggeber mehr Wettbewerbsteilnehmer bekommt und damit oft auch interessantere Angebote.

Muster

Aufforderung zur Berichtigung der Ausschreibung, am Beispiel einer Gemeindeausschreibung 

Einschreiben oder Hochladen einer Frage auf die jeweilige Beschaffungsplattform
An ……… (Öffentlicher Auftraggeber, z.B. Gemeinde …..…)
Adresse

Ort, Datum

Projekt: Neubau … (Gemeindezentrum …)
Antrag auf Berichtigung der Ausschreibung vom …
 

1. Anwendung des Bundesvergabegesetzes 2018:

Auf diese Ausschreibung finden die Bestimmungen des BVergG 2018 Anwendung.

2. Verstoß gegen das Gebot der eindeutigen, vollständigen und neutralen Leistungsbeschreibung gemäß § 104:

Bei sämtlichen Leistungspositionen dieser Ausschreibung ab Seite … sind konkrete Produkte eines bestimmten Unternehmens mit Typenbezeichnung ohne den Zusatz „oder gleichwertiges Produkt“ genannt (§ 106 Abs 5). 

3. Keine Vergleichbarkeit der Angebote: 

Eine Vergleichbarkeit der Angebote ist damit nicht gewährleistet. Somit widerspricht dies den Bestimmungen des BVergG 2018 hinsichtlich der Beschreibung von Leistungen und führt nach der Rechtsprechung des EuGH und der Österreichischen Vergabekontrollbehörden zu einer ungerechtfertigten, unbegründeten Bevorzugung der genannten Produkte. Es ist daher unzulässig und rechtswidrig.

4. Fehlen von Bestbieterkriterien: (falls zutreffend)

Der genannten Ausschreibung sind keine Zuschlagskriterien zu entnehmen, nach denen das Bestangebot ausgewählt werden kann (§ 91 Abs 4).

5. Fehlen von Mindestanforderungen, die Alternativangebote im Hinblick auf ihre Vergleichbarkeit mit der ausgeschriebenen Leistung erfüllen müssen (§ 96 Abs 2: falls zutreffend)

Mangels solcher Mindestanforderungen kann der öffentliche Auftraggeber nicht beurteilen, ob allfällige Alternativangebote gleichwertig sind.

Die Ausschreibung widerspricht daher den oben angeführten Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018, weshalb eine Berichtigung entsprechend den oben angeführten Punkten beantragt wird. 

Ich stelle daher den

Antrag

Die vergebende Stelle wolle die Ausschreibung vom …..… so berichtigen, dass die ausgeschriebenen Leistungen eindeutig, vollständig und neutral und ohne Nennung bestimmter Produkte mit dem Zusatz oder gleichwertig beschrieben werden, sowie Kriterien für den Zuschlag und die Mindestanforderungen für die Vergleichbarkeit von Alternativangeboten festsetzen, so dass sie den Anforderungen des Bundesvergabegesetzes 2018 entspricht. 

Sollten diese Berichtigungen nicht so rechtzeitig kundgemacht und mir per E-Mail so rechtzeitig mitgeteilt werden, dass ich hievon spätestens einlangend am ………, verständigt werde, so werde ich beim Landesverwaltungsgericht ………………………………… (allenfalls Bundesverwaltungsgericht) einen Antrag auf Nachprüfung der Ausschreibung stellen.



Unterschrift

Stand: 16.12.2024

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