Lächelnde Person mit Brillen stützt Kopf in die Hand an Schreibtisch mit Monitoren, auf denen Quellcodes zu sehen sind, sitzend
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Geistig (schöpf­erische) Dienst­leistungen

Vergaberecht - Was sind geistige Dienstleistungen?

Lesedauer: 3 Minuten

Definition

Das Bundesvergabegesetz (BVergG) 2018 definiert geistige Dienstleistungen im § 2 Z 17 als „Dienstleistungen, die nicht zwingend zum gleichen Ergebnis führen, weil ihr wesentlicher Inhalt in der Lösung einer Aufgabenstellung durch Erbringung geistiger Arbeit besteht. Für derartige Leistungen ist ihrer Art nach zwar eine Ziel- oder Aufgabenbeschreibung, nicht jedoch eine vorherige eindeutige und vollständige Beschreibung der Leistung (konstruktive Leistungsbeschreibung) möglich.“

Festzuhalten ist, dass der Begriff „geistige Dienstleistungen“ enger auszulegen ist als der von der Ö-Norm A 2050 verwendete Begriff der „immateriellen Leistung“. Vereinfacht gesagt, handelt es sich bei diesen Dienstleistungen um geistige Arbeiten, die nicht so hinreichend exakt beschrieben werden können, dass sie im offenen oder nicht offenen Verfahren vergeben werden können. Daher sind Verhandlungen mit den Bietern unbedingt notwendig. Diese sind aber nur im Verhandlungsverfahren zulässig. 

Geistige Dienstleistungen können dahingehend umschrieben werden, dass wesentlicher Leistungsinhalt nicht die Herstellung oder Lieferung einer körperlichen Sache oder die Verrichtung von Arbeiten an einer solchen ist, ebenso wenig das Setzen eines standardisierten Verhaltens.

Leistungsinhalt ist vielmehr eine gedanklich konzeptive Tätigkeit, ungeachtet davon, ob sie der geistig Schaffende in Form eines körperlichen Werkes zugänglich macht (z.B. in einem Plan, einem Forschungsbericht oder einem schriftlichen Gutachten).

Eine wichtige Konsequenz, die sich aus der Qualifikation einer Leistung als geistige Dienstleistung ergibt, ist die Berechtigung bzw. Verpflichtung des Auftraggebers, diese Leistungen in einem Verhandlungsverfahren zu vergeben, da erst durch Verhandlungen eine Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet werden kann. 

Arten des Verhandlungsverfahrens

Beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung werden – nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde – ausgewählte Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den Auftragsinhalt verhandelt werden.

Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung wird eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Danach kann über den Auftragsinhalt verhandelt werden.

Hinweis:

Aufträge können im Ober- und Unterschwellenbereich im Wege des Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder im Wege des wettbewerblichen Dialoges vergeben werden, wenn

  1. die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers nicht ohne die Anpassung bereits verfügbarer Lösungen erfüllt werden können, oder
  2. der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst, oder
  3. der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit seiner Art, Komplexität oder seinen rechtlichen oder finanziellen Bedingungen oder den damit einhergehenden Risiken zusammenhängen, nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben werden kann, oder
  4. die technischen Spezifikationen vom öffentlichen Auftraggeber nicht mit ausreichender Genauigkeit unter Verweis auf eine Norm, eine europäische technische Bewertung, eine gemeinsame technische Spezifikation oder eine technische Bezugsgröße erstellt werden können, oder
  5. im Rahmen eines durchgeführten offenen oder nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung keine ordnungsgemäßen Angebote oder nur unannehmbare Angebote abgegeben worden sind.

Wichtig:

Demnach kommen für geistige Dienstleistungen folgende Vergabeverfahren in Betracht: 

  • Ungeachtet des Schwellenwertes (also auch im Oberschwellenbereich) das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung. 
  • Im Unterschwellenbereich das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung (mindestens 3 geeignete Unternehmer sind dabei zur Angebotsabgabe einzuladen), wenn der geschätzte Auftragswert 100.000 EUR (ohne USt.) nicht erreicht. 
  • Im Unterschwellenbereich das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmer, sofern die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht vertretbar ist und der geschätzte Auftragswert 50% des jeweiligen Schwellenwertes (Schwellenwert ab 1.1.2022: 215.000 EUR = 107.500 EUR) nicht erreicht.
  • Im Unterschwellenbereich die Direktvergabe (an einen ausgewählten Unternehmer), wenn der geschätzte Auftragswert 100.000 EUR (ohne USt.) nicht erreicht. 

  • Im Unterschwellenbereich die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung (an einen ausgewählten Unternehmer), wenn der geschätzte Auftragswert bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen 130.000 EUR und bei Bauaufträgen 500.000 EUR (jeweils ohne USt) nicht erreicht.

Stand: 01.01.2024