Musterbeschwerde gegen Verwaltungsbescheide
Leitfaden zum Verfassen einer Beschwerde
Lesedauer: 3 Minuten
Einleitung
Zu den grundsätzlichen Voraussetzungen der Einbringung einer Beschwerde gegen Verwaltungsbescheide gehört, dass ein Bescheid vorliegt und die Frist zur Einbringung der Beschwerde noch nicht abgelaufen ist (grundsätzlich 4 Wochen, sofern nicht in Materiengesetzen abweichendes geregelt ist) bzw. kein Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde. Wurde die Frist versäumt, besteht jedoch bei Vorliegen gewisser Voraussetzungen noch die Möglichkeit der Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages.
Eine
weitere Voraussetzung ist, dass die Beschwerde von einer Person (bzw. eines
Vertreters, z.B. Rechtsanwalt), die behauptet bzw. behaupten kann, durch den
Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein, erhoben wird. Dies kann entweder
der Antragsteller selbst sein oder eine Person, die diese Voraussetzungen
erfüllt (z.B. Nachbar im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren). In
Materiengesetzen kann weiteren Personen bzw. Organisationen ein Beschwerderecht
eingeräumt werden (z.B. Umweltanwaltschaft). In bestimmten Fällen kommt auch
dem Bundesminister ein Beschwerderecht zu.
Gebühren und Gebührenbefreiungen
Die Pauschaleingabegebühr für eine Beschwerde beträgt 30 EUR (BuLVwG-Eingabengebührverordnung). Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks auf ein Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten.
Zu manchen speziellen Entscheidungsgegenständen (sowohl nach dem Gebührengesetz als auch nach der Bundesverwaltungsabgabenverordnung) können andere Gebührensätze vorgesehen sein. Gebührenbefreit sind unter anderem Eingaben (Beschwerden) an Verwaltungsbehörden und die Verwaltungsgerichte in Abgabensachen.
Das vorliegende Infoblatt soll einen konkreten Leitfaden zum Verfassen einer Beschwerde gegen einen Verwaltungsbescheid bieten.
Musterbeschwerde
Anmerkung: Die direkt übernehmbaren Textbausteine sind unter Anführungszeichen und in fetter Schrift gesetzt.
„An die/den .........“
An dieser Stelle ist die belangte Behörde als Adressat einzusetzen. Grundsätzlich ist die Beschwerde immer an die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, zu richten. Beachte jedoch immer die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid, in der zumeist angeführt ist, bei welcher Behörde die Beschwerde einzubringen ist.
„Datum“
„Beschwerde“
„Beschwerdeführer“
Name und Adresse des Beschwerdeführers sind an dieser Stelle einzusetzen.
„Gegen den Bescheid der ......... (hier ist die Bescheid erlassende Behörde einzusetzen), Geschäftszahl ..........., vom ........... (hier ist das Datum einzusetzen, an dem der Bescheid erlassen wurde), wegen .............. (Entscheidungsgegenstand ist anzugeben, z.B. Bewilligung einer Betriebsanlage), zugestellt am ............ (Zustelldatum ist einzufügen), erhebe ich innerhalb offener Frist Beschwerde an das ............ (an dieser Stelle ist das zuständige Landesverwaltungsgericht/Bundesverwaltungsgericht einzusetzen, auch wenn die Beschwerde bei der bescheiderlassenden Behörde einzubringen ist; beachte immer die Rechtsmittelbelehrung im Bescheid, die zumeist eine gute „Orientierungshilfe“ bietet)“
"Begründung"
Anmerkung: Die Begründung ist immer individuell auf den jeweiligen Sachverhalt abzustellen, sodass hier keine Textbausteine angegeben werden können. Jedenfalls darzulegen sind die Gründe, auf die sich die behauptete Rechtswidrigkeit stützt.
Die Begründung stellt einen wesentlichen und notwendigen Teil der Beschwerde dar, zumal auf deren Basis das Verwaltungsgericht (bzw. die belangte Behörde) zu einer anderen Entscheidung kommen soll. Das Verwaltungsgericht kann die Beschwerde nur im Umfang der dargelegten Beschwerdegründe prüfen. In der Praxis hat es sich auch bewährt, der Rechtsmittelinstanz noch einmal eine Sachverhaltsschilderung zu bieten.
Die Begründung könnte daher in folgender Form durchgeführt werden:
a) Sachverhaltsdarstellung
b) Zulässigkeit der Beschwerde
Hier sollte die Beschwerdelegitimation – nämlich eine Verletzung in subjektiven Rechten -, die Zuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichts und die Rechtzeitigkeit der Beschwerde (insb. Angabe des Zustelldatums und der Beschwerdefrist) vorgebracht werden.
c) Beschwerdegründe
Folgende Punkte können zur Beschwerdebegründung herangezogen werden, wobei natürlich nicht alle Gründe gleichzeitig herangezogen werden müssen bzw. können:
- Unzuständigkeit der Behörde, die den Bescheid erlassen hat;
- Aktenwidrigkeit: Die zur Bescheidentscheidung führenden Gründe finden keine Deckung in den Aktenunterlagen; die den Bescheid erlassende Behörde führte „aktenfremde“ Umstände für ihre Entscheidungsfindung ins Treffen;
- Materielle Rechtswidrigkeit: Die Die bescheiderlassende Behörde wendete eine auf den Sachverhalt „unpassende“ Rechtsnorm an bzw. interpretiert eine Rechtsnorm über ihren Sinngehalt hinaus;
- Der Sachverhalt ist ergänzungsbedürftig (mangelhafte Sachverhaltsfeststellung): Die Behörde hätte weitere Fakten zum Sachverhalt „sammeln“ müssen, damit sie sich ein genaueres Bild von der Sachlage machen hätte können;
- Mangelhafte Beweiswürdigung: Die Behörde hat im Verfahren vorgebrachte Beweise nicht ausreichend berücksichtigt;
- Unzweckmäßige Ermessensausübung: Die Behörde hat eine Rechtsnorm, die ihr grundsätzlich ein Ermessen einräumt, im Verhältnis zum Zweck der Norm zu extensiv ausgelegt;
- Wesentliche Verfahrensverstöße: Es wurde z.B. gegen rudimentäre Verfahrensrechte wie das Recht auf Akteneinsicht oder das Recht auf Unbefangenheit des Entscheidungsorgans verstoßen.
Beachte:
Im Beschwerdeverfahren können auch neue Tatsachen vorgebracht werden und neue Beweismittel angeboten werden, die im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht vorgebracht wurden.
d) Beschwerdeanträge
„Aus diesen Gründen richte ich an das … (hier sollte das zuständige Verwaltungsgericht eingefügt werden) die Anträge“
„eine mündliche Verhandlung durchzuführen“ (dieser Antrag ist nicht verpflichtend, kann jedoch sinnvoll sein)
„in der Sache selbst zu entscheiden und …“ (hier ist einzufügen, welche Entscheidung man haben möchte, z.B. die Betriebsanlage zu bewilligen“)
„in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.“
„Unterschrift des Beschwerdeführers“
Tipp:
Ratsam ist es,
vor Abgabe der Beschwerde den Rat einer rechtskundigen Person einzuholen.
Stand: 21.06.2024