Musterbeschwerde gegen Verwaltungsstrafbescheide
Leitfaden zum Verfassen einer Beschwerde
Lesedauer: 4 Minuten
Einleitung
Zu
den grundsätzlichen Voraussetzungen der Einbringung einer Beschwerde gegen
Verwaltungsstrafbescheide gehört, dass ein Strafbescheid von einer Behörde
vorliegt und die Frist zur Einbringung der Beschwerde noch nicht abgelaufen ist
(grundsätzlich 4 Wochen) bzw. kein Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde.
Wurde die Beschwerdefrist versäumt, besteht bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen noch die Möglichkeit der Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Beschwerde von einer Person (bzw. eines Vertreters, z.B. Rechtsanwalt) erhoben wird, die behauptet bzw. behaupten kann, durch den Verwaltungsstrafbescheid in ihren Rechten verletzt zu sein. Dies trifft grundsätzlich auf jene Person, die Adressat des Strafbescheides ist, zu. Es können aber auch Personen, die nach dem Verwaltungsstrafgesetz oder nach einzelnen Materiengesetzen ein Beschwerderecht haben, Beschwerde einbringen.
Gebühren
Die Einbringung einer Beschwerde gegen Verwaltungsstrafbescheide ist gemäß § 14 TP 6 Abs 5 Ziffer 7 Gebührengesetz gebührenbefreit.
Das vorliegende Infoblatt soll einen konkreten Leitfaden zum Verfassen einer Beschwerde gegen Verwaltungsstrafbescheide bieten.
Musterbeschwerde
Anmerkung: Die direkt übernehmbaren Textbausteine sind unter Anführungszeichen und in fetter Schrift gesetzt.
„An ...“
Die Beschwerde ist bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, einzubringen. Beachte auch immer die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid, in der zumeist angeführt ist, bei welcher Behörde die Beschwerde einzubringen ist. Örtlich zuständig zur Entscheidung über die Beschwerde ist jeweils das Verwaltungsgericht jenes Bundeslandes, in dem die Behörde, die den Strafbescheid in erster Instanz erlassen hat, ihren Sitz hat.
„Datum“
„Beschwerde“
„Beschwerdeführer“
Name und Adresse des Beschwerdeführers sind an dieser Stelle einzusetzen.
„Gegen den Bescheid der ... (hier ist die bescheiderlassende Behörde einzusetzen), Geschäftszahl ..., vom ... (hier ist das Datum einzusetzen, an dem der Strafbescheid erlassen wurde), wegen ... (Entscheidungsgegenstand ist anzugeben, z.B. Betreiben einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung), zugestellt am ... (Zustelldatum ist einzufügen), erhebe ich innerhalb offener Frist Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes ... (an dieser Stelle ist das örtlich zuständige Landesverwaltungsgericht einzusetzen, auch wenn die Beschwerde bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, einzubringen ist; beachte immer die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid, welche zumeist eine gute „Orientierungshilfe“ bietet)“
„Begründung“
Anmerkung: Die Begründung ist immer individuell auf den jeweiligen Sachverhalt abzustellen, sodass hier keine Textbausteine angegeben werden können. Es müssen jedenfalls die Gründe, auf die sich die behauptete Rechtswidrigkeit stützt, dargelegt werden.
Die Begründung stellt einen wesentlichen und notwendigen Teil der Beschwerde dar, zumal das Verwaltungsgericht auf deren Basis zu einer anderen Entscheidung kommen soll. Das Verwaltungsgericht darf den Bescheid nur im Umfang der dargelegten Gründe für die Rechtswidrigkeit prüfen.
In der Praxis hat es sich auch bewährt, der Rechtsmittelinstanz noch einmal eine Sachverhaltsschilderung zu bieten.
Die Begründung könnte daher in folgender Form durchgeführt werden:
a) Sachverhaltsdarstellung
b) Zulässigkeit der Beschwerde
Hier sollte die Beschwerdelegitimation – nämlich eine Verletzung in subjektiven Rechten -, die Zuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichts und die Rechtzeitigkeit der Beschwerde (insb. Angabe des Zustelldatums und der Beschwerdefrist) vorgebracht werden.
c) Beschwerdegründe
Folgende Punkte können beispielsweise zur Beschwerdebegründung herangezogen werden, wobei natürlich nicht alle Gründe gleichzeitig herangezogen werden müssen bzw. können. Welche Beschwerdegründe in der Beschwerde gegen den Verwaltungsstrafbescheid angeführt werden, hängt immer vom jeweiligen Sachverhalt bzw. den im angefochtenen Strafbescheid angeführten Ausführungen ab.
- Unzuständigkeit
der Behörde, die den Bescheid
erlassen hat;
- Aktenwidrigkeit:
Die im Strafbescheid vorgenommene
Sachverhaltsfeststellung steht im Widerspruch zu den Verfahrensakten und diese
Widersprüchlichkeit ist von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung der
bescheiderlassenden Behörde;
- Materielle
Rechtswidrigkeit: Die bescheiderlassende
Behörde wendet eine auf den Sachverhalt „unpassende“ Rechtsnorm an, bzw
interpretiert eine Rechtsnorm über ihren Sinngehalt hinaus;
- Mangelhafte
Sachverhaltsfeststellung: Die Behörde
hätte weitere Fakten zum Sachverhalt „sammeln“ müssen, damit sie sich ein
genaueres Bild von der Sachlage machen hätte können; dies ist vor allem dann
anzunehmen, wenn der Strafbescheid keine Angaben zum Ort und zum Zeitpunkt der
Tatbegehung beinhaltet oder keine Ausführungen zum strafbaren Verhalten enthält;
- Mangelhafte
Beweiswürdigung: Die Behörde hat im
Verfahren vorgebrachte Beweise nicht ausreichend berücksichtigt oder bestimmte
Beweisanträge nicht weiter verfolgt;
- Unzweckmäßige
Ermessensausübung: Die Behörde hat
eine Rechtsnorm, die ihr grund-sätzlich ein Ermessen einräumt, im Verhältnis
zum Zweck der Norm zu extensiv ausgelegt (dies kann z.B. dann angeführt werden,
wenn die Tatbegehung zwar feststeht, aber die Strafhöhe im Verhältnis zum
Unrechtsgehalt überproportional hoch ist, Nichtberücksichtigung von
Milderungsgründen);
- Wesentliche Verfahrensverstöße: Es wurde z.B. gegen (rudimentäre Verfahrensrechte wie) das Recht auf Akteneinsicht oder das Recht auf Parteiengehör verstoßen.
Beachte:
Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht können auch neue Tatsachen vorgebracht werden und neue Beweismittel angeboten werden, die im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren bisher nicht vorgebracht wurden.
d) Beschwerdeanträge
„Aus diesen Gründen richte ich an das … (hier sollte das zuständige Verwaltungsgericht eingefügt werden) die Anträge“
„eine mündliche Verhandlung durchzuführen“ (dieser Antrag ist nicht verpflichtend, kann jedoch sinnvoll sein)
„den angefochtenen Strafbescheid ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen“
„oder/in eventu
die Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß herabzusetzen.“
Anmerkung: Das Verwaltungsgericht muss im Verwaltungsstrafverfahren – wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen ist – immer in der Sache entscheiden. Es ist im Verwaltungsstrafverfahren nicht befugt, den angefochtenen Bescheid zu kassieren und die Sache an die Unterinstanz zurückzuverweisen.
„Unterschrift des Beschwerdeführers“
Tipp:
Ratsam ist es, vor Abgabe der Beschwerde
den Rat einer rechtskundigen Person einzuholen.
Stand: 21.06.2024