Schwellenwerte und Berechnung des geschätzten Auftragswertes im Vergabeverfahren
Auftragswerte und Schwellenwerte
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Allgemeines
Der Wert des zu vergebenden Auftrages ist von maßgeblicher Bedeutung für allfällige Veröffentlichungspflichten und die Wahl des Verfahrens. Wenn zu Unrecht ein bestimmtes Verfahren gewählt wurde (z.B. eine Direktvergabe statt einem obligatorischen offenen Verfahren) hat ein Unternehmer bestimmte Rechtsschutzmöglichkeiten beim Bundesverwaltungsgericht bzw. bei den Landesverwaltungsgerichten der Länder.
Gemäß § 13 BVergG 2018 ist die Grundlage für die Berechnung des geschätzten Auftragswertes eines Auftrages der Gesamtwert ohne Umsatzsteuer, der vom öffentlichen Auftraggeber voraussichtlich zu zahlen ist. Bei dieser Berechnung ist der geschätzte Gesamtwert aller der zum Vorhaben gehörigen Leistungen einschließlich aller Optionen und etwaiger Vertragsverlängerungen, die in der Ausschreibung ausdrücklich vorgesehen werden sollen, zu berücksichtigen.
Sieht der öffentliche Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter vor, so hat er diese bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes zu berücksichtigen.
Der geschätzte Auftragswert der auszuschreibenden Leistung ohne Umsatzsteuer ist vom öffentlichen Auftraggeber vor der Durchführung des Vergabeverfahrens sachkundig zu ermitteln. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung ist der Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens durch den öffentlichen Auftraggeber. Bei Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ist dies der Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung, bei Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung die erste nach außen in Erscheinung tretende Entscheidung.
Berechnung des geschätzten Auftragswertes
Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Lieferaufträgen
Bei Leasing, Miete, Pacht oder Ratenkauf ist als geschätzter Auftragswert anzusetzen:
- bei befristeten Aufträgen mit einer Laufzeit von höchstens 12 Monate der geschätzte Gesamtbetrag der während der Vertragsdauer voraussichtlich zu leistenden Entgelte;
- bei befristeten Aufträgen mit einer Laufzeit von mehr als 12 Monaten der geschätzte Gesamtbetrag der während der Vertragsdauer voraussichtlich zu leistenden Entgelte;
- bei unbefristeten Aufträgen oder bei unklarer Vertragsdauer das 48fache des voraussichtlich zu leistenden Monatsentgeltes.
Besteht eine Lieferung aus der Beschaffung gleichartiger Lieferleistungen in mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller dieser Lose anzusetzen.
Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Dienstleitungsaufträgen
Bei Aufträgen über die folgenden Dienstleistungen ist als geschätzter Auftragswert anzusetzen:
- bei Versicherungsdienstleistungen die Versicherungsprämie und sonstige Entgelte;
- bei Bankdienstleistungen und anderen Finanzdienstleistungen die Gebühren, Provisionen und Zinsen sowie andere vergleichbare Vergütungen;
- bei Aufträgen, die Planungsleistungen zum Gegenstand haben, die Gebühren, Provisionen sowie andere vergleichbare Vergütungen
Bei Dienstleistungsaufträgen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist als geschätzter Auftragswert anzusetzen:
- bei befristeten Aufträgen mit einer Laufzeit von höchstens 48 Monaten der geschätzte Gesamtwert für die Laufzeit des Vertrages;
- bei unbefristeten Aufträgen oder Aufträgen mit einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten das 48fache des zu leistenden Monatsentgeltes.
Besteht eine Dienstleistung aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller dieser Lose anzusetzen.
Bericht des Verfassungsausschusses:
„Der Verfassungsausschuss stellt fest, dass bei der Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, die für ein Vorhaben unterschiedliche Dienstleistungsarten mit gesonderter Vergabe umfassen, diese zur Berechnung des geschätzten Auftragswertes nur dann zusammen zu rechnen sind, wenn es sich um Dienstleistungen desselben Fachgebietes handelt.“
Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Bauaufträgen
Besteht ein Bauvorhaben aus mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller dieser Lose anzusetzen. Als Lose im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch gewerbliche Tätigkeiten im Sinne des Anhanges I (Gewerke).
Bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes von Bauaufträgen ist neben dem Auftragswert der Bauleistungen auch der geschätzte Gesamtwert aller für die Ausführung der Bauleistungen erforderlichen Waren oder Dienstleistungen einzubeziehen, die dem Unternehmer vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden. Der Wert der Waren oder Dienstleistungen, die für die Ausführung eines bestimmten Bauauftrages nicht erforderlich sind, darf zum Wert dieses Auftrages insbesondere nicht mit der Folge hinzugefügt werden, dass die Vorschriften dieses Bundesgesetzes für die Beschaffung dieser Waren oder Dienstleistungen umgangen werden.
Achtung:
Erreicht oder übersteigt der kumulierte Wert der Lose Schwellenwert in Höhe von 5.538.000 EUR, so gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Bauaufträgen im Oberschwellenbereich für die Vergabe aller Lose. Dies gilt nicht für jene Lose, deren geschätzter Auftragswert weniger als 1 Million EUR beträgt, sofern der kumulierte Wert der vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Lose 20% des kumulierten Wertes aller Lose nicht übersteigt. Für die Vergabe dieser Lose gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Bauaufträgen im Unterschwellenbereich; für die Wahl des Verfahrens gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Loses.
Erreicht oder übersteigt der kumulierte Wert der Lose den in § 12 Abs. 1 Z 4 BVergG 2018 genannten Schwellenwert nicht, so gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Vergabe von Bauaufträgen im Unterschwellenbereich für die Vergabe aller Lose. Für die Wahl des Verfahrens zur Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Loses.
Der Oberschwellenbereich
Alle Betragsangaben verstehen sich ohne Umsatzsteuer:
Der maßgebliche Schwellenwert, ab dem eine EU-weite Bekanntmachung erfolgen muss (Oberschwellenwert) beträgt
- 221.000 EUR für Liefer- und Dienstleistungsaufträge (im Sektorenbereich
443.000 EUR und für zentrale Beschaffungsstellen 143.000 EUR) - 5.538.000 EUR für Bauaufträge
Der Unterschwellenbereich - ausgewählte zugelassene Vergabeverfahren
Im Unterschwellenbereich bestehen folgende Regelungen:
Eine Direktvergabe ist möglich
- bei Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung 2023)
Eine Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist möglich
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 130.000 EUR
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 500.000 EUR
Ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung ist möglich
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung 2023) und
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung 2023)
Ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger nationaler Bekanntmachung ist möglich
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 221.000 EUR und
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 5.538.000 EUR
Wenn Leistungen, insbesondere geistigen Dienstleistungen dergestalt sind, dass eine vertragliche Beschreibung des Leistungsgegenstandes im vorhinein in der Weise nicht eindeutig erfolgen kann, dass eine Vergabe im offenen oder nicht-offenen Verfahren möglich ist, muss sogar das Verhandlungsverfahren gewählt werden.
Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur 1 Unternehmer
Auftraggeber können Aufträge über geistige Dienstleistungen in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur 1 Unternehmer vergeben, sofern
- die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht vertretbar ist und
- der geschätzte Auftragswert 50% des sogenannten EU-Schwellenwertes (Schwellenwert bis 31.12.2025: 221.000 EUR = 110.500 EUR) nicht erreicht.
Geistige Dienstleistungen sind Leistungen, die nicht zwingend zum gleichen Ergebnis führen, weil ihr wesentlicher Inhalt in der Lösung einer Aufgabenstellung durch Erbringung geistiger Arbeit besteht. Für derartige Leistungen ist ihrer Art nach zwar eine Ziel- oder Aufgabenbeschreibung, nicht jedoch eine vorherige eindeutige und vollständige Beschreibung der Leistung (konstruktive Leistungsbeschreibung) möglich.
Ein nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung ist möglich bei
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung- 2023) und
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 1.000.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung 2023)
Ein nicht offenes Verfahren mit vorheriger nationaler Bekanntmachung oder offenes Verfahren (mit nationaler Bekanntmachung) ist möglich
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 221.000 EUR und
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 5.538.000 EUR
Stand: 04.07.2024