Halbrunde Europakarte mit kleinen Länderfähnchen in Karte gesteckt
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Verträge zwischen Unternehmern mit Sitz in ver­schiedenen Staaten

 Allgemeiner Über­blick

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Bei Verträgen mit Vertragspartnern im Ausland ist insbesondere zu beachten, dass auf den Vertrag nicht jedenfalls österreichisches Recht zur Anwendung kommt. Es gibt für die Frage des anwendbaren Rechts eigene Bestimmungen im so genannten Internationalen Privatrecht. Das Internationale Privatrecht (IPR) ist kein vereinheitlichtes (materielles) Recht für grenzüberschreitende Verträge, sondern regelt nur, welches Recht (nationales Recht eines Staates) auf einen bestimmten Sachverhalt mit Auslandsbezug, z.B. einen Vertrag mit einem Vertragspartner im Ausland, zur Anwendung kommt. Das IPR verweist somit auf das anwendbare Privatrecht eines bestimmten Staates (sog. Verweisungsnormen oder auch Kollisionsnormen genannt).  

Was sind die wesentlichen Grundsätze für die Bestimmung des anwendbaren Rechts?

Innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks, für das aber ein Abkommen maßgeblich ist) sind die Regeln über das anwendbare Recht für vertragliche Schuldverhältnisse  in der sog ROM I-Verordnung vereinheitlicht. Die wesentlichen Grundsätze sind:

a) Freie Rechtswahl

Die Vertragspartner können eine Vereinbarung darüber treffen, welches Recht auf den Vertrag anwendbar sein soll, z.B. durch die Formulierung „Auf diesen Vertrag ist österreichisches (deutsches, italienisches) materielles Recht anwendbar". (siehe aber unten zum UN-Kaufrecht)

b) Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht

Wenn keine Vereinbarung über das anwendbare Recht getroffen wurde, dann sieht die Verordnung Regelungen über das anwendbare Recht zunächst für spezielle Vertragsarten vor:

  • Auf Kaufverträge über bewegliche Sachen oder auf Dienstleistungsverträge kommt das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Verkäufer bzw. der Dienstleistungserbringer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

  • Verträge, die ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum Gegenstand haben, unterliegen grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem die unbewegliche Sache ist.
  • Franchiseverträge und Vertriebsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Franchisenehmer bzw. der Vertriebshändler seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

  • Fällt ein Vertrag nicht unter eine ausdrückliche Regelung für spezielle Vertragsarten, so kommt die allgemeine Anknüpfungsregelung zum Tragen, dass der Vertrag dem Recht des Staates unterliegt, in dem die Partei, die die charakteristische Leistung (das ist in der Regel die Leistung, die nicht in Geld besteht) erbringt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.

  • Bei Gesellschaften bzw. juristischen Personen ist der Ort der Hauptverwaltung maßgeblich.

  • Spezielle Sonderregelungen bestehen u.a. für Beförderungsverträge und Versicherungsverträge sowie für Verbraucherverträge.  

Beispiel:
Verkauft ein österreichisches Unternehmen Waren an einen italienischen Abnehmer und wurde keine Rechtswahl getroffen, dann kommt auf den Vertrag  österreichisches Recht zur Anwendung (Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes des Verkäufers).

Bei einem Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen zwischen zwei Unternehmen ergibt sich die Beurteilung des anwendbaren Rechts innerhalb der EU aus dem in der E-Commerce-Richtlinie verankerten Herkunftslandprinzip (siehe dazu ausführlich https://www.wko.at/service/wirtschaftsrecht-gewerberecht/anwendbares-recht-internationale-vertraege-b2b.html)

Anwendung des UN-Kaufrechts:

Zu bedenken ist, dass bei Kaufverträgen mit ausländischen Unternehmen regelmäßig das UN-Kaufrecht zur Anwendung kommt, das die Rechte und Pflichten von Verkäufern und Käufern bei grenzüberschreitenden Kauf- bzw. auch Werklieferungsverträgen regelt. Es gilt nämlich nicht nur dann, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts haben, sondern auch dann, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts auf das Recht eines Vertragsstaates verweisen. Ist z.B. auf einen Vertrag österreichisches Recht anzuwenden – entweder aufgrund einer Rechtswahlvereinbarung oder auf Grund der mangels Rechtswahl zur Anwendung kommenden Anknüpfungen − , dann gelten für einen grenzüberschreitenden Kaufvertrag über bewegliche Sachen die Bestimmungen des UN-Kaufrechts. Dessen Regelungen verdrängen die entsprechenden österreichischen Bestimmungen. Ansprüche z.B. wegen mangelhafter Lieferung richten sich dann nicht nach den Gewährleistungsbestimmungen oder Schadenersatzbestimmungen des ABGB/UGB, sondern dem UN-Kaufrecht. Das UN-Kaufrecht ist - vereinfacht gesagt - nur auf Unternehmergeschäfte anwendbar. Die Anwendung kann vertraglich auch ausgeschlossen werden, z.B. durch die Formulierung „Auf diesen Vertrag ist österreichisches (deutsches, italienisches) materielles Recht anwendbar. Die Anwendung des UN-Kaufrechts wird ausgeschlossen."

Wo kann ich im Falle des Falles klagen? Muss ich befürchten, im Ausland geklagt zu werden?

Bei Verträgen mit Vertragspartnern im Ausland muss man sich auch die Frage überlegen, wo im Falle des Falles geklagt werden kann, und ob ein Urteil in einem anderen Staat auch vollstreckt würde. Innerhalb der Europäischen Union  gilt dafür eine Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, diese gilt durch ein Abkommen auch für Dänemark, das ursprünglich nicht von dieser Verordnung erfasst war).

a) Grundsatz: Klage am Ort der Niederlassung des Beklagten

Nach der EuGVVO gilt als Grundsatz, dass im Staat, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz/Niederlassung hat, zu klagen ist. Es gibt aber bestimmte Fälle, in denen Personen auch in anderen Mitgliedstaaten geklagt werden können. Wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag (z.B. Zahlung, Erfüllung, Schadenersatz) Gegenstand des Rechtsstreites sind, dann kann z.B. auch am Erfüllungsort geklagt werden, d.h. an dem Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Der Erfüllungsort der Verpflichtung für den Verkauf beweglicher Sachen (bzw. die Erbringung von Dienstleistungen) ist nach der EuGVVO − sofern nichts anderes vereinbart wurde − der Ort in einem Mitgliedstaat, an den (dem)  sie nach dem Vertrag geliefert (erbracht) wurden oder geliefert (erbracht) hätten werden müssen.

Bei einem Vertragspartner außerhalb des Geltungsbereiches der EuGVVO bietet der sog. Vermögensgerichtsstand u.U. eine Grundlage für eine Klage in Österreich. Hat der ausländische Vertragspartner Vermögen in Österreich (z.B. Immobilien) kann er in Österreich geklagt und bei der Vollstreckung auf dieses Vermögen gegriffen werden.

b) Gerichtsstandsvereinbarungen

Es ist aber auch möglich, dass die Vertragspartner einen Gerichtsstand, ein zuständiges Gericht  vertraglich vereinbaren. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaates ausschließlich zuständig. Damit aber eine Gerichtsstandsvereinbarung gültig ist, muss sie nach der EuGVVO entweder schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung erfolgen. Es ist zwar u.U. auch eine andere Form möglich, nämlich eine solche, die den zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten entspricht  oder im internationalen Handel auch einem Handelsbrauch. Um Sicherheit zu haben, ist aber eine schriftliche Vereinbarung jedenfalls zu empfehlen. Nach der EuGVVO sind elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, der Schriftform gleichgestellt.

Die Vollstreckung wird im Bereich der EuGVVO jedenfalls ermöglicht, außerhalb dieser Verordnung wäre die Frage z.B. über die Außenwirtschaftscenter der Wirtschaftskammern abzuklären. Häufig hilft die Vereinbarung eines Schiedsgerichts, um die Problematik der Vollstreckung zu lösen.

Jedenfalls empfiehlt sich vor Abfassung von Gerichtsstandsvereinbarungen mit Vertragspartnern insbesondere außerhalb der EU die Einholung einer rechtsfreundlichen Beratung im jeweiligen Einzelfall.  

Stand: 18.10.2024

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